Redensarten Lexikon
Schmidt
Das Berliner Tanz-Spottlied von Herrn Schmidt und seinen heiratslustigen Töchtern stammt aus der Biedermeierzeit und ist literarisch im 19. Jahrhundert häufig belegt (u.a. bei Theodor Fontane). Die erste Strophe lautet:
   ›Herr Schmidt, Herr Schmidt,
   Was kriegt denn Julchen (Jule) mit?‹
   ›Ein Schleier und ein Federhut,
   Das kleidet Julchen gar zu gut‹.

Es folgen noch entsprechende Strophen auf Lottchen, Riekchen, Minchen, Rosalchen, Malchen, Christinchen und Hannchen. Entstanden ist das Lied nach glaubwürdiger Lokaltradition in Halle. Dort wohnte zwischen 1820 und 1830 unfern des damaligen Moritztores ein Fleischermeister Schmidt, der zahlreiche Töchter hatte und außerdem Zimmer an Studenten vermietete. Auf ihn und seine Töchter verfertigte ein übermütiger Studiosus den Text des Liedes. Die Melodie wurde von einem um 1790 gedruckten portugiesischen Militärmarsch übernommen, der im Zeitalter Napoleons nach Deutschland gelangt war. Der sogenannte ›Stiefelknechtsgalopp‹ fand im Vormärz in ganz Deutschland schnelle Verbreitung, bildete viele Varianten und machte den töchterreichen Herrn Schmidt sprichwörtlich, zumal sich ein Neuruppiner Bilderbogen der Firma Gustav Kühn der Szene bemächtigte.
   Der Allerweltsname Schmidt verleitete überdies zu zahlreichen weiteren Spottversionen, wie z.B.

   Herr Schmidt, Herr Schmidt,
   De sitt uppm Perd un schitt,
   Un her ick em nich runnerräte,
   Her he mi dat Schop beschäte.

Oder

   Herr Schmidt, Herr Schmidt,
   ich führ kein Dynamit..

• J. BOLTE: Der Hallische Stiefelknechtgalopp. Ein Tanzlied aus der Biedermeierzeit, in: Mitteilungen d. Ver. für d. Geschichte Berlins 1926, Nr. 10-12, S. 2-9; L. RICHTER: Mutter, der Mann mit dem Koks ist da (Leipzig 1977).
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