Redensarten Lexikon
Valentin
Einem alle Sankt Velten wünschen: jemanden verfluchen und ihm alle Übel und Krankheiten wünschen. Dieser Fluch ist in der ›Limburger Chronik‹ belegt und neben anderen Verwünschungsformeln, in denen Valentin (Velten) eine Rolle spielt, im späten Mittelalter sehr häufig.    Am 14. Febr. wird unter dem hl. Valentin ein römischer Presbyter verehrt, der zum Märtyrer geworden war, und außerdem der gleichnamige Bischof von Interamna in Umbrien, der 280 n. Chr. als Märtyrer enthauptet worden war und vom Volk als Patron gegen Pest und Epilepsie (Valtinskrankheit) angerufen wurde. Der Name wurde durch den Wortanklang mit ›fallen‹ in Zusammenhang gebracht, woraus sich die volkstümliche Verehrung von Valentin als Schutzheiligen gegen ›Fallsucht‹ erklärt. Die Verwendung des Namens im Fluch beruht auf einem Wortspiel: ›Valthin‹ wurde zu ›Fallt hin!‹, und auf dem Volksglauben, daß der Heilige einen bei mangelnder Verehrung mit Fallsucht bestrafe. Literarische Belege für die boshafte Verwünschung zu einer Krankheit finden sich bei Murner (›Vom großen lutherischen Narren‹ 216): »Dass dich potz Valtin schendt!«, und bei Pauli (›Schimpff und Ernst‹ 265). Noch heute üblich ist der böse Wunsch: Daß dich Sankt Velten ankomme oder schende! Der Name des Heiligen konnte auch im Fluch euphemistisch für die gemeinte Krankheit stehen. So schreibt z.B.J. Ayrer im ›Fastnachtsspiel vom Beck‹ (94b) »ich wolt, dasz er Sanct Veltin het«.
   St. Velten wird auch oft anstelle des Teufels angerufen. Man will dadurch den Namen des Teufels umgehen und führt Valentin (Velten) dabei auf ›Valant‹ zurück, eine im Mittelalter übliche Verhüllungsform für Teufel, die sich von ›valen (välen)‹ = irreführen ableitet. Fischart bringt St. Velten und Valten in direkten sprachlichen Zusammenhang (›Sämtl. Dichtungen‹ I, 67, 2545, herausgegeben von H. Kurz), wenn er schreibt:

   Die lügen haben schier St. Velten
   Dasz sie von diesem Valten melden.

In Grimmelshausens ›Simplicissimus‹ (1, 326) ist ebenfalls der Teufel gemeint: »ich erschrack, da ich diese worte hörete und gedachte: hat dirs dann St. Velten gesagt?« Auch im ›Eulenspiegel‹ (XII, 1696) heißt es: »Hat dich Sanct Velten hergebracht«: hat dich der Teufel geschickt? In Holstein ist der Fluch ›Dat di Sant Velten hat!‹ bis heute üblich.
   Den hat Sankt Velten beschissen: den hat der Teufel betrogen. Philander von Sittewald gebraucht die Wendung öfter (I, 236 und II, 35): »Hat mich S. Velten mit euch Welt-Narren beschissen«.
   Aus der gedanklichen Verbindung von Valentin und Teufel entstanden die allgemein verbreiteten, kurzen und formelhaften Frage- und Ausrufesätze, um Unwillen oder Erstaunen auszudrücken: Wie, hast du Sankt Velten?: Bist du verrückt, bist du des Teufels? Wie (was) zum Velten? Ei zum Velten! Bei Sankt Velten! Dagegen galt im 16. Jahrhundert der Ausruf Bei Sankt Veltin zu Rufach! als beliebter Schwur beim Namen des Heiligen, der besonders in Rufach im Elsaß verehrt wurde. In vielen Fällen wird das ›Potz‹ als Verhüllung für Gott vorangestellt: »Potz Velten!« und »Potz tausend felten!« heißt es z.B. bei Gryphius im ›Peter Squenz‹.
   Valentin galt und gilt aber auch als Patron der Liebenden. Der 14. Februar wird besonders in Nordfrankreich, Belgien, England und in den USA zum Anlaß genommen, Freunden, Verwandten und vor allem jungen Mädchen die ›Valentine Greetings‹ mit aufgemalten Herzen und sinnigen Versen zu senden, oft mit der Unterschrift: ›Von deinem Valentin‹.
   Dieser Brauch soll sich auf eine Legende beziehen: Valentin soll vor seinem Tod an die ihm freundlich gesinnte Tochter des Kerkermeisters seine letzten Worte »Von deinem Valentin« gerichtet haben. Der hl. Valentin gilt noch heute in Frankreich als der Schutzpatron der Liebenden und derjenigen jungen Männer, die vor ihrem 24. Lebensjahr noch nicht verheiratet sind.
   In Deutschland, Österreich und der Schweiz setzt sich seit den 50er Jahren der Brauch immer mehr durch, an Valentin kleine Geschenke zu machen, vor allem aber Blumen zu versenden, unterstützt durch die Werbung von Fleurop, die den 14. Februar als ›Tag der Freundschaft‹ propagiert.

• O.V. HOVORKA und A. KRONFELD: Vergleichende Volksmedizin, Bd. II (Stuttgart 1909), S. 209ff.; P. SARTORI: Artikel ›Valentin‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VIII, Spalte 1501-1503.
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