Redensarten Lexikon
Umstand
Umstände machen: weitläufig reden, sich förmlich benehmen, seine Dinge schwerfällig erledigen. Man hat diese Redensart auf den alten Rechtsausdruck Umstand (das sind die in der Rechtsversammlung um das Gericht herumstehenden Gemeindemitglieder) zurückführen wollen (mittelhochdeutsch ›umbestant‹ = das Herumstehen, die Gesamtheit der Umstehenden; frühneuhochdeutsch ›Umständer‹ = Zuschauer bei Gerichtsverhandlungen); doch läßt sich die seit dem 16. Jahrhundert bezeugte Redensart ›(keine) Umstände machen‹ nicht unmittelbar auf den Rechtsbrauch zurückführen, sondern beruht wohl nur auf einer Übersetzung des spätlateinischen ›circumstantia‹, das in abstraktem Sinne für das ›besondere Verhältnis, wovon etwas umgeben ist‹, gebraucht wird. Ebenso französisch ›Ne faites pas de circonstances‹ = Machen Sie keine Umstände (veraltet). Dafür sagt man heute: ›Ne faites pas de manières‹. Unsere ›Erschwerenden‹ oder ›mildernden‹ Umstände entsprechen französisch den ›circonstances aggravantes‹ bzw. ›atténuantes‹. (Vergleiche ›Auf die lange Bank schieben‹), Bank.    In der Bedeutung ›zögern‹ ist die erstmalig 1493 belegte Redensart zunächst auf die Rede bezogen, wie auch 1561 bei J. Maaler in ›Teutsch Spraach‹: »vil umbstend und unnötig geschwätz, ambagibus sermo, einen mit langen umbstenden aufziehen, ambage longa morari aliquem«.
   Zahlreich sind die umgangssprachlichen und mundartlichen Bezeichnungen für einen langsamen Menschen: ›Umstandskrämer‹, ›-fritze‹, ›-peter‹, ›-kasten‹, ›-meier‹, ›-kommissar‹.
   Unter keinen Umständen!: Unter keiner Bedingung, Steigerung einer Ablehnung.
   Ohne Umstände! ist die Kurzform der Aufforderung, sich nicht aufzuhalten, ebenso: Es braucht keiner Umstände! Sich keine Umstände machen: keine besonderen Vorbereitungen für einen Gast treffen; oft als Bitte des unangemeldeten Besuches: Macht euch bitte keine Umstände! Vergleiche französisch ›Ne vous mettez pas en frais‹ (Stürzen Sie sich nicht in [unnötige] Unkosten).
   Sich in anderen (gesegneten) Umständen befinden, umschreibende Wendung für: schwanger sein (vgl. niederländisch ›in gezegende omstandigheden verkeren‹).
   Die Umgangssprache kennt neben dieser geläufigsten Umschreibung noch eine Fülle von Schwangerschaftsmetaphern aus unterschiedlichsten sozialen Sprachebenen: ›Guter Hoffnung‹, ›Gesegneten Leibes‹, ›Nicht mehr allein sein‹, ›Etwas unter dem Herzen tragen‹, ›Es ist etwas unterwegs‹, ›Der Storch hat sie ins Bein gebissen‹ ( Storch), ›Der Storch hat sich angesagt‹ (hat geklingelt), ›Sie trägt was unter der Schürze‹, ›Die Schürze wird ihr zu kurz‹, ›Sie ißt und trinkt für zwei‹, ›Sie hat ein Brot im Ofen‹, ›Sie hat einen Fußball verschluckt‹, ›Hops sein‹, ›Sie sitzt auf der Wartburg‹, ›Sie hat Hoffmannstropfen getrunken‹, ›Sie hat ein Hufeisen verloren‹ (Ernest Borneman: Sex im Volksmund [Reinbek b. Hamburg 1971]).
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