Redensarten Lexikon
Tischtuch
Das Tischtuch ist zwischen ihnen zerschnitten wird von zwei Partnern gesagt, die lange in innigem freundschaftlichem oder verwandtschaftlichem Verhältnis gelebt, sich dann aber entzweit haben, so daß eine Wiedervereinigung, eine Versöhnung unmöglich erscheint. Wahrscheinlich geht diese Redensart im letzten Grunde auf einen alten Rechtsbrauch bei Ehescheidungen zurück: Die Ehegatten faßten ein Leinentuch und zerschnitten es so, daß jeder Teil ein Stück behielt (vgl. J. Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer II, 304f.). In übertragenem Sinne begegnet die Wendung seit dem 16. Jahrhundert. Allgemein bekannt ist der Auftritt zwischen Graf Eberhard dem Greiner und seinem Sohn Ulrich nach der für Ulrich unglücklichen Schlacht bei Reutlingen 1377, den Uhland folgendermaßen erzählt:
   Dem Vater gegenüber sitzt Ulrich an dem Tisch,
   Er schlägt die Augen nieder; man bringt ihm Wein und Fisch;
   Da faßt der Greis ein Messer und spricht kein Wort dabei
   Und schneidet zwischen ihnen das Tafeltuch entzwei.

Die Zeitschrift ›Kladderadatsch‹ kommentiert 1874
(Nr. 57) den Kampf Bismarcks mit der Reichstagsfraktion des Zentrums:

   Das Tischtuch ist zerschnitten,
   Ihr wißt, wie das gemeint,
   Nach ritterlichen Sitten
   Nun sind wir ewig feind.

Etwas anders lautet die Wendung im Französischen: ›Le torchon brûle entre eux‹ (wörtlich: Das Küchentuch brennt zwischen ihnen).
   Im Sinne von ›die Tafel aufheben‹ ( Tafel) sagt Hans Sachs ›das Tischtuch aufheben‹:

   Als sie nun das mal gessen hatten,
   Das gracias sie peten theten.
   Das Dischtuch man aufhubb danach.

• A. HABERLANDT: Artikel ›Tischtuch‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VIII, Spalte 966-969; ANONYM: Das Tischtuch ist zwischen uns zerschnitten, in: Sprachpflege 10 (1961), S. 122.}

Das Tischtuch zwischen sich zerschneiden. Zeichnung von Wilhelm Scholz (Frei nach Uhland, 1864), Bismarck-Album, S. 25.
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