Redensarten Lexikon
Wort
Es in Worten haben (auch mit dem Zusatz: wie das Eichhörnchen im Schwanz) sagt man von einem, der mit hoher Gönnermiene in beredten, schönen Worten etwas verspricht, worauf nicht zu bauen ist, dessen ganze Stärke also die Worte sind, wie die Stärke des Eichhörnchens der Schwanz. 1529 bucht Johannes Agricola (Nr. 43): »Es ist dir in worten, wie manchem im synne«, mit der Erklärung: »Im synne hats mancher, er wolle gros ding thun, aber er feylet darnach weyt, wens zur that kompt vnd zum treffen gehen soll«.    Thomas Murner behandelt in zwei Kapiteln seiner ›Schelmenzunft‹ (1512) die beiden heute ausgestorbenen Redensarten ›dieffe Wort geben‹ und ›glatte Wort schleifen‹, die beide auch durch eine Illustration ausgezeichnet sind; schleifen.
   Seine Worte auf die Goldwaage legen: seine Worte genau überlegen und abwägen. Die Redensart ist biblischen Ursprungs und beruht auf Sir 21, 27 (»die Weisen aber wägen ihre Worte mit der Goldwaage«; ähnlich Sir 28, 29); vgl. französisch ›peser ses mots‹ (wörtlich: seine Worte abwiegen).
   Zur Beliebtheit der Wendung (nicht) viele Worte machen hat sicherlich ebenfalls die Übersetzung der Lutherbibel von Sir 7, 15 und Mt 6, 7 beigetragen
(»die Heiden ... meinen, sie werden erhört, wenn sie viel Worte machen«).
   Einem das Wort gönnen: ihn anreden, begrüßen, ihn um etwas bitten. Die Redensart ist besonders in den niederdeutschen Mundarten verbreitet, z.B. ›Ik will em dat woort darum gunnen‹, ihn darum bitten.
   Einem das Wort im Mund herumdrehen: seine Äußerungen verfälscht wiedergeben, jemanden absichtlich mißverstehen. Die Redensart ist schon seit dem 16. Jahrhundert bezeugt. Vergleiche französisch ›faire dire à quelqu'un ce qu'il ne veut pas dire‹ (wörtlich: jemanden absichtlich mißverstehen).
   Ein großes Wort gelassen aussprechen: etwas Wichtiges bescheiden äußern; vielfach ironisch verstanden: eine dumme Bemerkung unbedacht machen. Die Wendung beruht auf einem Zitat aus Goethes ›Iphigenie‹ (I, 3); dort sagt Thoas: »Du sprichst ein großes Wort gelassen aus«.
   Haste Worte? (auch mit dem Zusatz: ›for sonne Sorte‹): Was soll man dazu sagen? Der redensartliche Ausdruck des Erstaunens ist berlinerischen Ursprungs und seit dem 19. Jahrhundert belegt (vgl. Ton). Vergleiche französisch ›Il n'y a pas de mot pour le décrire‹ (wörtlich: Das läßt sich mit keinem Wort beschreiben) als Ausdruck der Empörung.
   Folgende bildhafte Wendungen bedürfen keiner Erklärung: ›Das letzte Wort haben (behalten)‹; vgl.
französisch ›avoir le dernier mot‹; ›Das große Wort führen‹, ›Mit leeren Worten abspeisen‹; vgl. französisch ›nourrir de belles paroles‹ (mit schönen Worten). Vergleiche auch: ›se nourrir de belles paroles‹ (wörtlich: sich mit schönen Worten abspeisen lassen) im Sinne von auf leeres Gewäsch hereinfallen; ›Ein Wort mitzureden haben‹; vgl. französisch ›avoir droit à la parole‹ oder ›au chapitre‹; ›ins Wort fallen‹, ›Für jemanden ein gutes Wort einlegen‹, ›Jemandem ein gutes Wort geben‹ ›Mit jemandem ein ernstes (offenes) Wort reden (müssen)‹; vgl. französisch ›dire deux mots à quelqu'un‹ (wörtlich: mit einem zwei Worte reden); ›Ein Wort fallen lassen‹; vgl. französisch ›prononcer un mot‹; ›Sein Wort verpfänden (einlösen)‹, ›Beim Wort nehmen‹; vgl. französisch ›prendre au mot‹; ›Das Wort bleibt einem in der Kehle stecken‹; vgl. französisch ›Les mots vous restent dans la gorge‹; ›Jemandem die Wörter einzeln aus der Nase ziehen‹, ›Jemanden das Wort im Munde abschneiden‹; vgl. französisch ›couper la parole à quelqu'un‹.
   Ein Wörtchen mitzureden haben: mitzuentscheiden haben. Wörtchen nimmt sich wegen der Diminutivform bescheiden aus, meint aber ironisch das sehr gewichtige Wort, fast die Hauptentscheidung; seit 1811 lexikographisch.
   Einer Sache (jemandem) das Wort reden: sich dafür einsetzen.
   ›Dein Wort in Gottes Ohr‹: dein Wunsch möge Gehör an höherer Stelle finden, in Erfüllung gehen.

• W. MIEDER: »A Picture Is Worth a Thousand Words«: From Advertising Slogan to American Proverb, in: Southern Folklore 47 (1990), S. 207-225.}

Tiefe Worte geben. Holzschnitt, Murner: Schelmenzunft, 1512.

Ich strafe mein Weib nur mit guten Worten!. Illustration von Stauber: Münchener Bilderbogen, Nr. 189.
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