Redensarten Lexikon
Schneid\(e\)
Schneid haben: Mut, Kraft haben, energisch auftreten, gern seine Kräfte mit Gegnern oder Nebenbuhlern messen, vor allem beim Kiltgang. Wer der Überlegene blieb, trug stolz zum äußeren Zeichen seiner Tapferkeit und seines Sieges die ›Schneidfedern‹ am Hut, die er den anderen abgenommen hatte. Daher die oberösterreichische Redensart ›einem d' Schneid abkaufen‹, ihn durch sein entschiedenes Auftreten entmutigen, und bairisch ›kein Schneid haben‹, feige sein. Die Übertragung erfolgte von der Waffe oder anderen schneidenden Werkzeugen. An die Schärfe einer Waffe erinnert noch deutlich die bairische Wendung ›Auf di hab i schon lang a Schneid‹, mit dir wollte ich schon längst anbinden, vgl. ›Eine Pike auf jemanden haben‹, Pike. Durch die Soldatensprache ist die Wendung um 1860 in die allgemeine Umgangssprache gedrungen, zusammen mit dem Adj. ›schneidig‹ = tapfer. Die Mdaa. haben zum Teil die fem. Form bewahrt, z.B. sagt man im hunsrück: ›De Kerl hot kän rechte Schneide‹. die obersächsische Wendung ›Er hat keine Schneide zu etwas‹ bedeutet: er hat kein rechtes Vertrauen dazu, keine Lust darauf. Vgl. frz. ›avoir du cran‹ (altfranzösisch: créné: zackig).    Ihm ist die Schneide in den Finger gegangen (vgl. ›Sich ins eigene Fleisch schneiden‹): er hat sich selbst geschädigt, seine Waffe hat sich gegen ihn selbst gewendet. Sebastian Franck bezeugt 1541: »Nicht mit der Schneide, sondern mit der Scheide hauen«. Dadurch wird einer verhöhnt, der seine Waffe nicht richtig zu benutzen weiß. Ähnlich das Sprichwort ›Wer sitzt auf der Schneide, sitzt schlecht und kommt zu Leide‹, d.h. wenn man sich auf gefährliche Angelegenheiten einläßt, kann man wohl zu Schaden kommen.
   Gleichbedeutend ist die Redensart Auf des Messers Schneide stehen: kurz vor der Entscheidung sein, sich zum Positiven oder Negativen wenden können. Die Wendung, die die Unsicherheit einer Situation treffend beschreibt, stammt aus der Antike. In der ›Ilias‹ (X, 173) Homers heißt es schon: »Es steht auf des Messers Schneide«.
   Häufig ist auch die Vorstellung von der Zunge als schneidendem Instrument, z.B. schwäbisch ›Sie hat die Schneide auf der Zunge und er in den Fingern‹ oder ›Das Maul schneidet wie geschliffen‹. Schweizerisch kann Schneide gleichfalls ein böses, schneidendes Maul sein. Dazu gehört das Sprichwort ›Scharfe Schwerter schneiden sehr, scharfe Zungen noch viel mehr‹.
   Anscheinend nur rheinisch sagt man von einem zum Schmollen verzogenen Mund: ›E micht en Schneide (Schnute), dat mer en Schweinstall drop baue kann‹.
   Übertragen spricht man auch von der Schneide (Schärfe) des Todes, des Verstandes und sogar der Sehnsucht; vgl. französisch ›Le tranchant de l'ésprit‹.
   Eine Schneide haben: scharf oder sauer schmecken, besonders in Süddeutschland vom Wein, Bier oder Essig gesagt.
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