Redensarten Lexikon
wild
Der am Ende des 19. Jahrhunderts aufgekommene redensartliche Vergleich Toben wie die Wilden: ausgelassen sein; auch: heftig schimpfen, ist im 20. Jahrhundert noch grotesk gesteigert worden zu: Toben wie zehn nackte Wilde im Schnee. Angeben wie zehn nackte Wilde (Neger): mehr scheinen als sein.    Vergleiche französisch ›Ce sont de vrais sauvages‹ (wörtlich: Das sind echte wilde Menschen) im Sinne von: Das sind echte Tölpel. Oder: ›Il est parti comme un sauvage‹ (wörtlich: Er ist wie ein wilder Mensch weggegangen) im Sinne von: Er ist, ohne zu grüßen, gegangen.
   Den wilden Mann markieren Mann.
   Das ist (nur) halb so wild: es ist nicht so schlimm. Die Wendung scheint mit einem Male im Volk aufgetaucht zu sein und sich nun immer mehr und mehr einzubürgern. Sie hat indessen nur geschlafen, geboren ist sie schon vor Jahrhunderten. Schon Fischart sagt, und zwar bereits genauso bildlich wie wir heute (›Gargantua‹ S. 459): »Aber nicht halb so wild, es mags einer versuchen« (Söhns, S. 694).
   Wild erscheint häufig in redensartlichen Vergleichen, z.B. Wie wild arbeiten (lachen, schreien, toben, um sich schlagen); Sich wie wild gebärden. Die Redensart Wild wie ein Holzbock sein, die heute veraltet ist, erscheint bereits im Liederbuch der Hätzlerin:

   Bis gütig allzeit, schönes pild,
   vnd tu nit als ain Holtzpock wild.

Neuere Wendungen sind: Jemanden wild machen: ihn aufregen, in Wut bringen, und Wild nach etwas (auf jemanden) sein: begierig auf etwas sein, an jemandem stark interessiert sein. Geläufiger ist heute dafür: ›Scharf auf etwas (jemanden) sein‹ scharf.

• SCHWARZ: Artikel ›Wilde, Wilde Frau, Wilder Mann etc.‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens IX (Nachträge), Spalte 968-986; R. BERNHEIMER: Wild Men in the Middle Ages (Cambridge [Mass.] 1952); Die Wilden Leute des Mittelalters. Ausstellungskatalog des Museums für Kunst und Gewerbe (Hamburg 1963); A. MONTEIL: Wilde Leute in Literatur, Sage und Brauch vom Mittelalter bis zur Gegenwart (Staatsex. Arbeit Freiburg 1982).
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