Redensarten Lexikon
Spur
Jemandem auf die Spur kommen: Anhaltspunkte für die Aufklärung eines Geheimnisses finden. Die Redensart stammt aus der Jägersprache und meint ursprünglich: die Spuren des Wildes entdecken und ihm nachstellen können, Sprung. Die Redensart ist auch mundartlich verbreitet, zum Beispiel heißt es in Pommern: ›up de Spôr kommen‹. Ähnlich: Einem auf der Spur sein ihn verfolgen; vgl. französisch ›être sur les traces de quelqu'un‹; und Der Spur nachgehen: die Anhaltspunkte beachten und überprüfen, um zu einem Ergebnis zu gelangen, einer Fährte folgen. Vergleiche niederländisch ›Hij volgt het gemeene spoor‹.    Auf der richtigen (falschen) Spur sein: den richtigen (falschen) Weg einschlagen; vgl. französisch ›être sur la bonne voie‹. Wienerisch ›I hab, scho' a Spur!‹, ich habe schon eine Idee, einen Hinweis für das weitere Vorgehen, eine Vermutung.
   Einem auf die Spur helfen: ihm Mittel und Wege zeigen, ihm gute, weiterführende Hinweise geben. Vergleiche auch französisch ›mettre quelqu'un sur la voie‹. Dagegen: Jemanden von der Spur abbringen: ihn überreden und veranlassen, seine richtige Vermutung aufzugeben.
   Seine Spuren verwischen: alle Hinweise auf eine frühere Anwesenheit oder den Verlauf des Fluchtweges vernichten, um seine Feinde und Verfolger zu täuschen, wie es als besondere Klugheit der Tiere, vor allem vom Löwen, berichtet wurde. Schon im ›Physiologus‹ heißt es von der Klugheit des Löwen:

   so er in dem gebirge get
   ode in dem tieffin walde stet,
   so in die jegere danne jagent,
   ob im ze der nasen der stanch chumet
   so vertiliget er daz spor mit dem zagele,
   daz man in iht vahe an dem gejagede.

Seine Spuren hinterlassen: deutlich sichtbare Zeichen zurücklassen; in übertragenem Sinne hinterläßt ein schweres Schicksal, eine gefährliche Krankheit ihre Spuren im Gesicht des Menschen; vgl. französisch ›laisser des traces‹.
   Goethe verwendete das Wort ›Spur‹ in weitestem Sinne, wenn er Faust am Ende seines Lebens sagen läßt: »Es kann die Spur von meinen Erdetagen nicht in Aeonen untergeht (›Faust‹ II, 5. Akt: Großer Vorhof des Palastes).
   Der ist neben der Spur heißt es von einem, der von der Wahrheit entfernt ist.
   Die Spur verlieren: jede Verbindung mit jemandem verlieren, vom Wege abkommen; vgl. französisch ›perdre les traces de quelqu'un‹.
   Keine Spur! oder Nicht die Spur davon!: nicht im geringsten, es ist nicht daran zu denken. Wienerisch ›Da is ga ka' Spur‹, es gibt keinen Anlaß oder Anhaltspunkt, so etwas anzunehmen. Vergleiche lateinisch ›Ne vestigium quidem‹.
   Keine Spur von einer Ahnung (Idee) haben: keine Ahnung haben, nicht das geringste wissen, auch: Keine blasse Spur davon haben: keine Ähnlichkeit besitzen.
   Er kann nicht Spur fahren: er ist sehr dumm. Der Ausdruck der Fuhrleute und Bauernknechte ist auch bei Seume bezeugt (Werke [Leipzig 1835], S. 60). Zum ›Spur-fahren‹ gehörten nämlich Geschicklichkeit, Übung und Erfahrung. Als viele Wege noch unbefestigt waren, zogen die Wagenräder tiefe Rillen. Wer dann, besonders bei aufgeweichten Boden, nicht Spur fuhr, blieb stecken oder warf sogar den Wagen um. Die Wagenbauer achteten deshalb früher auch darauf, eine einheitliche Spurweite, eine ›Normalspur‹ zu halten.
   In jemandes Spuren wandeln: seinem Vorbild folgen; vgl. französisch ›suivre les traces de quelqu'un‹.
   Jemandes Spuren folgen: einen Menschen lieben und hoch verehren, seine Gegenwart suchen, nicht von ihm lassen können. Aus Schillers ›Lied von der Glocke‹ stammt die Wendung »Errötend folgt er ihren Spuren«, die in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist und oft scherzhaft auf einen Schüchternen und zum ersten Mal Verliebten angewandt wird.
   Im modernen Sprachgebrauch meint die Wendung Nicht spuren: sich nicht einordnen, sich nicht in eine Gruppe, ein Team einfügen, nicht erfolgreich lernen (zum Beispiel ›In der Schule nicht spuren‹), nicht systematisch arbeiten, nicht dem Weg folgen, den andere schon erfolgreich beschritten haben.

• E. STEMPLINGER: Artikel ›Fußspur‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens III, Spalte 240-243; L. RÖHRICH und G. MEINEL: Redensarten aus dem Bereich der Jagd und der Vogelstellerei, S. 315, 318.
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