Redensarten Lexikon
Sieben
Eine böse Sieben sein: eine böse, zanksüchtige Frau, Eine Xanthippe sein, die ihrem Mann das Leben zur Hölle macht, in diesem Sinne auch: Mit einer bösen Sieben leben müssen: eine unglückliche Ehe führen,    Für die Entstehung des Ausdrucks ›böse Sieben‹ und seine Anwendung auf die streit- und herrschsüchtigen Ehefrauen gibt es verschiedene Theorien. So hat man z.B. einen Zusammenhang mit der Sterndeutung des Mittelalters vermutet. Das ganze Himmelsgewölbe wurde, soweit es in der Geburtsstunde eines Menschen, dem das Horoskop gestellt werden sollte, sichtbar war, in zwölf Abteilungen, die sogenannten Häuser, eingeteilt, wobei das siebente Haus besondere Bedeutung für die Ehe besaß. Wurde diese unglücklich, so sagte man: ›Er ist mit einer bösen Sieben behaftet‹, und gab den Sternen die Schuld. Nachdem die ursprüngliche Bedeutung verlorengegangen war, sei die Bezeichnung dann auf die Ehefrau übergegangen, mit der das Zusammenleben sehr schwer war.
   Vermutlich stammt der Ausdruck jedoch von einem alten Kartenspiel, wie die folgenden Belege zeigen, auf die K. Kant (Zeitschrift für deutsche Wortforschung VI, 98ff.) hingewiesen hat. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts ist das ›Karnöffelspiel‹ bezeugt, dessen Karten neben der Zahl ein Bild trugen. Die ›Sieben‹ war die Trumpfkarte und zeigte das Bild des Teufels. Mit ihr konnte man alle anderen 47 Karten, Papst, Kaiser, Kardinäle usw., stechen; sie selbst konnte von keinem Blatt gestochen werden und wurde ›Teufel‹ oder ›böse Sieben‹ genannt. Zur Bekämpfung des besonders bei den Landsknechten beliebten Spiels verfaßte 1562 Cyriakus Spangenberg sein Buch ›Wider die böse Sieben in Teufels Karnöffelspil‹. Darin schreibt er (A4b): »der Teuffel heißt im Karnöffelspil Siben«.
   Noch im 16. Jahrhundert tritt das Bild eines bösen Weibes an die Stelle des Teufels. Jodocus Ammans ›Charta lusoria‹, die er 1588 in Nürnberg gestochen hat, gibt dafür den Beweis. Die erste Sieben zeigt folgendes Bild: ein böses Weib höhnt einen Korbmacher, der im Begriff ist, sie mit einem Knüttel zu schlagen. Über der Karte stehen zwei lateinische Distichen:

   Nulla uxore mala res est deterior, ausu
   Quae superat pestem, et nigra aconita, suo.
   Desine, fuste malum qui pellere niteris, uno
   Pulso, bis quinis panditur hospitium.

Unter dem Bild stehen als Übersetzung 8 deutsche Verse von dem ›Kayserlichen Coronirten Poeten‹ Janus Hainricus Schröterus von Güstrow:

   Nichts ergers kan auff diser Erdn/
   Dann ein böß Weib erfunden werdn/
   Welch alle gifft/ wie herb die sind
   Mit jrer boßheit vberwind.
   Laß ab/ der du mit Prügeln starck/
   Außtreiben wilst all boßheit argk/
   Schlegst du gleich einen Teuffel drauß/
   Besitzen zehen dasselbe Hauß.

H. Ullrich (Zeitschrift für deutsche Wortforschung 6, S. 379) verweist zur Erklärung des zankenden Korbmacherehepaares auf der Spielkarte ›Sieben‹ auf einen Schwank des Martinus Montanus in seinem ›Wegkürtzer‹ von 1565. Auch Hans Sachs hat den Stoff in einem Meisterlied behandelt (›Meistergesangbuch‹ 11, 228). Bei Montanus hat die Geschichte folgenden Inhalt: Ein Korbmacher fordert eines Tages nach Fertigstellung eines Korbes seine Frau auf, die Worte zu sagen: ›Gott sei gelobt, der Korb ist gemacht!‹ Sie weigert sich halsstarrig, deshalb erhält sie eine grobe Züchtigung. Der vorübergehende Vogt erzählt dies seiner Frau, die ebenfalls erklärt, dies nicht zu sagen, worauf er sie schlägt. Mit ihrer Magd, die es dem Knecht sagt, geschieht das gleiche. Montanus stellt am Schluß der Erzählung fest: »Also ward des Körbelmachers frau, die vögtin und ir magd, alle drei auf ein tag, eins korbs wegen, dapfer geschlagen. Wann man aber die halsstarrigen Weiber alsamen schlagen solt, wurden nit genuog bengel da sein, man must auch etwan stein und andere instrumente brauchen«.
   Vielleicht nun wurde wegen dieser bekannten Geschichte gerade die Korbmachersfrau zum Typus der Halsstarrigen, der ›bösen Sieben‹ auf der Spielkarte. Daß die ›böse Sieben‹ zur Schelte eines bösen Weibes wurde, ist zuerst 1609 in Johann Sommers Hauptwerk, der satirischen Weltbetrachtung ›Ethnographia mundi‹ (2. T., S. 15), schriftlich nachgewiesen: »Ist denn deine Fraw so eine böse Siebene vnnd eine solche böse Wettermacherin?« Die Bezeichnung kann also, vom Kartenspiel ausgehend, übertragen und verallgemeinert worden sein.
   Am Anfang des 17. Jahrhunderts lief auch das Witzwort um: ›Sieben Greten machen dem Teufel die Hölle heiß‹. Das für Sachsen schrecklichste Jahr des Dreißigjährigen Krieges war 1637; man nannte es deshalb auch ›die böse Sieben‹. Joachim Rachel trug zur Verbreitung des Ausdrucks bei, indem er über das erste seiner oft aufgelegten ›Teutschen satirischen Gedichte‹ (zuerst 1664 erschienen) schrieb: ›Das poetische Frauenzimmer oder Böse 7‹. Darin verspottete er sieben verschiedene Frauenzimmer, das mürrische, das schmutzige, das verschmitzte, das schimpfende, das herrschsüchtige, das plaudernde und das hochmütige. Rachel führt in dieser Satire einen kirchlichen Gedanken weiter aus: Nach Mt 12, 45 wurden die sieben Todsünden als Teufel betrachtet (»sieben andere Geister«); später stellte man neben sie noch sieben weibliche Todsündenteufel, wobei man sich auf Lk 8, 2 berief: »... nämlich Maria, die da Magdalena heißt, von welcher waren sieben Geister ausgefahren.. »Ein Vorbild für Rachel sind auch die neun bösen weiblichen Typen in der Satire des Simonides von Amorgos gewesen, wie H. Klenz (›Die Quellen Rachels‹ [Diss. Freiburg 1899]) nachweist. Auch Thomas Murner hat bereits 1519 in seiner ›Geuchmatt‹ unter dem Titel ›Die syben bösen wyber‹ ein ähnliches Thema gestaltet und führt aus Sage und Geschichte die Römerin Tullia, Potiphars Weib, die Königinnen Jesabel, Herodias, Semiramis, Jobs Weib und die Königin Alba als besonders negativ an. Die sieben Todsünden wurden auch als ›Töchter Luzifers‹ bezeichnet und erschienen als weibliche Gestalten im 17. Jahrhundert in Marlowes ›Faust‹ auf der deutschen Schaubühne. Fr. Seiler meint deshalb, daß unsere Wendung als verkürzter Ausdruck verstanden werden muß und daß es genauer heißen müßte: ›eine von den bösen Sieben‹ (Fr. Seiler, Deutsche Sprichwörterkunde [Neudruck München 21967], S. 278). 1662 erschien auch in Zeitz eine Druckschrift unter dem Titel: ›Die böse Sieben, von welchen heutzutage die Unglückselige Männer grausahmlich geplaget werden, fürgestellet in einem Wunderbahren Gesichte durch ein Mitglied des hochlöblichen Schwanenordens‹, und so hat der Ausdruck bis heute weitergewuchert.
   Ganz andere Bedeutung besitzen einige mundartliche Wendungen: ostfriesisch ›t is'n malle söven‹ heißt: er ist verdreht, verrückt, ähnlich schleswig-holsteinisch ›He mutt na Nummer söben‹, er ist nicht ganz richtig im Kopfe, er sollte besser in einer Anstalt untergebracht werden. Im A.T. wurde die Zahl ›sieben‹ auch zur Steigerung gebraucht, z.B. heißt es: »Der hat sieben Greuel im Herzen«; vor allem aber galt sie auch als heilige Zahl (vgl. 7 Planeten, Siebengestirn, 7 Wochentage, siebenarmiger Leuchter der Juden usw.).
   Einer aus der siebenten Bitte sein Bitte; ein Buch mit sieben Siegeln Siegel; im siebenten Himmel sein Himmel; sieben auf einen Streich Streich

• W.H. ROSCHER: Die Sieben- und Neunzahl in Kultus und Mythos der Griechen (Leipzig 1904); H. WILLERT: Eine böse Sieben, in: Zeitschrift für den Deutschen Unterricht 18 (1904, S. 509-510; K. KANT: Zur bösen Sieben, in: Zeitschrift für deutsche Wortforschung 6 (1904/05), S. 98f.; H. ULLRICH: Zur bösen Sieben, in: Zeitschrift für deutsche Wortforschung 6, S. 379; J.H. GRAF: Die Zahl Sieben (Bern 1917); L. KRETZENBACHER: Die heilige Rundzahl 72. Zur Zahlenmystik in Legende und Sakralbau, in Volksglauben und Redensart, in: Blätter für Hei-
matkunde 26 (Graz 1952), S. 11-18; E. KOELWEL: Die böse und die heilige Sieben, in: Sprachpflege 6 (1957), S. 65-67; O. SCHNITZLER: The Particularity of the Number Seven and the Origin of the Seven Days Week, in: Folklore Research Center Studies I (Jerusalem 1970), S. 73-80; A. DREIZEHNTER: Die rhetorische Zahl: Quellenkritische Untersuchungen anhand der Zahlen 70 und 700 (München 1978).
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