Redensarten Lexikon
Spinne
Pfui Spinne! ist ein Ausruf des Abscheus, obersächsisch noch erweitert zu: ›Pfui Spinne noch nein!‹ Die Spinne wird im Volksglauben vielfach als giftig gefürchtet. Es heißt, daß die Spinne das Gift aus den Blumen sauge wie die Biene den Honig und es durch ihren Biß oder die bloße Berührung auf Menschen übertragen könne. Sie wird deshalb mit einer gefürchteten Krankheit oder dem Teufel gleichgesetzt. Jeremias Gotthelf hat in seiner Erzählung ›Die schwarze Spinne‹ die abergläubische Furcht vor der Pest und ihre Verbreitung durch die Spinne, die eine Gestalt des Teufels ist, literarisch gestaltet. Der redensartliche Vergleich Giftig (zornig) sein wie eine Spinne zeigt deutlich den Zusammenhang mit diesen alten Vorstellungen. Er wird bereits 1573 von Johann Fischart in seiner Satire ›Flöhhatz, Weibertratz‹ (S. 74, 2489) verwendet: »... sie seien giftig wie die spinnen«. Vergleiche auch niederländisch ›zo boos (nijdig, kwaad) als een spin‹, spinnefeind. Redensarten wie Auf deinem Rücken läuft dir eine Spinne! oder Eine Spinne sitzt auf deinem Hute! sind ein beliebtes Schreck- und Neckmittel, da jeder das ekelerregende Tier von sich abwehren möchte und sofort unwillkürlich an die genannte Stelle greift, um sie abzuschütteln.   Andererseits ist die Spinne wie die Schwalbe auch als Glückstier in Haus und Stall gern gesehen, und es gilt als frevelhaft, sie zu töten. In Tirol zum Beispiel. wird die Kreuzspinne sogar als ›Muttergottestierchen‹ bezeichnet, die als allgemeines Heilmittel wie das Spinnengewebe Verwendung findet, spinnen.
   Jemand hält Umgang mit den Spinnen: er ist sehr vereinsamt, von Mensch und Tier verlassen. Diese Redensart dient vor allem zur euphemistischen Umschreibung für das Verbüßen einer Freiheitsstrafe.
   Sich keine Spinne übers Maul wachsen lassen: seine Meinung frei heraussagen, eine flinke (spitze) Zunge haben, eigentlich seinen Mund nie so lange still halten, wie das Weben eines Spinnennetzes dauern würde.

• R. RIEGLER: Artikel ›Spinne‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VIII, Spalte 265-284; W. MIEDER (Hrsg.): Jerem. Gotthelf. Die schwarze Spinne. Erläuterungen und Dokumente (Stuttgart 1983); E. STRÜBIN: Artikel ›Jer. Gotthelf‹, in: Enzyklopädie des Märchens VI, Spalte 31-37; R.W. BREDNICH: Die Spinne in der Yucca-Palme. Sagenhafte Geschichten von heute (München 1990).}

Der Spinne ins Netz gehen. Detail aus Magie-Plakat, 1922, Druckerei Friedländer, Hamburg. Puppentheatermuseum im Münchner Stadtmuseum.
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