Redensarten Lexikon
Zopf
wird in mehreren Redensarten bildlich für überaltertes Herkommen und Rückständigkeit gebraucht. Die im 18. Jahrhundert aufgekommene männliche Haartracht des Zopfes, die als Musketierzopf unter Friedrich Wilhelm I. auch im Heer eingeführt wurde, verfiel unter dem Einfluß der Französischen Revolution nach 1790 der Lächerlichkeit. Jean Paul erregte zunächst noch Ärgernis, als er 1782 seinen Zopf als Leipziger Student wegwarf und ohne Perücke ging, denn noch bis ins 19. Jahrhundert wurde der Zopf von den Konservativen getragen. Für die von den Gedanken der Französischen Revolution beeinflußte Generation, die in Deutschland zu Beginn des neuen Jahrhunderts hervortrat, stellte sich der Zopf als verhaßtes Sinnbild der politischen und sozialen Mißstände des unumschränkt herrschenden feudalen Staates dar und als Sinnbild des Absolutismus, trockener Aufklärung und Unnatur. Die Redensart Das ist so ein alter Zopf und die Scheltausdrücke ›Zopfig‹ und ›Zopfgelehrsamkeit‹ in der Bedeutung veraltet, pedantisch, lächerlich dürften während der Freiheitskriege unter den Studenten entstanden sein, als der Zopf neben anderem der Scharnhorstschen Reform der preußischen Armee zum Opfer fiel. Wie sehr der Zopf als bekämpftes Symbol der Restauration galt, beweist seine feierliche Verbrennung durch die Studenten auf dem Wartburgfest von 1817.
Den (einen) Zopf abschneiden: einen altmodischen Brauch, eine überlebte Tradition abschaffen, mit überaltertem Herkommen brechen.
Einem den (einen) Zopf anhängen: ihn zum besten haben, hintergehen; schließlich: Vorwürfe machen, schelten. Beliebt ist die Redensart in der vormärzlichen Literatur, z.B. bei Grabbe (I, 425): »Bis daß ihm der Bube von hinten einen großen, papiernen Zopf angesteckt hat«. Vergleiche A.v. Chamissos Gedicht ›Tragische Geschichte‹ (1822) mit dem Kehrreim »Der Zopf, der hängt ihm hinten«. Zum Teil ist die Redensart noch in den Mundarten erhalten, z.B. ostmitteldeutsch ›einem einen Zopf machen‹; wienerisch ›A Zopferl anhäng'n‹.
Einem auf den Zopf kommen: jemanden tadeln, scharf zurechtweisen, strafen. Diese Redensart ist älter als die männliche Haartracht im 18. Jahrhundert. Sie bezieht sich auf die Zöpfe der Frauen. Diese gingen sich gegenseitig schon im Mittelalter im Zorn gern an die Zöpfe und zogen und rissen sich bei einer tätlichen Auseinandersetzung daran. Vergleiche die Redensart ›Sich in die Haare geraten‹. Dafür gibt auch Hans Sachs (›Hausmagd und Wochenwärterin‹ 140) Belege:
Die magd erwischt sie bey eim zopff
Und ir den zornigklich außrieß.
Und ebenda (145) heißt es: »(sie) thetten die zöpff einander dehnen«. Ähnlichen Sinn haben die neueren Wendungen Einem auf den Zopf spucken: ihn schelten, und Einen beim Zopf nehmen: ihn zur Rechenschaft ziehen; ⇨ Haar.
Die Redensart Sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen: sich durch eigene Kraft zu erheben, aus dem Unglück zu befreien suchen, beruht auf einer Lügenerzählung Münchhausens: »Ein andres Mal wollte ich über einen Morast setzen, der mir anfänglich nicht so breit vorkam, als ich ihn fand, da ich mitten im Sprunge war. Schwebend in der Luft wendete ich daher wieder um, wo ich hergekommen war, um einen größeren Anlauf zu nehmen. Gleichwohl sprang ich auch zum zweytenmale noch zu kurz und fiel nicht weit vom andern Ufer bis an den Hals in den Morast. Hier hätte ich unfehlbar umkommen müssen, wenn nicht die Stärke meines eigenen Armes mich an meinem eigenen Haarzopfe, samt dem Pferde, welches ich fest zwischen meine Kniee schloß, wieder herausgezogen hätte« (Gottfried August Bürger, Wunderbare Reisen zu Wasser und Lande des Freyherrn von Münchhausen [Darmstadt 1959], S. 43).
Als der Zopf vom Haarbeutel verdrängt wurde, verblieb ihm die übertragene Bedeutung von Rausch, z.B. in den folgenden Redensarten: Einen Zopf heimschleifen: betrunken sein, und Sich einen Zopf trinken: sich einen Rausch antrinken (⇨ trinken); literarisch verwendet von Nestroy (6, 197):
So bleiben freisinnig die Köpfe,
Bekommen vom Wein sie auch Zöpfe.
Mundartlich heißt es im Mansfeldischen: ›Dir rappelts wul ungern Zoppe?‹, du bist wohl verrückt, du spinnst.
• W.R. SCHWEIZER: Münchhausen und Münchhausiaden (Bern – München 1969); M. JEDDING-GESTERLING und G. BRUTSCHER (Hrsg.): Die Frisur. Eine Kulturgeschichte der Haarmode von der Antike bis zur Gegenwart (München 1988).}
Ein alter Zopf. Illustration ›Un zopftrager‹, aus: Arsène Alexandre: L'art du rire et de la Caricature, Paris o.J., S. 152.
Sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen. Münchhausen-Illustration von Gustave Doré (1832-83).
Den (einen) Zopf abschneiden: einen altmodischen Brauch, eine überlebte Tradition abschaffen, mit überaltertem Herkommen brechen.
Einem den (einen) Zopf anhängen: ihn zum besten haben, hintergehen; schließlich: Vorwürfe machen, schelten. Beliebt ist die Redensart in der vormärzlichen Literatur, z.B. bei Grabbe (I, 425): »Bis daß ihm der Bube von hinten einen großen, papiernen Zopf angesteckt hat«. Vergleiche A.v. Chamissos Gedicht ›Tragische Geschichte‹ (1822) mit dem Kehrreim »Der Zopf, der hängt ihm hinten«. Zum Teil ist die Redensart noch in den Mundarten erhalten, z.B. ostmitteldeutsch ›einem einen Zopf machen‹; wienerisch ›A Zopferl anhäng'n‹.
Einem auf den Zopf kommen: jemanden tadeln, scharf zurechtweisen, strafen. Diese Redensart ist älter als die männliche Haartracht im 18. Jahrhundert. Sie bezieht sich auf die Zöpfe der Frauen. Diese gingen sich gegenseitig schon im Mittelalter im Zorn gern an die Zöpfe und zogen und rissen sich bei einer tätlichen Auseinandersetzung daran. Vergleiche die Redensart ›Sich in die Haare geraten‹. Dafür gibt auch Hans Sachs (›Hausmagd und Wochenwärterin‹ 140) Belege:
Die magd erwischt sie bey eim zopff
Und ir den zornigklich außrieß.
Und ebenda (145) heißt es: »(sie) thetten die zöpff einander dehnen«. Ähnlichen Sinn haben die neueren Wendungen Einem auf den Zopf spucken: ihn schelten, und Einen beim Zopf nehmen: ihn zur Rechenschaft ziehen; ⇨ Haar.
Die Redensart Sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen: sich durch eigene Kraft zu erheben, aus dem Unglück zu befreien suchen, beruht auf einer Lügenerzählung Münchhausens: »Ein andres Mal wollte ich über einen Morast setzen, der mir anfänglich nicht so breit vorkam, als ich ihn fand, da ich mitten im Sprunge war. Schwebend in der Luft wendete ich daher wieder um, wo ich hergekommen war, um einen größeren Anlauf zu nehmen. Gleichwohl sprang ich auch zum zweytenmale noch zu kurz und fiel nicht weit vom andern Ufer bis an den Hals in den Morast. Hier hätte ich unfehlbar umkommen müssen, wenn nicht die Stärke meines eigenen Armes mich an meinem eigenen Haarzopfe, samt dem Pferde, welches ich fest zwischen meine Kniee schloß, wieder herausgezogen hätte« (Gottfried August Bürger, Wunderbare Reisen zu Wasser und Lande des Freyherrn von Münchhausen [Darmstadt 1959], S. 43).
Als der Zopf vom Haarbeutel verdrängt wurde, verblieb ihm die übertragene Bedeutung von Rausch, z.B. in den folgenden Redensarten: Einen Zopf heimschleifen: betrunken sein, und Sich einen Zopf trinken: sich einen Rausch antrinken (⇨ trinken); literarisch verwendet von Nestroy (6, 197):
So bleiben freisinnig die Köpfe,
Bekommen vom Wein sie auch Zöpfe.
Mundartlich heißt es im Mansfeldischen: ›Dir rappelts wul ungern Zoppe?‹, du bist wohl verrückt, du spinnst.
• W.R. SCHWEIZER: Münchhausen und Münchhausiaden (Bern – München 1969); M. JEDDING-GESTERLING und G. BRUTSCHER (Hrsg.): Die Frisur. Eine Kulturgeschichte der Haarmode von der Antike bis zur Gegenwart (München 1988).}
Ein alter Zopf. Illustration ›Un zopftrager‹, aus: Arsène Alexandre: L'art du rire et de la Caricature, Paris o.J., S. 152.
Sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen. Münchhausen-Illustration von Gustave Doré (1832-83).