Redensarten Lexikon
Träne
Eine Träne nehmen: nur einen Schluck trinken, zechen; vgl. französisch ›prendre une larme‹.    In Tränen schwimmen: sehr heftig weinen. Unter Tränen singen: trotz einer unglücklichen Stimmung singen. Diese Redensart ist keineswegs so volkstümlich wie z.B. ›Mit einem weinenden und einem lachenden Auge‹ ( Auge), sondern nur in der Dichtung zu finden. Ps 137 (super flumina babylonis) wird als erster schriftlicher Beleg angesehen; dann erscheint die Wendung wieder in der altprovenzalischen Troubadour-Lyrik und der nordischen Skaldendichtung.
   Tränen melken: Mitleid hervorzurufen suchen (z.B. bei einer Leichenpredigt durch Hervorhebung trauriger Lebensumstände des Verstorbenen das Trauergefolge zum Weinen bringen); Auf jemandes Tränen Kahn fahren können: ihn zutiefst rühren.
   Mir kommen gleich die Tränen! sagt man ironisch, wenn man überhaupt kein Mitgefühl für eine Sache aufbringen kann, wenn man kaltgelassen wird; auch eine kitschig-rührselige Szene wird oft mit dieser hyperbolisch-ironischen Bemerkung kommentiert.
   Danken mit einer Träne im Knopfloch: gerührt danken; verkürzt aus ironisch: ›Danken mit einer Träne im Knopfloch und einer Nelke im Auge‹, wobei das Zusammengehörige absichtlich vertauscht wird.
   Wie eine Träne im Ozean: redensartlicher Vergleich für eine verschwindend kleine Sache. Von Manès Sperber literarisch verwandt als Titel seiner Roman-Trilogie (1949-53, zus. Köln 1961).
   Tränen trocknen helfen: Not und Leid lindern; vgl. niederländisch ›iemands tranen droogen‹.
   Jemandem (etwas) keine Träne nachweinen: den Abschied (Verlust) nicht bedauern; vgl. französisch ›ne pas verser de larme pour quelqu'un‹.
   Ihm laufen die Tränen kreuzweise den Rücken (über den Buckel) runter: er schielt stark.
   Auf die Tränendrüsen drücken: das Mitleid wachzurufen suchen, heulen.

• S. SELIGMANN: Artikel ›Tränen‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VIII, Spalte 1106-1107; H. SCHWARZ: Unter Tränen singen, in: Archiv für das Studium der Neueren Sprachen 196 (1959/60), S. 321; G. BERKENBUSCH: Zum Heulen. Kulturgeschichte unserer Tränen (Berlin 1985).
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