Redensarten Lexikon
Stegreif
Aus dem Stegreif reden (dichten, schreiben, etwas vortragen etc.) ohne Vorbereitung.; geht zurück auf die ältere Benennung für den Steigbügel: althochdeutsch ›stëgareif‹, mittelhochdeutsch ›stëgreif‹ bedeutet ursprünglich Reif beziehungsweise Ring zum Besteigen des Pferdes. Der Name wechselte mit der Form des betreffenden Gerätes. ›Aus dem Stegreif‹ meint also zunächst: ohne vom Pferd herabzusteigen, hier und jetzt. Die Redensart ist schon im 17. Jahrhundert gut bekannt. Aus dem Jahre 1653 stammt der Beleg: »Dan dergleichen hohe und wichtige Sache, darauff des gantzen reichs ruin und wolfart bestehet, wolte seines bedunckens sich also aus dem stegreiff nicht tractiren lassen« (B. Ph. v. Chemnitz, Königl. Schwed. in Teutschland geführten Kriegs 2. Theil, Stockholm 1653, 186). Im 17. Jahrhundert begegnet zuweilen auch Im Stegreif: Goethe gebraucht die Redensart häufig, zum Beispiel »Aus dem Stegreif die Reime zu machen, wie leicht war das!« (Weimarer Ausgabe XIII, 1, 261). Bei Lessing (V, 344) findet sich der Satz: »Jedes große Genie redet alles aus dem Stegreif«. Die Redensart lebt heute nahezu ausschließlich in intellektuellen Kreisen.
In der Volkssprache gar nicht mehr bekannt ist die Redensart sich vom (oder im) Stegreif nähren: sich als berittener Wegelagerer, als Stegreifritter von Straßenraub und Plünderei nähren. In dieser Weise sprach man besonders im 14. bis 16. Jahrhundert von dem wirtschaftlich wie geistig heruntergekommenen Landadel, der sich kurzerhand (noch im Stegreif) anzueignen trachtete, was ihm gerade am Wege begegnete. In Sebastian Brants ›Narrenschiff‹ steht (77, 17):
Wann yeder dät als er thuon sol,
So weren sie beid gelttes wert:
Dyser mit fädern, der mit schwert,
Möht man ir beid entberen nitt,
Wann ob der hant nit wer jr schnytt
Vnd durch sie würd das recht versert,
Man vß dem stägenreiff sich nert.
Thomas Murner sagt 1512 in der ›Narrenbeschwörung‹:
Noch schadts mir nit an miner eren,
Das ich des sattels mich erneren.
Dagegen scheint Hans Sachs die Situation schon realistischer einzuschätzen, wenn er schreibt:
Soll ich mich in den stegraiff nehrn,
Wie ander edel reuterlewt,
So fürcht ich aber meiner hewt,
Dieweil oft mancher wird erdappet,
Das der rabenstein nach im schnappet
(Ausgabe Keller-Groetze XII, 443).
Aus dem Stegreif reden (dichten, schreiben, etwas vortragen etc.) ohne Vorbereitung.; geht zurück auf die ältere Benennung für den Steigbügel: althochdeutsch ›stëgareif‹, mittelhochdeutsch ›stëgreif‹ bedeutet ursprünglich Reif beziehungsweise Ring zum Besteigen des Pferdes. Der Name wechselte mit der Form des betreffenden Gerätes. ›Aus dem Stegreif‹ meint also zunächst: ohne vom Pferd herabzusteigen, hier und jetzt. Die Redensart ist schon im 17. Jahrhundert gut bekannt. Aus dem Jahre 1653 stammt der Beleg: »Dan dergleichen hohe und wichtige Sache, darauff des gantzen reichs ruin und wolfart bestehet, wolte seines bedunckens sich also aus dem stegreiff nicht tractiren lassen« (B. Ph. v. Chemnitz, Königl. Schwed. in Teutschland geführten Kriegs 2. Theil, Stockholm 1653, 186). Im 17. Jahrhundert begegnet zuweilen auch Im Stegreif: Goethe gebraucht die Redensart häufig, zum Beispiel »Aus dem Stegreif die Reime zu machen, wie leicht war das!« (Weimarer Ausgabe XIII, 1, 261). Bei Lessing (V, 344) findet sich der Satz: »Jedes große Genie redet alles aus dem Stegreif«. Die Redensart lebt heute nahezu ausschließlich in intellektuellen Kreisen.
In der Volkssprache gar nicht mehr bekannt ist die Redensart sich vom (oder im) Stegreif nähren: sich als berittener Wegelagerer, als Stegreifritter von Straßenraub und Plünderei nähren. In dieser Weise sprach man besonders im 14. bis 16. Jahrhundert von dem wirtschaftlich wie geistig heruntergekommenen Landadel, der sich kurzerhand (noch im Stegreif) anzueignen trachtete, was ihm gerade am Wege begegnete. In Sebastian Brants ›Narrenschiff‹ steht (77, 17):
Wann yeder dät als er thuon sol,
So weren sie beid gelttes wert:
Dyser mit fädern, der mit schwert,
Möht man ir beid entberen nitt,
Wann ob der hant nit wer jr schnytt
Vnd durch sie würd das recht versert,
Man vß dem stägenreiff sich nert.
Thomas Murner sagt 1512 in der ›Narrenbeschwörung‹:
Noch schadts mir nit an miner eren,
Das ich des sattels mich erneren.
Dagegen scheint Hans Sachs die Situation schon realistischer einzuschätzen, wenn er schreibt:
Soll ich mich in den stegraiff nehrn,
Wie ander edel reuterlewt,
So fürcht ich aber meiner hewt,
Dieweil oft mancher wird erdappet,
Das der rabenstein nach im schnappet
(Ausgabe Keller-Groetze XII, 443).