Redensarten Lexikon
Weibermühle
Auf die Weibermühle (nach Trippstrill) gehen, wo man alte Weiber jung macht, Trippstrill: etwas völlig Aussichtsloses unternehmen, eigentlich: sich vergeblich bemühen, vergangene Jugend, Schönheit und Lebenskraft oder auch die verlorene Unschuld durch Zaubermittel zurückzugewinnen, sich der trügerischen Hoffnung auf die Möglichkeit der Verjüngung und grundlegenden Verwandlung hingeben. Ähnlich: Jemanden auf die Weibermühle bringen, wo die bösen Weiber umgemahlen werden: sein altersschwaches, häßliches und zanksüchtiges Weib in der Wundermühle gegen ein junges eintauschen wollen.    Die Redensarten bewahren die Vorstellungen von der Weibermühle, die im 19. Jahrhundert noch sehr verbreitet waren, wie die populäre Druckgraphik bezeugt. Dieser Glaube an die Verjüngung durch Zaubermittel begegnet bereits in der Antike: aus den Verjüngungskräutern der Medea wurden Zaubertränke und -salben hergestellt. Im Mittelalter hoffte man auf die Kraft des Jungbrunnens und später auf den Verjüngungszauber der Mühle. In einem Bilderbogen aus Neu-Ruppin werden die Frauen aufgefordert, zur Weiber-Mühle zu kommen:

   Weiber, die euch Runzeln drücken,
   Die ihr gehen müßt an Krücken,
   Die das Alter drückt so schwer,
   Kommt in diese Mühle her!

   Die ihr Männern nicht gefallet,
   Deren Zunge nur noch lallet,
   Und die launenhaft ihr seid,
   Euch steht Hülfe hier bereit.

   Falten werden hier geglättet,
   Und verlorne Liebe, wettet,
   Wird euch wieder hier zu Theil.
   Hier ist für Geld die Jugend feil.

   Zank und Hader wird vertrieben,
   Und aus jeder bösen Sieben
   Wird ein sanfter Engel gleich,
   Liebevoll und tugendreich.

Die Darstellung der Altweibermühle ist noch immer ein beliebtes Thema von heutigen Fastnachtsspielen und -umzügen geblieben wegen der kontrastreichen und grotesken Szenen, vor allem aber wohl wegen des allgemein menschlichen und immer wiederkehrenden Wunsches nach Überwindung des Alters und Rückkehr der Jugend. In diesen Zusammenhang gehört auch die Altweibermühle Trippsdrill bei Brackenheim (Kreis Heilbronn).
• J. BOLTE: Die Altweibermühle, in: Archiv für d. Studium d. neueren Sprachen und Literatur 102 (1899); M. DE MEYER: Verjüngung im Glutofen – Altweiber- und Altmännermühle, in: Zeitschrift für Volkskunde 60 (1964), S. 161-167; L. RÖHRICH: Artikel ›Jungbrunnen‹, in: Religion in Geschichte und Gegenwart III (31959), Spalte 1064f.; N.A. BRINGÉUS: Volkstümliche Bilderkunde (München 1982); A.A. JACOB: Menschen als Mahlgut (masch. Zulassungsarbeit) (Heidelberg 1982); W. MEZGER: Narrenidee und Fastnachtsbrauch. Studien zum Fortleben des Mittelalters in der europäischen Festkultur (= Konstanzer Bibliothek 15) (Konstanz 1991).

Altweibermühle (›Auf die Weibermühle gehen‹). Holzschnitt um 1600, Kupferstichkabinett Amsterdam.

Die Weiber-Mühle. Neuruppiner Bilderbogen, Nr. 5772, aus: S. und K., S. 25.
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Ansicht: Weibermühle