Redensarten Lexikon
Weste
Eine weiße (reine, saubere) Weste haben: untadelig, anständig, gut beleumundet sein; ohne Vorwürfe dastehen. Die Vorstellung, daß eine weiße Brustbekleidung Kennzeichen eines reinen Gewissens ist (Weiß als Sinnbildfarbe der Unbescholtenheit und Unschuld), ist schon alt. Bei Abraham a Sancta Clara, ›Etwas für alle‹ ([1711], 2, 10): »(dass sie russig aussehen) wird ihnen (den Schmieden) aber zu grössern ruhm gesagt, da sie stets bey der russigen arbeit doch einen weissen brustfleck oder weisses gewissen haben können«. Die ›reine Weste‹ im Sinne einer sauberen Handlungsweise, eines reinen Gewissens (besonders in politischer Beziehung) ist jedoch erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Nach seinen Erinnerungen hat Bismarck die Wendung schon 1866 gebraucht: »Ich fragte Moltke, ob er unser Unternehmen bei Preßburg für gefährlich oder für unbedenklich halte. Bis jetzt hätten wir keinen Flecken auf der weißen Weste« (›Gedanken und Erinnerungen‹ [1911], II, S. 41). Im Französischen wird ein anderes sprachliches Bild, doch mit gleicher Bedeutung bevorzugt: ›avoir les mains pures‹ (wörtlich: reine Hände haben), ⇨ Hand.
Das ist eine alte Weste: eine längst bekannte Geschichte. Immer feste uff de Weste! ist (zunächst in Berlin, dann auch anderwärts) ein Hetzruf bei einer beginnenden Prügelei oder allgemein eine Aufforderung zu energischem Vorgehen. Vergleiche auch französisch: ›tomber sur le paletot de quelqu'un‹ (wörtlich: einen beim Jackett fassen) im Sinne von: einen überfallen und einen unerwartet aufsuchen.
Einem unter die Weste wollen: sein Herz erforschen, seine geheimsten Gedanken erfahren wollen.
Jemandem etwas unter die Weste schieben (drücken, jubeln, deuen): ihn einer nicht begangenen Tat bezichtigen, rügen; jemandem etwas vorhalten. Was man unter die Weste schiebt, soll nahegehen. Aus dem körperlichen Nahegehen wird im 20. Jahrhundert ein seelisches.
Seine Weste ist mit Hasenfell gefüttert: er ist furchtsam und feige, ähnlich: Die Weste ist jemandem zu eng geworden: er ist von Besorgnis und Furcht vor einer Bedrohung erfüllt. Vergleiche französisch ›Il est gêné dans les entournures‹ (wörtlich: Die Ärmel sind ihm zu eng geworden) im Sinne von: Er ist in Bedrängnis oder in finanzielle Not geraten.
Schleswig-holsteinisch ›Ik heff er'n paarmal an de West drückt‹, mit ihr getanzt. Obersächsisch-erzgebirgisch ›Das is eene Weste‹, das ist einerlei.
Etwas (jemanden) kennen wie die eigene Westentasche: die Sache (einen Menschen) genau, gründlich kennen; vgl. französisch ›connaître quelqu'un comme sa poche‹.
Etwas aus der Westentasche bezahlen können: ohne Schwierigkeiten; das Geld mit Leichtigkeit aufbringen; eine solche Summe immer bei sich tragen; vgl. französisch ›pouvoir payer de sa poche‹.
Eine grotesk übertreibende Redensart der Umgangssprache und der Mundarten aus dem späten 19. Jahrhundert veranschaulicht bildhaft den Begriff schielen: ›Mit dem linken Auge in die rechte Westentasche sehen‹.
• H. NIXDORFF: Weiße Westen, rote Roben: von den Farbordnungen des Mittelalters zum individuellen Farbgeschmack. (Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz. Museum für Völkerkunde und Museum für Deutsche Volkskunde) (Berlin 1983).}
Eine weiße (reine) Weste haben. Zeichnung von Wilhelm Scholz (Avis au Public diplomatique de l'Europe, 1874), Bismarck-Album, S. 82.
Eine weiße (reine, saubere) Weste haben: untadelig, anständig, gut beleumundet sein; ohne Vorwürfe dastehen. Die Vorstellung, daß eine weiße Brustbekleidung Kennzeichen eines reinen Gewissens ist (Weiß als Sinnbildfarbe der Unbescholtenheit und Unschuld), ist schon alt. Bei Abraham a Sancta Clara, ›Etwas für alle‹ ([1711], 2, 10): »(dass sie russig aussehen) wird ihnen (den Schmieden) aber zu grössern ruhm gesagt, da sie stets bey der russigen arbeit doch einen weissen brustfleck oder weisses gewissen haben können«. Die ›reine Weste‹ im Sinne einer sauberen Handlungsweise, eines reinen Gewissens (besonders in politischer Beziehung) ist jedoch erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Nach seinen Erinnerungen hat Bismarck die Wendung schon 1866 gebraucht: »Ich fragte Moltke, ob er unser Unternehmen bei Preßburg für gefährlich oder für unbedenklich halte. Bis jetzt hätten wir keinen Flecken auf der weißen Weste« (›Gedanken und Erinnerungen‹ [1911], II, S. 41). Im Französischen wird ein anderes sprachliches Bild, doch mit gleicher Bedeutung bevorzugt: ›avoir les mains pures‹ (wörtlich: reine Hände haben), ⇨ Hand.
Das ist eine alte Weste: eine längst bekannte Geschichte. Immer feste uff de Weste! ist (zunächst in Berlin, dann auch anderwärts) ein Hetzruf bei einer beginnenden Prügelei oder allgemein eine Aufforderung zu energischem Vorgehen. Vergleiche auch französisch: ›tomber sur le paletot de quelqu'un‹ (wörtlich: einen beim Jackett fassen) im Sinne von: einen überfallen und einen unerwartet aufsuchen.
Einem unter die Weste wollen: sein Herz erforschen, seine geheimsten Gedanken erfahren wollen.
Jemandem etwas unter die Weste schieben (drücken, jubeln, deuen): ihn einer nicht begangenen Tat bezichtigen, rügen; jemandem etwas vorhalten. Was man unter die Weste schiebt, soll nahegehen. Aus dem körperlichen Nahegehen wird im 20. Jahrhundert ein seelisches.
Seine Weste ist mit Hasenfell gefüttert: er ist furchtsam und feige, ähnlich: Die Weste ist jemandem zu eng geworden: er ist von Besorgnis und Furcht vor einer Bedrohung erfüllt. Vergleiche französisch ›Il est gêné dans les entournures‹ (wörtlich: Die Ärmel sind ihm zu eng geworden) im Sinne von: Er ist in Bedrängnis oder in finanzielle Not geraten.
Schleswig-holsteinisch ›Ik heff er'n paarmal an de West drückt‹, mit ihr getanzt. Obersächsisch-erzgebirgisch ›Das is eene Weste‹, das ist einerlei.
Etwas (jemanden) kennen wie die eigene Westentasche: die Sache (einen Menschen) genau, gründlich kennen; vgl. französisch ›connaître quelqu'un comme sa poche‹.
Etwas aus der Westentasche bezahlen können: ohne Schwierigkeiten; das Geld mit Leichtigkeit aufbringen; eine solche Summe immer bei sich tragen; vgl. französisch ›pouvoir payer de sa poche‹.
Eine grotesk übertreibende Redensart der Umgangssprache und der Mundarten aus dem späten 19. Jahrhundert veranschaulicht bildhaft den Begriff schielen: ›Mit dem linken Auge in die rechte Westentasche sehen‹.
• H. NIXDORFF: Weiße Westen, rote Roben: von den Farbordnungen des Mittelalters zum individuellen Farbgeschmack. (Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz. Museum für Völkerkunde und Museum für Deutsche Volkskunde) (Berlin 1983).}
Eine weiße (reine) Weste haben. Zeichnung von Wilhelm Scholz (Avis au Public diplomatique de l'Europe, 1874), Bismarck-Album, S. 82.