Redensarten Lexikon
Zug
In den letzten Zügen liegen: im Sterben liegen. Zug meint hier Atemzug. Die Wendung findet sich mehrfach in Luthers Bibelübersetzung, z.B. in der Erzählung von der Tochter des Jairus, Mk 5, 23; Lk 8, 42 (»er hatte eine einzige Tochter bei zwölf Jahren, die lag in den letzten Zügen«). In anderen älteren Belegen steht Zug oder ›ziehen‹ ohne weiteren Zusatz und meint offenbar das Hinwegziehen ins Jenseits. In den von Keller (1854) herausgegebenen ›Altdeutschen Erzählungen‹ heißt es von einem Sterbenden: »Wan er laeg am tot und züg«. Lehmann (S. 443, ›Krankheit‹ 6) bucht 1639: »Viel liegen in Zügen, vnd ziehen doch nicht«. Albr. Dürer schreibt in seiner Familienchronik: »hätt er von Stund an die Züg gegriffen« (wäre er in den Todeskampf verfallen). Abraham a Sancta Clara redet im ›Huy und Pfuy der Welt‹ von denen, die erst schlafen gehen, »wenn die Nacht in Zügen liegt«, zu Ende geht. Die Redensart erscheint auch gelegentlich in übertragener Bedeutung, so z.B. bei Gottsched in den ›Beiträgen zur critischen Historie‹ (Bd. I, S. 310): »Das Plattdeutsche ist ganz herunter gekommen und liegt in den letzten Zügen«.    In anderen Wendungen ist der Zug beim Trinken gemeint, z.B. (mit) einem Zug: auf einmal; Einen guten Zug (am Leibe) haben: in großen Schlucken, tüchtig trinken können; vgl. französisch ›avoir une bonne descente‹ (wörtlich: eine schiefe Kehle haben, so daß Getränke leicht herunterfließen können) und ›savoir bien lever le coude‹ (wörtlich: den Ellenbogen richtig heben können); westfälisch ›einen Zug durch die Gemeinde machen‹, nacheinander viele Wirtshäuser im Ort aufsuchen; schleswig-holsteinisch ›wir wern good in Tog‹, wir waren sehr vergnügt; ›mit'n Tog‹, in diesem Augenblick; Das Leben in vollen Zügen genießen.
   Gut im Zuge; So recht im Zuge; Im besten Zuge sein: eifrig bei der Arbeit, bei der Durchführung eines Planes sein. Diese Wendungen beziehen sich wohl ursprünglich auf das Ziehen von Zugtieren; vgl. das ›Dictionarium‹ von Frisius von 1541 (1350a): »gute und gschickte zierosz, die gut im zug sind«; vgl. sächsisch ›s'is Zug drhinter‹, ›da is Zug drinne‹, es geht kräftig vorwärts.
   Einen guten Zug tun: bei einem Unternehmen Erfolg haben; könnte vom Ziehen des Netzes beim Fischfang hergeleitet sein, auch vom Schachspiel, wie mittelhochdeutsche Versionen vermuten lassen; ebenso: Zum Zuge kommen.
   Zug um Zug (zurückgeben, handeln) meist in der Kaufmannssprache das Nehmen und Geben. Ein weiterer Sinn ist: eins ums andere, schrittweise, auf Gegenseitigkeit. Goethe (Weimarer Ausgabe IV, 33, S.
130): »Zwischen Freunden muß nicht alles Zug um Zug gehen«; vgl. schleswig-holsteinisch ›Tuur för Tuur un Tog för Tog‹.
   Im falschen Zug sitzen: sich in seiner Meinung irren; quasi: mit den Gedanken in eine falsche Richtung geraten; vgl. Boot, Dampfer.
   Noch auf den (fahrenden) Zug aufspringen: sich mit Verspätung an einer bereits laufenden Sache noch beteiligen.
   Der Zug ist abgefahren: es ist bereits zu spät.

• Zug der Zeit – Zeit der Züge. Deutsche Eisenbahn 1835-1985, 2 Bde. (Berlin 1985).}

Noch auf den fahrenden Zug aufspringen. Karikatur von Haitzinger, vom 28.VIII.91. Aus: Badische Zeitung., vom 29.VIII.1991.
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