Redensarten Lexikon
Tier
Das arme Tier haben: in gedrückter Stimmung sein, sich Selbstvorwürfe machen, mit sich und allem uneins sein; mundartlich ›Do krisse ja dat arme Dier!‹    ›Armes Tier‹ ist umgangssprachlich ein bedauernswerter Mensch. Die Umgangssprache, die so viele Tiernamen auf den Menschen überträgt (z.B. Hund, Katze, Esel, Pferd, Ochse usw.), setzt auch das neutrale Tier dem Menschen gleich.
   Zum Tier herabsinken: roh, ohne Beherrschung seiner Leidenschaften sein.
   Ein gutes Tier sein: gutmütig, aber beschränkt sein; vgl. französisch ›être une brave bête‹.
   Ein hohes Tier geworden sein: zu einer hohen gesellschaftlichen Stellung und zu Ansehen gekommen sein, ohne geringschätzigen Nebensinn. Ein ›Großes Tier‹ nannte man dagegen seit dem 18. Jahrhundert den bloß äußerlich vornehmen Menschen, den ›Wichtigtuer‹ ohne innere Werte.
   Jedes Tierchen hat sein Pläsierchen: jeder hat seinen Vogel. Der sächsische Dialektdichter Edwin Bormann (1851-1912) und Adolf Oberländer betitelten ihre Sammlung humoristischer Gedichte (München 1887) ›Ein jedes Thierchen hat sein Pläsierchen. Zoologischer Lieder-Garten‹.
   Ein Tierfreund sein, ebenso Im Tierschutzverein sein: auf Gewaltanwendung verzichten, nachsichtig sein; die Anwendung der Redensart setzt stillschweigend voraus, daß man den anderen für einen Ochsen, Esel oder dergleichen, d.h. für ein dummes Tier, hält.

• C. MENGIS: Artikel ›Tier‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VIII, Spalte 778-819; R. SCHMIDT: Tierisches in unserer Muttersprache (Gerabronn – Crailsheim 1972); H. SCHUMACHER: Die armen Stiefgeschwister des Menschen. Das Tier in der deutschen Literatur (Zürich – München 1977); V.B. DRÖSCHER: Mich laust der Affe. ›Fabelhafte‹ Redensarten aus der Welt der Tiere (Düsseldorf – Wien 1981); DERS.: ›Sie turteln wie die Tauben‹ (Hamburg 1988).}

Zum Tier herabsinken. Grandville: G.W., Bd. I, S. 304.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Tier