Redensarten Lexikon
Schippe
Einen auf die Schippe nehmen: ihn verulken, Scherz mit ihm treiben, aber auch: ihn verspotten, grob verhöhnen. ›Ich lasse mich doch nicht auf die Schippe nehmen!‹ ruft derjenige empört, der das hinterlistige Vorhaben, den Schabernack anderer schon vorher durchschaut hat. Vgl. französisch ›mettre quelqu'un en boîte‹.    Die Herkunft dieser Redensart ist umstritten. Küpper (II, 250) erklärt die aufgestellte Schaufel (Schippe) als Sinnbild für die Abweisung eines Freiers. Nach Wolf stammt der Ausdruck aus der Gaunersprache. Er meint ursprünglich die hinterhältige Vernehmungsmethode, durch leere Versprechungen und falsche Liebenswürdigkeit etwas herauszubekommen versuchen. Ähnliche Bedeutung hat auch die Redensart ›Jemanden auf den Besen laden‹ ( Besen). Vielleicht steht die Wendung aber auch in Zusammenhang mit dem ›Hänseln‹ bei Aufnahmebräuchen, worauf auch die Redensart ›in die Schipp beißen‹ weist. Sie wird dann gebraucht, wenn ein junger Schlepper bei seiner Einstellung für seine Arbeitskollegen Bier oder Branntwein bezahlen muß (O.H. Werner: Der Saarbergmann in Sprache und Brauch [Diss. Bonn 1934], S. 48).
   Dem Tod noch einmal von der Schippe gesprun-
gen (gehopst) sein: heißt es von einem wider Erwarten genesenen Schwerkranken, oder dieser gebraucht die Redensart in scherzhafter Weise selbst, um zu sagen, daß er gerade noch einmal davongekommen ist. In Schleswig verwendet man eine ähnliche Redensart: ›He hett den Dood 'n Schipp (Scheffel) Hawer geben‹, er hat sich noch einmal vom Tode loskaufen können, ist von schwerer Krankheit genesen.
   In Rheinhessen sagt man von einem Reichen, über den man sich ärgert: ›Der kriegt auch nur drei Schippe!‹ Man denkt an die Schaufeln Sand, die bei der Beerdigung auf den Sarg geworfen werden, also an die ausgleichende Gerechtigkeit des Todes, um sich über Geiz, Habsucht und Reichtum eines anderen zu trösten.
   Jemandem die Schippe geben: ihm den Abschied geben, ihn fortjagen. Lessing verwendete die Redensart in dieser Bedeutung, denn er schrieb (Werke 3, 409): »So will ich kommen und die Bauern aufhetzen, daß sie ihm (dem Schulmeister) Knall und Fall die Schippe geben«.
   Der Ursprung der Redensart wird aus dem Französischen vermutet. Hier lautet die Wendung ›donner de la pelle au cul à quelqu'un‹. Über lateinisch ›pâla‹ (Schüppe) und französisch ›la pelle‹, die Haut, soll die deutsche Redensart entstanden sein.
   In Aachener Mundart heißt es: ›enge der schöpp gevve‹, jemanden aus dem Dienst entlassen, wegjagen.
   Schülersprachlich heißt Die Schippe kriegen: von der Schule müssen, relegiert werden. Die junge berlinerische Redensart Er winkt Schippen bedeutet: er lehnt etwas ab, sie bezieht sich wahrscheinlich auf Schippe als schmollend oder trotzig vorgeschobene Unterlippe wie die Redensart Eine Schippe ziehen.
   Die Schippe (Schüppe) bekommen hieß früher: zur Schippe (Schupfe, Wippe) verurteilt werden. Diese Redensart, die Stieler 1780 verzeichnet, weist auf eine alte Vorrichtung, mit der Verbrecher bestraft wurden: Sollte jemanden des Ortes verwiesen werden, wurde er auf eine Wippe gebracht und (symbol.) davongeschnellt. Noch 1773 war in Wien die ›Bäckerschupfe‹ in Gebrauch, mit der betrügerische Bäcker ins Wasser getaucht wurden. Auch im Straßburger Stadtrecht war eine ähnliche Strafe bekannt: »quicunque etiam vina injuste mensuraverit, de scupha cadet in merdam: = den sol man schupfen«. (Vgl. Grimm, Rechtsaltertümer, 726); prellen.

• R. SPRENGER: Up 'n Schüppestaule sitten, in: Zeitschrift für den deutschen Unterricht 7 (1893), S. 265-266; ESSER: Die Schüppe geben, in: Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde 9 (1912), S. 46-50; S.A. WOLF: Wörterbuch des Rotwelschen (Mannheim 1956), S. 137.
Einen auf die Schippe nehmen. Karikatur von Haitzinger, vom 4. VII.85. Aus: Badische Zeitung., vom 5. Juli 1985.

Wippgalgen (›Schupfe‹ – ›Die Schippe bekommen‹). Englischer Holzschnitt um 1700, aus: H.F. Döbler: Kultur- und Sittengeschichte der Welt, Gütersloh 1971, S. 167.
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