Redensarten Lexikon
Spießruten
Spießruten laufen müssen: sich bei einem unangenehmen Gange von Neugierigen scharf und kritisch beobachtet wissen, wobei die zudringlichen und spöttisch- schadenfrohen Blicke von links und rechts beinahe schmerzhaft empfunden werden und die lieblosen ›Stichelreden‹ der ›spitzen Zungen‹ tatsächlich verwunden können. Vergleiche dazu auch das Sprichwort ›Kein Spieß macht solche Wund' als gift'ge Zung, und böser Mund‹.    Die Redensart bezieht sich auf eine grausame militärische Strafe, die sich im Laufe der Jahrhunderte verändert hat. Bei den Römern mußte der Verurteilte durch eine Doppelreihe von Soldaten laufen, die mit Spießen nach ihm stießen, wobei er meist den Tod fand. Noch im 16. Jahrhundert war diese Strafe in Deutschland üblich und wurde von den Landsknechten ›durch die Spieße jagen‹ genannt, wie es auch in einem Vokabular von 1618 als Übersetzung von ›praepilatis hastis obicere‹ erscheint. Aventin erzählte einmal: »Die teutschen Knechte ließen den Mörder durch die Spieß laufen«. Ausführlich hat Frundsberger in seinem ›Kriegsbuch‹ von 1565 »dieses Recht, wie es die Kriegsknecht füeren mit den langen spießen‹;, beschrieben und es durch einen Holzschnitt von Jost Amman illustriert: »Darnach stellt der Profoß den armen man für sich / vnd gibt jm drey Streich auff die rechte Achsel / im Namen deß Vatters / Sons / vnd des heiligen Geists / vnd stellt jn gegen den Spiessen / vnd läßt jn lauffen. Zum fünffzehnden wenn der arm Mensch verscheiden ist / so kniet man nider / vnd thut ein Gebett / darnach macht man ein ordnung / vnd ziehen drey mal vmb den Cörper / vnd die Schützen schiessen drey mal ab / im Namen deß heiligen Geists / Dreyfaltigkeit / vnd ziehen darnach wiederumb / vnd machen ein beschluß Ring«.
   Im 17. Jahrhundert wurden die Spieße durch spitze Ruten ersetzt. Soldaten, die sich schwer vergangen hatten, mußten mit entblößten Rücken durch zwei Reihen von Soldaten laufen, die sie von links und rechts mit den Ruten blutig schlugen. Erst Friedrich Wilhelm III. schaffte für Preußen das ›Spießruten- oder Gassenlaufen‹ ab, doch die Erinnerung an diese Strafe ist durch die Redensart lebendig geblieben. Vergleiche auch niederländisch ›door de spitsroeden dansen‹ und ›iemand door de spitsroeden jagen‹; englisch ›to pass through the line‹.

Spießrutenlaufen. Radierung von Daniel Chodowiecki (1726-1801).

Spießrutenlaufen. Holzschnitt von Jost Ammann: ›Recht der langen Spieße‹ aus Frundsbergers Kriegsbuch vom Jahre 1565.
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