Redensarten Lexikon
Susanna
Eine keusche Susanna sein: eine zurückhaltende, ehrbare Frau sein. Die Wendung bezieht sich auf Dan 13: Susanna, die schöne Gemahlin von Jojakim, der ein angesehener Bürger Babylons war, wurde von zwei alten Männern beim Baden beobachtet. Da sie deren Werbungen zurückwies, wurde sie von den Erzürnten des Ehebruches beschuldigt und zum Tode verurteilt. Daniel konnte durch seine Fragen die Ankläger als Lügner bloßstellen und Susannas Ehre wiederherstellen.    Neben ihrem ursprünglichen Sinn wird die Redensart auch ironisch verwendet, so wie man auch vom ›keuschen Josef ›spricht. So kann ›Susanne‹ gleichbedeutend mit ›Dirne‹ gebraucht werden und der Ausdruck Liederliche Susannenschwester als Schimpfwort. In Schwaben nennt man ein besonders aufgeputztes Mädchen ›Susanna Preisnestel‹ (literarisch bei Mörike im ›Hutzelmännlein‹, S. 158).
   Die Redensart Eine rechte Suse sein bezeichnet entweder eine einfältige, langsame Frau oder eine besonders unaufmerksame und ungeschickte. Wahrscheinlich entstand die Wendung im 19. Jahrhundert als Verkürzung von ähnlichen verächtlichen Bezeichnungen wie Brummsuse, Heulsuse, Transuse.
   Ein Susannenbruder (Susannist) sein: ein alter Lüstling sein. Paulini erklärt diese ebenfalls nach der Geschichte von Susanna gebildete Redensart in seiner ›Zeitkürz. Lust‹ (3, 923): »Wenn die Teutschen einen alten, doch noch geilen Bock etwas verblümt durchhecheln wollen, nennen sie ihn einen alten Susannen- Bruder«. Bei Corvinus heißt es im ›Fons lat.‹ um 1660: »cuculus, qui alterius uxorem adulterat ein Susannenbruder« (402). B. Schupp erwägt sogar einen Vorteil in seiner ›Corinna‹ (49): »ich solte nicht sehen allein nach jungen Gesellen, sondern auch nach alten Susannenbrüdern, dann dieselbe können spendiren«; auch Goethe spricht von den »pharisäischen Susannenbrüdern« (IV, 40, 257 W.). P. Winkler nahm 1685 in seine ›2000 gutte gedancken‹ (C8b) eine Erklärung für ›Susannisten‹ auf: »alte Susannisten seyn dem Knoblauch gleich, der zwar einen weiszen kopff, doch grünen stiel hat«.

• W. BAUMGARTNER: Susanna, in: Archiv für Relig. Wiss. 24 (1926) und 27 (1929); P. SARTORI: Artikel ›Susanna‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VIII, Spalte 614-615; R.A.F. MACKENZIE: The Meaning of Susanna Story, in: The Canadian Journal of Theology 3 (1957), S. 211-218; Religion in Geschichte und Gegenwart. Bd. VI (31961), Spalte 532, Artikel ›Susannabuch‹ von M. WEISE.}

Eine keusche Susanna. Rembrandt Harmensz van
   Rijn (1606-69): Susanna und die beiden Alten, Berlin-Dahlem.
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