Redensarten Lexikon
Star
Der Vogel dieses Namens wurde fruher gern in Käfigen im Hause gehalten; bedingt durch den vertrauten Umgang des Menschen mit diesem Haustier wurde der Name des Stars gelegentlich zu redensartlichen Vergleichen herangezogen, zum Beispiel sächsisch ›einem zureden wie einem kranken Star‹, eindringlich, wohlmeinend zureden. Auf einen unreifen jungen Mann, der überall mitreden will, wendet man in Schwaben den Vergleich an: ›das Maul aufreißen wie die jungen Staren‹. Allgemein gebräuchlich sind die Wendungen ›Schwätzen wie ein Star‹ und ›Singen können wie ein Star‹. Mit Bezug auf den frei fliegenden Star heißt es elsässisch ›üwer eps herefellen wie e Stor uf e Rossbollen‹. Bekannter ist jedoch die Redensart, die sich auf die Augenkrankheit gleichen Namens bezieht (sie hängt nicht mit dem Namen des Vogels, sondern mit ›starr‹, ›stieren‹ und ›stur‹ zusammen): Jemandem den Star stechen: jemandem die Augen öffnen, sehend machen, aufklären, die Wahrheit offenbaren. Sie geht zurück auf die Praktiken, die früher zur Beseitigung dieser Krankheit üblich waren. 1583 bemängelt ein Fachkundiger die unsachgemäße Behandlung des Stars durch ›Zahnbrecher‹ und ›Theriacksleute‹: »Nemen die leute an, und stechen sie am star auff dem markte im winde und lufft vorjederman, lassen sie also darvon gehen, wie ein sawe vom troge. aber solches heisst nicht am star gestochen, sondern die augen ausgestochen« (G. Bartisch, Optalmodoyleia. Das ist Augendienst. [Dressden 1583], S. 60a).
Spätestens im Verlauf des 17. Jahrhunderts wird die Bezeichnung eines realen Vorganges auch in bildlicher Verwendung gängig. Nach der Befreiung Wiens im Jahre 1683 soll ein Wortspiel gegen den besiegten Türken im Umlauf gewesen sein: »Graf Starhemberg kann dir den Staren wohl stechen«. Heinrich Heine schreibt in seinem ›Wintermärchen‹:
Ich heisse Niemand, bin Augenarzt
Und steche den Star den Riesen.
Er spielt dabei auf die Sage von Odysseus und dem Riesen Polyphem an und will damit sagen, daß er dem Volk und den Mächtigen die Augen öffnen will. In seinem ›Bauernspiegel‹ bedauert Jeremias Gotthelf: »Selbst sehen und erkennen können die meisten Menschen nicht; sie sind blind geboren, den Star muß man ihnen stechen‹;. Die Redensart ist auch mundartlich in ganz Deutschland bekannt.
• W. THEOPOLD: Votivmalerei und Medizin (München 2. Auflage 1981); E. und L. Gattiker: Die Vögel im Volksglauben (Wiesbaden 1989), S. 108-111.
Jemand den Star stechen. Emblematischer Kupferstich, aus: Emblemata Horatiana, Antwerpiae 1607, Page 55.
Der Vogel dieses Namens wurde fruher gern in Käfigen im Hause gehalten; bedingt durch den vertrauten Umgang des Menschen mit diesem Haustier wurde der Name des Stars gelegentlich zu redensartlichen Vergleichen herangezogen, zum Beispiel sächsisch ›einem zureden wie einem kranken Star‹, eindringlich, wohlmeinend zureden. Auf einen unreifen jungen Mann, der überall mitreden will, wendet man in Schwaben den Vergleich an: ›das Maul aufreißen wie die jungen Staren‹. Allgemein gebräuchlich sind die Wendungen ›Schwätzen wie ein Star‹ und ›Singen können wie ein Star‹. Mit Bezug auf den frei fliegenden Star heißt es elsässisch ›üwer eps herefellen wie e Stor uf e Rossbollen‹. Bekannter ist jedoch die Redensart, die sich auf die Augenkrankheit gleichen Namens bezieht (sie hängt nicht mit dem Namen des Vogels, sondern mit ›starr‹, ›stieren‹ und ›stur‹ zusammen): Jemandem den Star stechen: jemandem die Augen öffnen, sehend machen, aufklären, die Wahrheit offenbaren. Sie geht zurück auf die Praktiken, die früher zur Beseitigung dieser Krankheit üblich waren. 1583 bemängelt ein Fachkundiger die unsachgemäße Behandlung des Stars durch ›Zahnbrecher‹ und ›Theriacksleute‹: »Nemen die leute an, und stechen sie am star auff dem markte im winde und lufft vorjederman, lassen sie also darvon gehen, wie ein sawe vom troge. aber solches heisst nicht am star gestochen, sondern die augen ausgestochen« (G. Bartisch, Optalmodoyleia. Das ist Augendienst. [Dressden 1583], S. 60a).
Spätestens im Verlauf des 17. Jahrhunderts wird die Bezeichnung eines realen Vorganges auch in bildlicher Verwendung gängig. Nach der Befreiung Wiens im Jahre 1683 soll ein Wortspiel gegen den besiegten Türken im Umlauf gewesen sein: »Graf Starhemberg kann dir den Staren wohl stechen«. Heinrich Heine schreibt in seinem ›Wintermärchen‹:
Ich heisse Niemand, bin Augenarzt
Und steche den Star den Riesen.
Er spielt dabei auf die Sage von Odysseus und dem Riesen Polyphem an und will damit sagen, daß er dem Volk und den Mächtigen die Augen öffnen will. In seinem ›Bauernspiegel‹ bedauert Jeremias Gotthelf: »Selbst sehen und erkennen können die meisten Menschen nicht; sie sind blind geboren, den Star muß man ihnen stechen‹;. Die Redensart ist auch mundartlich in ganz Deutschland bekannt.
• W. THEOPOLD: Votivmalerei und Medizin (München 2. Auflage 1981); E. und L. Gattiker: Die Vögel im Volksglauben (Wiesbaden 1989), S. 108-111.
Jemand den Star stechen. Emblematischer Kupferstich, aus: Emblemata Horatiana, Antwerpiae 1607, Page 55.