Redensarten Lexikon
Wasser
Bis dahin läuft noch viel Wasser den Berg (Bach) hinunter (auch: den Rhein, Main, die Elbe u.a. hinunter – je nach der Landschaft wechselt in der Redensart der Fluß): es wird noch viel Zeit vergehen, bis das Erwartete eintritt; niederdeutsch ›Bet dahen kann noch viel water bargdal fleiten‹; vgl. französisch ›Avant que cela arrive, il passera bien de l'eau sous les ponts‹ (= Bis das geschieht, wird viel Wasser unter den Brücken durchfließen). Der Tübinger Dichterhumanist Heinrich Bebel verzeichnet 1507 die Redensart in lateinischer Sprache (Nr. 574): »Interea multum aquae in Neccaro vel Rheno praeterfluit« (= Inzwischen ist viel Wasser im Neckar oder Rhein vorübergeflossen); Burkard Waldis gebraucht sie in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts: »Eh man ym die globten (Gelübde) gab, leufft viel wasser den Rhein herab«. In Luthers Briefen (V, 249) heißt es: »Indesz wird viel Wassers verlaufen und wird aus Nachtsfrist Jahrfrist werden«. Das umgekehrte Bild verwendet die schwäbische Mundart von einem Großsprecher; bei ihm ›läuft's Wasser de Berg nauf‹. Dem Wasser seinen Lauf lassen: etwas, das nicht zu ändern ist, ruhig geschehen lassen. Die in vielen Sprachen bekannte Wendung ›Alle Wasser fließen ins Meer‹ ist biblischen Ursprungs. Spr 1, 7 heißt es: »Alle Wasser laufen ins Meer«.
Das kann alles Wasser im Meer nicht abwaschen: der Schimpf, die Schande ist zu groß, wird nicht vergessen; vgl. niederländisch ›Dat kan al het water van de zee niet afwaschen‹.
Wasser ins Meer (in die See, die Elbe, Werra, Reuß, Limmat, Donau, in den Rhein) tragen, auch: Wasser in den Brunnen (Bach) schütten: etwas ganz Überflüssiges, Vergebliches tun (⇨ Eule). Ovid gebrauchte die lateinische Wendung ›aquas in mare fundere‹ sprichwörtlich im gleichen Sinne. Die Redensart kommt schon 1512 in Murners ›Schelmenzunft‹ (17, 15ff.) vor:
Die iunge welt ist so verkert,
Mich dunckt, wer sy ietzt boßheit lert,
Der dreit (trägt) das wasser in den Ryn.
In Sebastian Brants ›Narrenschiff‹ findet sich auch schon eine frühe Illustration der Redensart
Wasser in ein Sieb schöpfen (auch: in einem Sieb tragen, holen; Mit einem Siebe Wasser schöpfen): sich vergebliche Mühe machen. 1639 verzeichnet Chr. Lehmann (S. 380, ›Haushaltung‹ 97): »Wer dasjenige, was er gewonnen, nicht kan erhalten, der schöpft Wasser in Sack«. Die Redensart mag letztlich humanistisch gebildetes Wortgut sein und mit der griechischen Sage vom Faß der ⇨ Danaiden zusammenhängen. Die Töchter des Königs Danaos, die ihre Männer ermordet hatten, mußten zur Strafe in der Unterwelt Wasser in ein durchlöchertes Faß schöpfen. Allerdings ist in unserer Redensart nie vom Wasser in einem bodenlosen ›Faß‹, sondern immer vom Wasser in einem ›Sieb‹ die Rede. Näher liegt deshalb der Zusammenhang mit dem Volksschwank Aarne-Thompson 1180, bei dem man sich den Teufel mit derartigen unmöglich zu leistenden Aufgaben vom Leibe hält (vgl. Bolte-Polivka III, S. 16, zu Kinder und Hausmärchen der Brüder Grimm 125).
Einem Wasser und Feuer verweigern: ihn ächten, des Landes verweisen. Die Redensart spiegelt einen alten Rechtsbrauch. Vergleiche lateinisch ›aqua et igni interdicere‹ und niederländisch ›iemand water en vuur ontzeggen‹.
Einem das Wasser abgraben: ihm durch Verleumdung schaden, seinen guten Ruf verletzen, jemandem die Existenz vernichten, das Geschäft verderben. Die Redensart findet sich erst in neuerer Zeit; ihre Bildhaftigkeit scheint entweder aus dem Belagerungskrieg oder (wahrscheinlicher) aus dem Vorstellungskreis der Wassermühle genommen zu sein: Wird der Bach, der die Mühle treibt, abgeleitet, so ist das der Ruin der Mühle. Das Gegenteil: Das ist Wasser auf seine Mühle: das kommt ihm gelegen, das ist von Vorteil für ihn, paßt in seine Pläne; vgl. französisch ›apporter de l'eau à son moulin‹ (wörtlich: Wasser auf jemandes Mühle bringen); ferner: Alle Wasser auf seine Mühle leiten: sich (auf unredliche Weise) Vorteile verschaffen; ⇨ Mühle.
Ablaufen wie das Wasser am Entenflügel (am Pudel): ohne Wirkung sein, keinen Einfluß haben. Bismarck hat die Redensart in seinen Reden gerne gebraucht, z.B. (›Reden‹ XI, 25): »Gewärtigen zu müssen, daß all Ihre Agitation und selbst die berühmte Wahlmache, wie sie jetzt üblich ist, an der Masse der ländlichen Besitzer ablaufen werde, wie das Wasser am Entenflügel«. Vergleiche französisch ›C'est comme la pluie sur le dos d'un canard‹ (wörtlich: Es wirkt wie Wasser auf dem Rücken einer Ente).
Nahe ans Wasser gebaut haben: bei geringfügigem Anlaß weinen, besonders von Kindern gesagt.
Wasser auf beiden Schultern tragen: unaufrichtig, doppelzüngig sein, zwei Parteien nach dem Munde reden, zwei Herren dienen. ⇨ Achsel.
Ein stilles Wasser sein: seine Gefühle und Ansichten nicht zeigen, ruhig, verschlossen, auch: undurchsichtig sein; vgl. das Sprichwort ›Stille Wasser gründen tief‹. Vergleiche das französische Sprichwort ›Il n'est pire eau que l'eau qui dort‹ (wörtlich: Kein Wasser ist schlimmer als das schlafende) im Sinne von Den Schweigsamen ist manchmal nicht gut trauen.
Kein Wässerchen trüben können: niemandem etwas zuleide tun, harmlos, ungefährlich, unschuldig sein (oft allerdings mit dem Nebensinn der eben nur scheinbaren Harmlosigkeit); obersächsisch-erzgebirgisch ›Mancher kann kee Wässerchen trüben‹, er ist gutmütig, dumm. In der Altmark sagt man in gleichem Sinn: ›He hat keen Minschen dat waoter gelömert‹ (zu ›lumig‹ = trübe). Die Redensart geht offenbar auf die Äsopische Fabel vom Wolf und Lamm zurück. Ein Wolf trinkt aus einem Bach und bemerkt weiter unten an demselben Bach ein Lamm; er fährt darauflos und frißt es, weil es ihm das Wasser getrübt habe, trotz des demütigen Einwandes des Schafes, daß das ja gar nicht möglich sei, weil das Wasser nicht bergauf fließe. Auch Phaedrus berichtet um 40 n. Chr. diese Begebenheit in seinen ›Fabulae‹ (I, l). In völliger Verkehrung der Tatsachen ruft bei ihm der Wolf dem Lamm zu: »Cur (inquit) turbulentam fecisti mihi aquam bibenti?« (= Warum machst du mir das Wasser trüb, wenn ich hier trinke?) Vergleiche Büchmann. Die Redensart kommt in übertragener Bedeutung schon bei dem Prediger Berthold von Regensburg im 13. Jahrhundert vor, dann in Sebastian Brants ›Narrenschiff‹ und bei Luther; bei Hans Sachs in der Formulierung: »und hat kein wasser nie betrübet«. Die Form ›kein Wässerchen betrüben‹ hält sich bis ins 18. Jahrhundert
Der Redensart liegt wohl außer der antiken Fabel auch die alte Vorstellung zugrunde, daß der klare Spiegel des Wassers sich trübe, wenn ein böser Mensch hineinschaut. Wer also nicht böse ist, trübt es nicht. Eine andere Färbung gewinnt der Ausdruck aufgrund einer Stelle des ›Venus-Gärtleins‹, in welcher von dem Turteltäubchen, dem das Weibchen gestorben ist und das infolgedessen auf dürrem Aste sitzt, gesagt wird:
Wanns sich dann wil laben,
Thut es sich dann baden,
Und macht das Wasser trüb,
Das kompt von großer lieb.
Die Taube trübt also das Wasser, indem sie ihm gleichsam ihre eigene seelische Trübung (Betrübnis) mitteilt. Dieses Wassertrüben würde nicht eintreten, wenn sie nicht in Betrübnis und Schmerz sich befände. Verallgemeinert: Wer nicht in Kümmernis und Harm befangen, vielmehr harmlos (in altem Sinne) ist, trübt das Wasser nicht, nicht einmal ein Wässerchen. Daher die Redensart von völlig harmlosen oder, in Weiterentwicklung, von harmlos scheinenden Menschen gebraucht. In letzterer Anwendung in Hans Sachs' ›Heiß Eisen‹ (232): Die durchaus nicht harmlose Frau stellt sich, »sams nie kein wasser trübet het« (F. Söhns, S. 640f.).
Einem das Wasser nicht reichen (können): tief unter ihm stehen. Der ursprüngliche Sinn der Redensart ist: nicht einmal wert sein, ihm den niedrigen Dienst des Wasserreichens nach Tisch zu tun. Die Redensart erklärt sich aus der allgemeinen mittelalterlich-höfischen Sitte des Wasserherumreichens bei Tische. Nachdem der Truchseß dem Herrn des Hauses die Meldung gemacht hatte, daß das Mahl angerichtet sei, ließ dieser durch Hornblasen oder durch Zuruf den Herrschaften das Zeichen geben, sich an ihren Platz zu bemühen. Unter der Leitung des Kämmerers wurde dann den Tischgästen von den Edelknaben kniend eine Schüssel gehalten und ihnen Wasser über die Hände gegossen. Ein Tuch zum Trocknen hing um den Hals des Knappen. Damen mußte das Wasser zuerst gereicht werden. Deshalb fehlt in keinem höfischen Epos, sobald der Dichter seine Helden sich zu Tische setzen läßt, ein Hinweis auf ›das wazzer nemen‹, der Ausdruck ›wazzer reichen‹ fehlt in mittelhochdeutscher Zeit noch.
Dieses Waschen der Hände, das nach aufgehobener Tafel wiederholt wurde, erklärt sich daraus, daß Gabeln und Mundtücher damals noch zu den Seltenheiten gehörten: man führte den Bissen mit der bloßen Hand zum Mund (⇨ Gabel). Die Gabel als Tischgerät ist erst im 16. Jahrhundert bei uns in Gebrauch gekommen und von der Fleischgabel in der Küche ausgegangen. Auch die Messer waren spärlich vorhanden und wurden von Hand zu Hand weitergereicht. Auf einem Bild im ›Hortus deliciarum‹ der Äbtissin Herrad von Landsberg sieht man vier Personen an einem gedeckten Tisch sitzen, auf dem nur zwei Messer und zwei Gabeln liegen.
Auch das Altertum kannte die Sitte des Wasserreichens bei Tisch; vgl. lateinisch ›dare aquam manibus‹ (Plautus). Das A.T. bezeugt ebenfalls den Brauch; vgl. 2 Kön 3, 11: »Hier ist Elisa, der Sohn Saphats, der Elia Wasser auf die Hände goß«, d.h. der ihm diente; dazu 1 Kön 19, 21. Bei der Messe gießt der Ministrant dem Priester das Wasser auf die Hände. Luther knüpft an das Reichen des Wassers zum Waschen der Füße an (Weimarer Ausgabe 28, 104): »Was du für heiliges leben preissen ... kannst, so reicht es dem gemeinen christenleben das wasser nicht, ja es ist nicht wert, des Herrn Christi fustuch zu sein«. In übertragener Bedeutung begegnet die Wendung seit dem 16. Jahrhundert häufig; bekannt ist das Wort Valentins in Goethes ›Faust‹ (I, V. 3631ff.):
Aber ist eine im ganzen Land,
Die meiner trauten Gretel gleicht,
Die meiner Schwester das Wasser reicht?
Da wird auch (oder Es wird überall) nur mit Wasser gekocht: eine Sache sieht schlimmer aus, als sie in Wirklichkeit ist; oder: dort hat man auch keine feinere Arbeitsweise als bei uns; auch hier geht es natürlich zu; vgl. wienerisch ›Arme Leud' koch'n mit Wasser‹, haben kaum das Notdürftigste. Die Redensart ist gebräuchlich als scherzhafte Entschuldigung bei einer Einladung zu einfachem Mittagsbrot.
Wasser predigen und Wein trinken: von anderen Enthaltsamkeit fordern und sie selbst nicht üben.
Wasser in den Wein (der Begeisterung) schütten (gießen): die Begeisterung für eine Sache abschwächen, mäßigen, die Freude verderben. Goethe wandelt in ›Sprichwörtlich‹ die geläufige Redensart ab:
In des Weinstocks herrliche Gaben
Gießt ihr mir schlechtes Gewässer!
Ich soll immer unrecht haben
Und weiß es besser.
Dagegen verwendet Bismarck in einem Brief an seine Braut die Redensart in der gewöhnlichen Form: »Aber wir sind ebenso schnell berauscht wie verzagt, und ich habe die undankbare Aufgabe, Wasser in den brausenden Wein zu gießen«. In seinen ›Gedanken und Erinnerungen‹ (Bd. II, S. 75) schreibt er: »hielt ich aber für wahrscheinlich, daß Rußland es nicht ungern sähe ... wenn eine numerisch überlegene Coalition einiges Wasser in unseren Wein von 1866 gegossen hätte«. Vergleiche französisch ›mettre de l'eau dans son vin‹.
Wie mit kaltem Wasser begossen sein: plötzlich sehr erschreckt, enttäuscht sein, wie erstarrt dastehen, ernüchtert sein.
Ins Wasser fallen: mißlingen, nicht verwirklicht, vereitelt werden, verlorengehen – wie ein Gegenstand, der unwiederbringlich ins Wasser fällt. Die Wendung (umgeformt aus älterem ›In den Brunnen fallen‹) wird übertragen auch von Geistigem gebraucht (z.B. ›Eine Hoffnung ist ins Wasser gefallen‹). Scherzhaft heißt es auch von einer Veranstaltung, die wegen zu schlechter Witterung nicht stattfinden konnte, daß sie ›ins Wasser gefallen sei‹ wobei auf den Regen angespielt wird. Vergleiche französisch ›tomber à l'eau‹.
Zu Wasser werden (auch machen): zunichte werden, vergehen (vereiteln), in der Sprache der Bibel noch: den Mut verlieren; z.B. Jos 7, 5: »Da ward dem Volk das Herz verzagt und ward zu Wasser«. In Lessings ›Minna von Barnhelm‹ (5, 3) heißt es: »Können es (das Vermögen) ihr die Vormünder völlig zu Wasser machen«.
Ins Wasser gehen: Selbstmord verüben, sich aus Verzweiflung ertränken; vgl. französisch ›se jeter à l'eau‹.
Einen (sich) über Wasser halten: ihn (sich) vor dem Untergang retten, nur mühsam existieren, einem in der Not helfen, daß er nicht untergeht. Das Bild der Redensart, die erst seit dem 18. Jahrhundert belegt ist, kommt vom Schwimmer, der den Ertrinkenden über Wasser hält. Sich kaum noch über Wasser halten können: kurz vor dem völligen Ruin stehen.
Das Wasser steht (geht) ihm bis zum Hals (an die Kehle, den Kragen): er befindet sich in höchster Not, in bedrängter Lage. Die Wendung ist seit dem 17. Jahrhundert belegt. ›Das Wasser läuft einem in den Mund (ins Maul)‹ ist heute noch zur anschaulichen Bezeichnung der größten Zwangslage in der Volkssprache gebräuchlich. Sie ist literarisch z.B. in Lohensteins ›Arminius‹ (I, 23b) belegt: »Das Wasser gienge der deutschen Freyheit in mund«.
Das Wasser schlägt einem über dem Kopf zusammen: er (man) kann seine Not nicht mehr wenden, er (man) ist verloren. Besonders von norddeutschen Schriftstellern gebraucht, findet sich auch mit gleicher Bedeutung: ›Das Wasser geht über die Körbe‹ (gemeint ist dann das Flechtwerk, Faschinen zum Uferschutz am Meer).
Übers große Wasser fahren: nach Amerika gehen.
Bei Wasser und Brot sitzen: im Zuchthaus sein, ⇨ Brot; vgl. französisch ›être au pain sec et à l'eau‹ (In Frankreich müssen aufsässige Kinder auch manchmal als Strafe bei Wasser und Brot sitzen.)
Vom reinsten Wasser sein: ganz echt und unverfälscht. Das Bild ist von dem wasserhellen Glanz von Edelsteinen hergenommen. Wasser ist geradezu ein Fachausdruck in der Edelsteinschleiferei: Man unterscheidet z.B. Diamanten ›vom ersten Wasser, vom zweiten, vom dritten Wasser‹ usw. Die Übertragung auf den Menschen findet sich seit dem 16. Jahrhundert belegt. Dennoch ist auch in relativ späten literarischen Zeugnissen der Bezug zum primären Bild des Edelsteins erhalten geblieben. In Schillers ›Kabale und Liebe‹ (I, 4) heißt es z.B.: »Ich schaue durch deine Seele, wie durch das klare Wasser dieses Brillanten«. Jean Paul sagt in ›Leben Fibels‹ 1812: »Wir besitzen Dichter vom ersten Wasser, vom zweiten, vom dritten«, oder (ebenfalls bei Jean Paul): »Die Träne des Grams ist eine Perle vom zweiten Wasser, die Freude vom ersten«. Seit 1848 dient die Wendung häufig zur Hervorhebung der politischen Richtung (z.B. ›Ein Demokrat reinsten Wassers‹); vgl. französisch ›de la plus belle eau‹.
Der redensartliche Vergleich Wie Wasser und Feuer kennzeichnet einen scharfen, eigentlich unvereinbaren Gegensatz. Luther sagt z.B.: »Das dise zwen sprüche so ehnlich sind ans wasser und fewr« (Weimarer Ausgabe 18, 210). Wasser und Feuer zugleich tragen: doppelzüngig sein, ⇨ Feuer.
Neuere Wendungen aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts sind: Wasser in den Ohren haben: etwas absichtlich überhören; Wasser im Vergaser haben: nicht recht bei Verstande sein; denselben Sinn hat die etwas ältere Redensart Mit kaltem Wasser verbrüht sein.
Das Wasser läuft einem im Munde zusammen: man hat großen Appetit auf etwas, und der Speichel bildet sich, in übertragener Bedeutung: ein verlockendes Angebot bekommen, ⇨ Mund; vgl. französisch ›L'eau vous monte à la bouche‹.
Ein Schlag ins Wasser ⇨ Schlag.
Mit allen Wassern gewaschen: verschlagen, durchtrieben, welterfahren sein, ursprünglich von den weitgereisten Seeleuten gesagt.
• E. MARSHALL: Still waters run deep, in: American Notes and Queries 6, 4 (1881), S. 266; R. GUY: Still waters run deep, in: American Notes and Queries 6, 4 (1881), S. 414-415; E. SCHRÖDER: Walther in Tegernsee. Ein Exkurs über altdeutsche Tischsitten, in: Zeitschrift für Volkskunde 27 (1917), S. 121-129; A. RISSE in: Zeitschrift für den deutschen Unterricht 31 (Leipzig 1917), S. 297; R. HÜNNERKOPF: Artikel Wasser‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens IX, Spalte 107-122; Rechtssymbolik des Wassers‹, in: Strafjustiz in alter Zeit (Rothenburg o.d. Tauber 1980), S. 319.}
Alle Wasser fließen ins Meer. P.e.R., Plate CVII.
Wasser in den Brunnen schütten. Holzschnitt, Murner: Schelmenzunft, 1512.
Wasser in ein Sieb schöpfen. Holzschnitt von Perrière, 1539. Aus: Henry Green: Shakespeare and the Emblem Writers, London 1870, S. 329.
Stille Wasser gründen tief. P.e.R., Plate XLV.
Kein Wässerchen trüben können. Steinhöwel: Esopus, ›Die ander fabel Von dem wolff vnd dem lamp‹.
Einem das Wasser reichen. Gemälde von Ev. de Meer, Mauritshuis, Den Haag, Foto von A. Dingjan, Den Haag.
Es wird überall nur mit Wasser gekocht. Politische Karikatur von Wolter. Aus: Badische Zeitung., Nr. 25, vom 31. Jan. /1. Febr. 1981.
Das Wasser steht ihm bis zum Hals. Karikatur von Haitzinger, vom 21.VII.88. Aus: Badische Zeitung., Nr. 170, vom 26. Juli 1988.
Das kann alles Wasser im Meer nicht abwaschen: der Schimpf, die Schande ist zu groß, wird nicht vergessen; vgl. niederländisch ›Dat kan al het water van de zee niet afwaschen‹.
Wasser ins Meer (in die See, die Elbe, Werra, Reuß, Limmat, Donau, in den Rhein) tragen, auch: Wasser in den Brunnen (Bach) schütten: etwas ganz Überflüssiges, Vergebliches tun (⇨ Eule). Ovid gebrauchte die lateinische Wendung ›aquas in mare fundere‹ sprichwörtlich im gleichen Sinne. Die Redensart kommt schon 1512 in Murners ›Schelmenzunft‹ (17, 15ff.) vor:
Die iunge welt ist so verkert,
Mich dunckt, wer sy ietzt boßheit lert,
Der dreit (trägt) das wasser in den Ryn.
In Sebastian Brants ›Narrenschiff‹ findet sich auch schon eine frühe Illustration der Redensart
Wasser in ein Sieb schöpfen (auch: in einem Sieb tragen, holen; Mit einem Siebe Wasser schöpfen): sich vergebliche Mühe machen. 1639 verzeichnet Chr. Lehmann (S. 380, ›Haushaltung‹ 97): »Wer dasjenige, was er gewonnen, nicht kan erhalten, der schöpft Wasser in Sack«. Die Redensart mag letztlich humanistisch gebildetes Wortgut sein und mit der griechischen Sage vom Faß der ⇨ Danaiden zusammenhängen. Die Töchter des Königs Danaos, die ihre Männer ermordet hatten, mußten zur Strafe in der Unterwelt Wasser in ein durchlöchertes Faß schöpfen. Allerdings ist in unserer Redensart nie vom Wasser in einem bodenlosen ›Faß‹, sondern immer vom Wasser in einem ›Sieb‹ die Rede. Näher liegt deshalb der Zusammenhang mit dem Volksschwank Aarne-Thompson 1180, bei dem man sich den Teufel mit derartigen unmöglich zu leistenden Aufgaben vom Leibe hält (vgl. Bolte-Polivka III, S. 16, zu Kinder und Hausmärchen der Brüder Grimm 125).
Einem Wasser und Feuer verweigern: ihn ächten, des Landes verweisen. Die Redensart spiegelt einen alten Rechtsbrauch. Vergleiche lateinisch ›aqua et igni interdicere‹ und niederländisch ›iemand water en vuur ontzeggen‹.
Einem das Wasser abgraben: ihm durch Verleumdung schaden, seinen guten Ruf verletzen, jemandem die Existenz vernichten, das Geschäft verderben. Die Redensart findet sich erst in neuerer Zeit; ihre Bildhaftigkeit scheint entweder aus dem Belagerungskrieg oder (wahrscheinlicher) aus dem Vorstellungskreis der Wassermühle genommen zu sein: Wird der Bach, der die Mühle treibt, abgeleitet, so ist das der Ruin der Mühle. Das Gegenteil: Das ist Wasser auf seine Mühle: das kommt ihm gelegen, das ist von Vorteil für ihn, paßt in seine Pläne; vgl. französisch ›apporter de l'eau à son moulin‹ (wörtlich: Wasser auf jemandes Mühle bringen); ferner: Alle Wasser auf seine Mühle leiten: sich (auf unredliche Weise) Vorteile verschaffen; ⇨ Mühle.
Ablaufen wie das Wasser am Entenflügel (am Pudel): ohne Wirkung sein, keinen Einfluß haben. Bismarck hat die Redensart in seinen Reden gerne gebraucht, z.B. (›Reden‹ XI, 25): »Gewärtigen zu müssen, daß all Ihre Agitation und selbst die berühmte Wahlmache, wie sie jetzt üblich ist, an der Masse der ländlichen Besitzer ablaufen werde, wie das Wasser am Entenflügel«. Vergleiche französisch ›C'est comme la pluie sur le dos d'un canard‹ (wörtlich: Es wirkt wie Wasser auf dem Rücken einer Ente).
Nahe ans Wasser gebaut haben: bei geringfügigem Anlaß weinen, besonders von Kindern gesagt.
Wasser auf beiden Schultern tragen: unaufrichtig, doppelzüngig sein, zwei Parteien nach dem Munde reden, zwei Herren dienen. ⇨ Achsel.
Ein stilles Wasser sein: seine Gefühle und Ansichten nicht zeigen, ruhig, verschlossen, auch: undurchsichtig sein; vgl. das Sprichwort ›Stille Wasser gründen tief‹. Vergleiche das französische Sprichwort ›Il n'est pire eau que l'eau qui dort‹ (wörtlich: Kein Wasser ist schlimmer als das schlafende) im Sinne von Den Schweigsamen ist manchmal nicht gut trauen.
Kein Wässerchen trüben können: niemandem etwas zuleide tun, harmlos, ungefährlich, unschuldig sein (oft allerdings mit dem Nebensinn der eben nur scheinbaren Harmlosigkeit); obersächsisch-erzgebirgisch ›Mancher kann kee Wässerchen trüben‹, er ist gutmütig, dumm. In der Altmark sagt man in gleichem Sinn: ›He hat keen Minschen dat waoter gelömert‹ (zu ›lumig‹ = trübe). Die Redensart geht offenbar auf die Äsopische Fabel vom Wolf und Lamm zurück. Ein Wolf trinkt aus einem Bach und bemerkt weiter unten an demselben Bach ein Lamm; er fährt darauflos und frißt es, weil es ihm das Wasser getrübt habe, trotz des demütigen Einwandes des Schafes, daß das ja gar nicht möglich sei, weil das Wasser nicht bergauf fließe. Auch Phaedrus berichtet um 40 n. Chr. diese Begebenheit in seinen ›Fabulae‹ (I, l). In völliger Verkehrung der Tatsachen ruft bei ihm der Wolf dem Lamm zu: »Cur (inquit) turbulentam fecisti mihi aquam bibenti?« (= Warum machst du mir das Wasser trüb, wenn ich hier trinke?) Vergleiche Büchmann. Die Redensart kommt in übertragener Bedeutung schon bei dem Prediger Berthold von Regensburg im 13. Jahrhundert vor, dann in Sebastian Brants ›Narrenschiff‹ und bei Luther; bei Hans Sachs in der Formulierung: »und hat kein wasser nie betrübet«. Die Form ›kein Wässerchen betrüben‹ hält sich bis ins 18. Jahrhundert
Der Redensart liegt wohl außer der antiken Fabel auch die alte Vorstellung zugrunde, daß der klare Spiegel des Wassers sich trübe, wenn ein böser Mensch hineinschaut. Wer also nicht böse ist, trübt es nicht. Eine andere Färbung gewinnt der Ausdruck aufgrund einer Stelle des ›Venus-Gärtleins‹, in welcher von dem Turteltäubchen, dem das Weibchen gestorben ist und das infolgedessen auf dürrem Aste sitzt, gesagt wird:
Wanns sich dann wil laben,
Thut es sich dann baden,
Und macht das Wasser trüb,
Das kompt von großer lieb.
Die Taube trübt also das Wasser, indem sie ihm gleichsam ihre eigene seelische Trübung (Betrübnis) mitteilt. Dieses Wassertrüben würde nicht eintreten, wenn sie nicht in Betrübnis und Schmerz sich befände. Verallgemeinert: Wer nicht in Kümmernis und Harm befangen, vielmehr harmlos (in altem Sinne) ist, trübt das Wasser nicht, nicht einmal ein Wässerchen. Daher die Redensart von völlig harmlosen oder, in Weiterentwicklung, von harmlos scheinenden Menschen gebraucht. In letzterer Anwendung in Hans Sachs' ›Heiß Eisen‹ (232): Die durchaus nicht harmlose Frau stellt sich, »sams nie kein wasser trübet het« (F. Söhns, S. 640f.).
Einem das Wasser nicht reichen (können): tief unter ihm stehen. Der ursprüngliche Sinn der Redensart ist: nicht einmal wert sein, ihm den niedrigen Dienst des Wasserreichens nach Tisch zu tun. Die Redensart erklärt sich aus der allgemeinen mittelalterlich-höfischen Sitte des Wasserherumreichens bei Tische. Nachdem der Truchseß dem Herrn des Hauses die Meldung gemacht hatte, daß das Mahl angerichtet sei, ließ dieser durch Hornblasen oder durch Zuruf den Herrschaften das Zeichen geben, sich an ihren Platz zu bemühen. Unter der Leitung des Kämmerers wurde dann den Tischgästen von den Edelknaben kniend eine Schüssel gehalten und ihnen Wasser über die Hände gegossen. Ein Tuch zum Trocknen hing um den Hals des Knappen. Damen mußte das Wasser zuerst gereicht werden. Deshalb fehlt in keinem höfischen Epos, sobald der Dichter seine Helden sich zu Tische setzen läßt, ein Hinweis auf ›das wazzer nemen‹, der Ausdruck ›wazzer reichen‹ fehlt in mittelhochdeutscher Zeit noch.
Dieses Waschen der Hände, das nach aufgehobener Tafel wiederholt wurde, erklärt sich daraus, daß Gabeln und Mundtücher damals noch zu den Seltenheiten gehörten: man führte den Bissen mit der bloßen Hand zum Mund (⇨ Gabel). Die Gabel als Tischgerät ist erst im 16. Jahrhundert bei uns in Gebrauch gekommen und von der Fleischgabel in der Küche ausgegangen. Auch die Messer waren spärlich vorhanden und wurden von Hand zu Hand weitergereicht. Auf einem Bild im ›Hortus deliciarum‹ der Äbtissin Herrad von Landsberg sieht man vier Personen an einem gedeckten Tisch sitzen, auf dem nur zwei Messer und zwei Gabeln liegen.
Auch das Altertum kannte die Sitte des Wasserreichens bei Tisch; vgl. lateinisch ›dare aquam manibus‹ (Plautus). Das A.T. bezeugt ebenfalls den Brauch; vgl. 2 Kön 3, 11: »Hier ist Elisa, der Sohn Saphats, der Elia Wasser auf die Hände goß«, d.h. der ihm diente; dazu 1 Kön 19, 21. Bei der Messe gießt der Ministrant dem Priester das Wasser auf die Hände. Luther knüpft an das Reichen des Wassers zum Waschen der Füße an (Weimarer Ausgabe 28, 104): »Was du für heiliges leben preissen ... kannst, so reicht es dem gemeinen christenleben das wasser nicht, ja es ist nicht wert, des Herrn Christi fustuch zu sein«. In übertragener Bedeutung begegnet die Wendung seit dem 16. Jahrhundert häufig; bekannt ist das Wort Valentins in Goethes ›Faust‹ (I, V. 3631ff.):
Aber ist eine im ganzen Land,
Die meiner trauten Gretel gleicht,
Die meiner Schwester das Wasser reicht?
Da wird auch (oder Es wird überall) nur mit Wasser gekocht: eine Sache sieht schlimmer aus, als sie in Wirklichkeit ist; oder: dort hat man auch keine feinere Arbeitsweise als bei uns; auch hier geht es natürlich zu; vgl. wienerisch ›Arme Leud' koch'n mit Wasser‹, haben kaum das Notdürftigste. Die Redensart ist gebräuchlich als scherzhafte Entschuldigung bei einer Einladung zu einfachem Mittagsbrot.
Wasser predigen und Wein trinken: von anderen Enthaltsamkeit fordern und sie selbst nicht üben.
Wasser in den Wein (der Begeisterung) schütten (gießen): die Begeisterung für eine Sache abschwächen, mäßigen, die Freude verderben. Goethe wandelt in ›Sprichwörtlich‹ die geläufige Redensart ab:
In des Weinstocks herrliche Gaben
Gießt ihr mir schlechtes Gewässer!
Ich soll immer unrecht haben
Und weiß es besser.
Dagegen verwendet Bismarck in einem Brief an seine Braut die Redensart in der gewöhnlichen Form: »Aber wir sind ebenso schnell berauscht wie verzagt, und ich habe die undankbare Aufgabe, Wasser in den brausenden Wein zu gießen«. In seinen ›Gedanken und Erinnerungen‹ (Bd. II, S. 75) schreibt er: »hielt ich aber für wahrscheinlich, daß Rußland es nicht ungern sähe ... wenn eine numerisch überlegene Coalition einiges Wasser in unseren Wein von 1866 gegossen hätte«. Vergleiche französisch ›mettre de l'eau dans son vin‹.
Wie mit kaltem Wasser begossen sein: plötzlich sehr erschreckt, enttäuscht sein, wie erstarrt dastehen, ernüchtert sein.
Ins Wasser fallen: mißlingen, nicht verwirklicht, vereitelt werden, verlorengehen – wie ein Gegenstand, der unwiederbringlich ins Wasser fällt. Die Wendung (umgeformt aus älterem ›In den Brunnen fallen‹) wird übertragen auch von Geistigem gebraucht (z.B. ›Eine Hoffnung ist ins Wasser gefallen‹). Scherzhaft heißt es auch von einer Veranstaltung, die wegen zu schlechter Witterung nicht stattfinden konnte, daß sie ›ins Wasser gefallen sei‹ wobei auf den Regen angespielt wird. Vergleiche französisch ›tomber à l'eau‹.
Zu Wasser werden (auch machen): zunichte werden, vergehen (vereiteln), in der Sprache der Bibel noch: den Mut verlieren; z.B. Jos 7, 5: »Da ward dem Volk das Herz verzagt und ward zu Wasser«. In Lessings ›Minna von Barnhelm‹ (5, 3) heißt es: »Können es (das Vermögen) ihr die Vormünder völlig zu Wasser machen«.
Ins Wasser gehen: Selbstmord verüben, sich aus Verzweiflung ertränken; vgl. französisch ›se jeter à l'eau‹.
Einen (sich) über Wasser halten: ihn (sich) vor dem Untergang retten, nur mühsam existieren, einem in der Not helfen, daß er nicht untergeht. Das Bild der Redensart, die erst seit dem 18. Jahrhundert belegt ist, kommt vom Schwimmer, der den Ertrinkenden über Wasser hält. Sich kaum noch über Wasser halten können: kurz vor dem völligen Ruin stehen.
Das Wasser steht (geht) ihm bis zum Hals (an die Kehle, den Kragen): er befindet sich in höchster Not, in bedrängter Lage. Die Wendung ist seit dem 17. Jahrhundert belegt. ›Das Wasser läuft einem in den Mund (ins Maul)‹ ist heute noch zur anschaulichen Bezeichnung der größten Zwangslage in der Volkssprache gebräuchlich. Sie ist literarisch z.B. in Lohensteins ›Arminius‹ (I, 23b) belegt: »Das Wasser gienge der deutschen Freyheit in mund«.
Das Wasser schlägt einem über dem Kopf zusammen: er (man) kann seine Not nicht mehr wenden, er (man) ist verloren. Besonders von norddeutschen Schriftstellern gebraucht, findet sich auch mit gleicher Bedeutung: ›Das Wasser geht über die Körbe‹ (gemeint ist dann das Flechtwerk, Faschinen zum Uferschutz am Meer).
Übers große Wasser fahren: nach Amerika gehen.
Bei Wasser und Brot sitzen: im Zuchthaus sein, ⇨ Brot; vgl. französisch ›être au pain sec et à l'eau‹ (In Frankreich müssen aufsässige Kinder auch manchmal als Strafe bei Wasser und Brot sitzen.)
Vom reinsten Wasser sein: ganz echt und unverfälscht. Das Bild ist von dem wasserhellen Glanz von Edelsteinen hergenommen. Wasser ist geradezu ein Fachausdruck in der Edelsteinschleiferei: Man unterscheidet z.B. Diamanten ›vom ersten Wasser, vom zweiten, vom dritten Wasser‹ usw. Die Übertragung auf den Menschen findet sich seit dem 16. Jahrhundert belegt. Dennoch ist auch in relativ späten literarischen Zeugnissen der Bezug zum primären Bild des Edelsteins erhalten geblieben. In Schillers ›Kabale und Liebe‹ (I, 4) heißt es z.B.: »Ich schaue durch deine Seele, wie durch das klare Wasser dieses Brillanten«. Jean Paul sagt in ›Leben Fibels‹ 1812: »Wir besitzen Dichter vom ersten Wasser, vom zweiten, vom dritten«, oder (ebenfalls bei Jean Paul): »Die Träne des Grams ist eine Perle vom zweiten Wasser, die Freude vom ersten«. Seit 1848 dient die Wendung häufig zur Hervorhebung der politischen Richtung (z.B. ›Ein Demokrat reinsten Wassers‹); vgl. französisch ›de la plus belle eau‹.
Der redensartliche Vergleich Wie Wasser und Feuer kennzeichnet einen scharfen, eigentlich unvereinbaren Gegensatz. Luther sagt z.B.: »Das dise zwen sprüche so ehnlich sind ans wasser und fewr« (Weimarer Ausgabe 18, 210). Wasser und Feuer zugleich tragen: doppelzüngig sein, ⇨ Feuer.
Neuere Wendungen aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts sind: Wasser in den Ohren haben: etwas absichtlich überhören; Wasser im Vergaser haben: nicht recht bei Verstande sein; denselben Sinn hat die etwas ältere Redensart Mit kaltem Wasser verbrüht sein.
Das Wasser läuft einem im Munde zusammen: man hat großen Appetit auf etwas, und der Speichel bildet sich, in übertragener Bedeutung: ein verlockendes Angebot bekommen, ⇨ Mund; vgl. französisch ›L'eau vous monte à la bouche‹.
Ein Schlag ins Wasser ⇨ Schlag.
Mit allen Wassern gewaschen: verschlagen, durchtrieben, welterfahren sein, ursprünglich von den weitgereisten Seeleuten gesagt.
• E. MARSHALL: Still waters run deep, in: American Notes and Queries 6, 4 (1881), S. 266; R. GUY: Still waters run deep, in: American Notes and Queries 6, 4 (1881), S. 414-415; E. SCHRÖDER: Walther in Tegernsee. Ein Exkurs über altdeutsche Tischsitten, in: Zeitschrift für Volkskunde 27 (1917), S. 121-129; A. RISSE in: Zeitschrift für den deutschen Unterricht 31 (Leipzig 1917), S. 297; R. HÜNNERKOPF: Artikel Wasser‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens IX, Spalte 107-122; Rechtssymbolik des Wassers‹, in: Strafjustiz in alter Zeit (Rothenburg o.d. Tauber 1980), S. 319.}
Alle Wasser fließen ins Meer. P.e.R., Plate CVII.
Wasser in den Brunnen schütten. Holzschnitt, Murner: Schelmenzunft, 1512.
Wasser in ein Sieb schöpfen. Holzschnitt von Perrière, 1539. Aus: Henry Green: Shakespeare and the Emblem Writers, London 1870, S. 329.
Stille Wasser gründen tief. P.e.R., Plate XLV.
Kein Wässerchen trüben können. Steinhöwel: Esopus, ›Die ander fabel Von dem wolff vnd dem lamp‹.
Einem das Wasser reichen. Gemälde von Ev. de Meer, Mauritshuis, Den Haag, Foto von A. Dingjan, Den Haag.
Es wird überall nur mit Wasser gekocht. Politische Karikatur von Wolter. Aus: Badische Zeitung., Nr. 25, vom 31. Jan. /1. Febr. 1981.
Das Wasser steht ihm bis zum Hals. Karikatur von Haitzinger, vom 21.VII.88. Aus: Badische Zeitung., Nr. 170, vom 26. Juli 1988.