Redensarten Lexikon
Tisch
Etwas unter den Tisch fallen lassen: einen im Gespräch berührten Gegenstand absichtlich nicht wieder erwähnen, weil man davon kein Aufhebens gemacht zu haben wünscht; erst im 19. Jahrhundert belegt, z.B. bei Bismarck (›Reden‹ XI, 356): »Die Regierung selbst hat das Monopol unter den Tisch fallen lassen«; Teppich.    Jemanden unter den Tisch stecken: ihn überwältigen, ihn zur Ruhe bringen.
   Jemanden unter den Tisch trinken: im Trinkwettstreit überlegen sein; einen klaren Kopf behalten, während der Gegner schon betrunken ist. Unter dem Tisch liegen: betrunken sein; vgl. französisch ›être sous la table‹.
   Es geht über Tische und Bänke: es geht lustig, unruhig, unordentlich zu. Schleswig-holsteinisch ›He spelt ünner'n Disch‹, er betrügt, mogelt. Die Wendung ist vom Kartenspiel abgeleitet. Schwäbisch ›Dem hat man den Tisch vor die Tür gestellt‹, man hat ihn fortgewiesen. Die Füße unter anderer Leute Tisch stecken (hängen): sich von anderen ernähren, freihalten lassen, schmarotzen.
   Der Tisch hat mehr Beine: die Sache ist schwieriger, komplizierter, als gedacht.
   Jemanden an einen Tisch bringen: Parteien zu Verhandlungen zusammenführen; auch Sich mit jemandem an einen Tisch setzen: verhandlungsbereit sein.
   Reinen Tisch mit etwas machen: es erledigen, beseitigen, ›gründliche Ordnung schaffen‹, aber auch: alles aufessen, was auf den Tisch gekommen ist. Heutzutage wird die Redensart wohl meist auf den Arbeits- oder Schreibtisch bezogen, auf dem nach Beendigung der Arbeit kein Werkzeug oder keine Aktenstücke mehr liegen. Die Redensart ist aber eine Lehnübersetzung von ›tabula rasa‹. In seiner ›Ars amandi‹ (I, 437) benützt Ovid den wohl schon vor ihm geläufigen Ausdruck »tabellae rasae‹, was wir meist in der Einzahl als ›tabula rasa‹ redensartlich gebrauchen; ›Tabula rasa machen‹ auch im Sinne von: noch einmal ganz von vorne anfangen. Bei der lateinischen Redensart sind die wächsernen Schreibtäfelchen gemeint, auf denen man die eingeritzten Schriftzeichen wieder ausdrückte oder abschabte, um die Platte neu beschriften zu können.
   Etwas vom Tisch wischen (kehren): Eine Sache als unwichtig oder unangenehm betrachten und deshalb nicht bearbeiten oder ausdiskutieren.
   Etwas ist vom Tisch: eine Sache ist erledigt, abgeschlossen.
   Vom grünen Tisch entscheiden (beurteilen, verordnen). Die Beratungstische der Behörden waren früher mit grünem Tuch bezogen. Die Redensart steht danach geringschätzig für eine von oben ohne wirkliche Sachkenntnisse erlassene Verordnung, des weiteren für jede aus Unkenntnis geäußerte Meinung.
   Auf den Tisch hauen: energisch werden.
   Ein Gespräch am runden Tisch führen: ein zwangloses Gespräch mit gleichberechtigten Partnern führen.
   Tisch und Bett miteinander teilen: eine (wilde) Ehe führen, zusammenleben. Das Motiv vom gemeinsamen Tisch und Bett spielt in dem Kinder-und Hausmärchen der Brüder Grimm 1 vom ›Froschkönig oder dem eisernen Heinrich‹ eine große Rolle für den Frosch, der der Prinzessin die Goldkugel aus dem Brunnen holt, allerdings zu der Bedingung: »aber wenn du mich lieb haben willst, und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldenen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinuntersteigen und dir die goldene Kugel wiederheraufholen«.
   Von Tisch und Bett getrennt sein: geschieden sein, die Ehegemeinschaft aufgehoben haben; Fachausdruck der älteren Rechtssprache für ein faktisch getrennt lebendes Paar; vgl. französisch ›être séparé de corps et de biens‹.
   Der ›Tisch des Herrn‹ ist der Abendmahlstisch. So umschreibt man: Zum Tisch des Herrn gehen: am Abendmahl teilnehmen.
   Vor Tische las man's anders: eine Sache hat vor der Verhandlung noch anders ausgesehen; man hat eine andere Abmachung getroffen, als verkündet wird. Das Zitat stammt aus Friedrich Schillers ›Wallenstein‹ (IV, 7).
   Ihr dürft mal an der Tischecke riechen: sagt der Vater, wenn die Kinder zu spät zum Essen kommen.

• A. HABERLANDT: Artikel ›Tisch‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VIII, Spalte 953-965.
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