Redensarten Lexikon
Süßholz
Süßholz raspeln: schöntun, schmeicheln, jemanden süßlich umwerben, einem angenehme Dinge, übertriebene Artigkeiten sagen, einer Dame Komplimente, den Hof machen.    Die noch allgemein sehr gebräuchliche Redensart wird besonders von dem Scharwenzen junger Burschen um die Mädchen gesagt. In Leipzig heißt derjenige, der sich darauf versteht, ein ›Sirupsbengel‹, in Oberdeutschland kennt man auch die Wendung ›Lebkuchen austeilen‹ dafür. Vergleiche auch niederländisch ›Zoete broodjes bakken‹; englisch ›to eat humble-pie‹.
   Die Redensart bezieht die heute weitgehend vergessene Tätigkeit, eine Süßholzwurzel zu schaben, wortspielerisch auf das süßliche Sprechen eines Mannes. Früher wurden aus den zuckerhaltigen Wurzelstöcken des glatten spanischen Süßholzes (Glycyrrhiza glabra) oder des stachligen russischen (Glycyrrhiza echinata) Drogen-, Süß- und Genußmittel hergestellt. Bereits seit dem 14. Jahrhundert ist das mittelhochdeutsche Wort ›süezholz‹ bezeugt. Konrad von Megenberg z.B. empfiehlt es in seinem ›Buch der Natur‹ als Heilmittel für unreine Wunden. Später wurde es besonders bei Husten und Schwindsucht verwendet. Die bildhafte Übertragung auf ›Schmeichelei‹ und ›falsche Freundlichkeit‹ seit dem 16. Jahrhundert beruht auf dem Gebrauch von Süßholz als Genußmittel, Zucker. Sebastian Franck kennt die Wendung Etwas ist Süßholz für jemanden, denn er schreibt 1538 in seiner ›Chron. German.‹ (229):

   ich weisz wol, das dir der tod deines mans
   nit süszholz ist gewesen, Sonder wermuot und gallenn.

Die ältere Redensart Süßholz in den Mund (ins Maul) nehmen: mit unterwürfiger Freundlichkeit reden, um einen Gegner zu besänftigen, ist bis ins frühe 17. Jahrhundert bezeugt und zeigt den alten Sinnzusammenhang noch deutlicher. In einem Fastnachtsspiel (Keller 302) heißt es: »wir namen süeszholz in den munt«, und Hans Sachs (›Dreierlei Pritschengesang‹ 13) empfiehlt es als wirksames Mittel gegen ein zanksüchtiges Weib:

   Nem nur sues holcz in den mund
   Das ist für die kiffarbis (= Keifen) gesund.

Süßholz kauen galt als besondere Beschäftigung eines Stutzers, den Rabener (Schriften 1, 237) wie folgt beschreibt (1777):

   Die Hände wusch er sich in Rosenwasser
   Und kaute beständig Süßholz.
Man bezeichnet ihn deshalb heute noch als ›Süßholzraspler‹. So sagt man z.B. in Ludwigsburg von einem, der den Leuten nur angenehme Dinge sagt: ›Dar is e rechter Süssholzraspler‹. In Berlin entstand als Liedparodie zu ›Im Grunewald ist Holzauktion‹ der Text:

   Dejanze Fuhre Süßholz kost'n Daler,
   Un Raspeln jib's umsonst.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Süßholz