Redensarten Lexikon
Werwolf
Es ist ein Werwolf: er ist unheimlich und gefährlich, er benimmt sich unmenschlich roh und frevelhaft.    Der Werwolf ist eigentlich ein ›Mannwolf‹, vgl. althochdeutsch ›wër‹ und lateinisch ›vir‹. Besonders aus dem germanischen Norden ist der Werwolfglaube überliefert: Ein ›alter ego‹ verläßt den Körper des Schlafenden und nimmt die Gestalt eines Wolfes (Bären) an und verhält sich entsprechend.
   In älterer Zeit hat man das Treiben von Werwölfen (»Der Menschen in Wölff-Verwandlung«; Theophil Lauben 1686) tatsächlich angenommen. So berichtet Th. Lauben in seinen ›Dialogi und Gespräch Von der LYCANTHROPIA.‹: In Rutzendorf bei Ansbach habe der Wolf ein »Knäblein von 11 Jahren auf dem veld und bey dem pferdhüten erwürget vnd grausam zerfleischet«, dann »ein weibsbild von 30 Jahren, so deß Maurers zu Hofstetten Tochter auf dem feld bey dem samblen (Sammeln) vumbracht«.
   Später glaubte man jedoch, daß eine solche Tierverwandlung nur durch einen Zauber herbeigeführt werden könne, wie Prozeßakten aus dem 18. Jahrhundert erweisen: durch das Überstreifen eines Wolfsfelles oder Wolfsgürtels kann jeder Mensch zeitweilig zu einem Wolf werden, der jedoch noch reißender und gefährlicher als ein gewöhnlicher Wolf ist und wegen seiner zauberischen Kräfte kaum besiegt werden kann. Vergleiche auch niederländisch ›hij is een weerwolf‹.
   Einen wie einen Werwolf fürchten: ihn wie ein dämonisches Wesen fliehen. Sagen vom Werwolf sind besonders in Norddeutschland noch sehr lebendig. Auf diese volkstümlichen Vorstellungen beziehen sich auch die vor allem im Hessischen belegten redensartlichen Vergleiche für einen starken Esser, z.B. ›Er frißt wie ein Werwolf‹. ›Ha wiehlt wie en Warwolf‹ sagt man von einem unüberlegt und hastig arbeitenden Menschen; wenn die Pferde den Wagen nicht von der Stelle bringen können, heißt es: ›Es steckt ein Werwolf im Rad‹.

• W. HERTZ: Der Werwolf (Stuttgart 1862); K. MÜLLER: Die Werwolfsage. Studien zum Begriff der Volkssage (Phil. Diss. Marburg) (Karlsruhe 1937), S. 14; E. ODSTEDT: Varulven i svensk folktradition (Skriftner utgivna genom Landsmals – och Folkminne-arkivet i Uppsla, Ser. B 1) (Uppsala 1943); A. ROECK: De weerwolf in de Nederlandse Volkssage van de negentiende en twintigste eeuw (Diss. Leuven 1967); K. VÖLKER: Von Werwölfen und anderen Tiermenschen (München 1972); B. SCHEMMEL: Der »Werwolf« von Ansbach, in: Jahrbuch für Fränkische Landesforschung 33 (1973), S. 167-200; C. GINZBURG: Freud, der Wolfsmann und die Werwölfe (mit Diskussionsbeiträgen von R. Schenda, Ch. Daxelmüller, H. Gerndt, F.W. Eickhoff, A. Niederer, U. Jeggle und D. Harmening), in: Zeitschrift für Volkskunde 82 (1986), S. 189-226.

Werwolf. Kupfer von Georg Jacob Schneider in Nürnberg, Nürnberg, Germanisches Museum.

Einen wie einen Werwolf fürchten. Holzschnitt von Lucas Cranach d.Ä.: Der Werwolf, um 1512. Aus: 1472-1553, Lucas Cranach d.Ä.: Das gesamte graphische Werk, 2. Auflage München 1972, S. 375.
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