Redensarten Lexikon
Schwert
Ein zweischneidiges Schwert sein: von besonderer Schärfe sein, aber auch: eine Sache sein, die ihr Gutes wie ihr Schlechtes hat, die verschiedene Konsequenzen besitzt. Bereits bei Sir 21, 3 heißt es: »Wie ein zweischneidiges Schwert ist alle Ungerechtigkeit; für ihren Hieb gibt's keine Heilung«. Vergleiche französisch ›une épée à deux tranchants‹ oder ›une arme ...‹.    Scharf wie ein zweischneidiges Schwert sein: alles durchdringend und scheidend. Dieser ursprünglich biblische Vergleich bezieht sich auf die Rede und vor allem auf das Wort Gottes. In den Sprüchen Salomos steht bei Kapitel 5, V. 3-4: »Denn die Lippen der Hure sind süß wie Honigseim, und ihre Kehle ist glätter als Öl, aber hernach bitter wie Wermut und scharf wie ein zweischneidiges Schwert«. Bei Hebr 4, 12 heißt es: »Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer denn kein zweischneidig Schwert, und dringt durch, bis daß es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens«. Ähnlich wird auch vom ›Schwert des Geistes‹ gesprochen: »Nehmet den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, solches ist das Wort Gottes« (Eph 6, 17).
   Häufig wird die verletzende Schärfe des bösen Wortes durch ›die spitze Zunge‹, aber auch durch das Schwert im Munde umschrieben. Fischart gebraucht diese Wendung 1578 in seinem ›Ehezuchtbüchlein‹ mehrmals literarisch: »Zweyschneidend schwerter zwischen den zaenen« (S. 203, 7), und: »Das ist, das schwerd nit im maul füren« (›Ehez.‹ S. 266, 33f.). Bereits Luther kennt die Redensarten Das Schwert im Munde führen: scharfe Reden führen, verletzend wirken (›Tischreden‹, 178b), und Er führt das Schwert im Maul.
   Sein Schwert in die Waagschale werfen: eine Auseinandersetzung gewaltsam beenden, eine Entscheidung auf drastische Weise erzwingen. Die Wendung beruht auf einer Begebenheit in der Antike, die Livius (V, 48), Florus (I, 13) und Festus (S. 372, Ausgabe v. O. Müller) überliefert haben: Der Gallierkönig Brennus, der 390 v. Chr. die Römer an der Allia besiegt hatte, warf mit den Worten »Vae victis!« (= Wehe den Besiegten) höhnisch noch sein Schwert in die Waagschale, als sich die besiegten Römer sträubten, die auferlegten 1000 Pfund Kriegskontribution in Gold nach den zu schweren Gewichten der Feinde abzuwiegen (Büchmann). Die Redensart findet in der politischen Sprache bis in die Neuzeit Verwendung.
   Das Schwert mit beiden Händen fassen: seine ganze Kraft zusammennehmen, tüchtig zupacken, angreifen. Die Wendung ist bereits in Luthers ›Tischreden‹ (273b) bezeugt.
   Das Wort Schwert steht sinnbildlich für Krieg, Feindschaft, Entzweiung, Gewalt und Gefahr, z.B. heißt es bei Mt 11, 34: »Ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert«.
   Sich mit dem Schwerte gürten: sich kampfbereit machen, dann allgemein: sich auf alles vorbereiten. Die Wendung bezieht sich auf die Bibelstelle bei Ex 32, 27: »Gürte ein jeglicher sein Schwert um seine Lenden«. Vergleiche französisch ›se ceindre de son épée‹ oder ›ceindre son épée‹.
   Etwas mit dem Schwerte erlangen: nur durch Gewalt Erfolg haben. Ähnlich ›Mit dem Schwerte (Petri) dreinschlagen‹. Vergleiche französisch ›emporter une chose à la pointe de l'épée‹.
   Etwas mit dem Schwerte teilen: eine Sache mit Gewalt entscheiden, Gesetz und Gerechtigkeit außer acht lassen.
   An das Schwert gebunden: an den Soldatenstand, das Kriegshandwerk gefesselt sein.
   Es hängt ein Schwert über seinem Haupt: er schwebt in unmittelbarer Gefahr. Vergleiche niederländisch ›Hem hangt een zwaard boven het hoofd‹. Die Redensart bezieht sich auf das Schwert des Damokles, was noch deutlicher in der Wendung wird: Das Schwert des Damokles schwebt über ihm: ihn kann jeden Augenblick ein Unheil treffen; Damoklesschwert; vgl. frz. ›L'epée de Damokles est suspendue au-dessus de sa tête‹.
   Zwischen zwei Schwertern stehen: zwischen zwei Gefahren, in größter Bedrängnis sein, zwischen zwei Übeln wählen müssen.
   Er will mit zwei Schwertern fechten: er will besonders viel Erfolg haben, auf verschiedene Weise verdienen, verliert aber dabei alles, weil er seine Mittel unmöglich gleichzeitig einsetzen kann. Vergleiche niederländisch ›Hij wil met twee zwaarden vechten‹.
   In sein eigen Schwert fallen: in seine eigene Falle gehen, gegen sich selbst reden. Eine ähnliche Wendung gebraucht Waldis (III, 22, 18) auch literarisch: »Wir han mit vnserm eygnen schwerdt vns selb geschlagen solche wunden«. Vergleiche auch französisch ›Il s'est enferré luimême‹. Die Feststellung Er wird mit dem eigenen Schwert geschlagen: seine Arglist, die dem Feinde bereitete Waffe, kehrt sich gegen ihn selbst, wurde schon von Hartmann von Aue im ›Iwein‹ (V. 3224) gebraucht: »in het sîn selbes swert erslagen«. Bei Waldis (II, 9, 29 und I, 3850) findet sich zu der Redensart noch eine nähere Erklärung: »Werden von andern selb betrogen, mit ihren eignen schwerd geschlagen«.
   Ähnlich: Einen mit seinem eigenen Schwerte töten.
   Das Schwert (gern) in die Scheide stecken: einen Streit beenden, friedfertig sein.
   ›Schwerter zu Pflugscharen‹ ist ein in der internationalen Friedensbewegung gängiger Spruch. Er ist einer Jes 2, 4 entnommen, wo es heißt: »Jahwe, so sagt der Prophet voraus, wird in seinem kommenden Reich richten unter den Heiden und strafen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen«. Die ehemalige Sowjetunion schenkte der Institution der Vereinten Nationen in New York eine Plastik, welche dieses Bibelwort versinnbildlicht. Daraufhin wurde der Spruch und sein Symbol zum Motto der kirchlichen Friedensbewegung in der ehemaligen DDR. In der Bundesrepublik gab es teils ernsthafte, teils ironisch gemeinte Varianten: ›Panzer zu Schulbussen‹, ›Uniformierte zu Menschen‹, ›Patronen zu Lockenwicklern‹ u.a.

• H. SCHNEIDER: Schwerter und Degen (Bern 1971); E. MOSER-RATH: Lustige Gesellschaft (Stuttgart 1984), S. 109; D.W. SABEAN: Das zweischneidige Schwert. Herrschaft und Widerspruch im Württemberg der frühen Neuzeit (Berlin 1987).}

Sein Schwert in die Waagschale werfen. Zeichnung von Wilhelm Scholz (Brennus pacificus, 1886), Bismarck-Album, S. 172.

Schwerter zu Pflugscharen. Denkmal vor dem Gebäude der Vereinten Nationen (Uno) in New York von dem sowjetischen Bildhauer Jewgenij Wut-
   schetitsch (nach Jes 2, 4). Geschenk der ehemaligen Sowjetunion.
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