Redensarten Lexikon
schimpfen
Die Redensart mit Schimpf und Schande kann erst in neuhochdeutscher Zeit entstanden sein, nachdem die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Schimpf (aus althochdeutsch scimpf, mittelhochdeutsch schimpf): Scherz, Spaß, Kurzweil, Spiel, durch die Wörter Scherz und Spaß in frühmittelhochdeutscher Zeit übernommen worden war. Danach setzte sich langsam die heute allein noch gültige Bedeutung für Schimpf durch: Schmach, Ehrverletzung, Hohn, Spott; jedoch blieb der ursprüngliche Sinn bis ins 17. Jahrhundert allgemein bekannt. In Verbindung mit anderen Wörtern verwandter Bedeutung gebraucht Luther Schimpf in seinen Tischreden: »Sihe, wie du mich, mein frommes Weib und arme Kinderlein hast wöllen in Schimpff und Hohn und Spott setzen«. Die alliterierende Verbindung mit dem Wort Schande kommt im 18. Jahrhundert auf: ›in Schimpf und Schande gerathen, bringen‹ (J. Chr. Adelung, Umständliche Lehrgebäude, 2 Bde. [Leipzig 1781/82]), Boden. Der rdal. Vergleich schimpfen wie...: heftig schimpfen, schelten, dürfte nicht viel weiter als bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Aus dieser Zeit (bei Bürger und bei Wieland) ist auch die heute in ganz Deutschland geläufige Wendung schimpfen wie ein Rohrspatz belegt ( Rohrspatz). Sehr oft wird in dieser Redensart auch auf bestimmte Berufsgruppen angespielt, insbesondere auf solche, die allgemein wenig Achtung genießn: Fuhrknecht, Brunnenputzer, Scherenschleifer, Kesselflicker, Fischweib, Kupeelweib usw.    Seit dem vorigen Jahrhundert wird ›schimpfen‹ noch in einer weiteren Bedeutung gebraucht, nämlich ironisch als Synonym für ›nennen‹, und zwar reflexiv in Verbindung sowohl mit Familiennamen als auch mit Titeln oder Berufsbezeichnung. Dabei wird der Familienname als eine Art Schimpfname apostrophiert. Sagt man dagegen von jemandem, er ›Schimpfe sich Arzt‹ oder ähnlich, so heißt das, daß die betreffende Person ihre Berufsbezeichnung oder ihren Titel zu Unrecht trägt.
   In der Bedeutung ›nennen‹ sagt man an der Lahn (Birkenfeld) von zwei Streitenden, die sich gegenseitig mit wenig schmeichelhaften Namen bedenken: ›Do schempt ai Esel de annere Languhr‹.
   Vorzugsweise mit Geschichte, Herkunft und Funktion von Schimpfwörtern, Flüchen und anderer verbaler Aggression befaßt sich eine spezielle Zeitschrift zur Schimpfwortforschung (›Maledictologie‹) mit dem Titel ›Maledicta‹.

• P. SARTORI: Artikel ›schelten / schimpfen‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens VII, Spalte 1033-1040; A.A. ROBACK: A Dic-
tionary of International Slurs. Aspects of Ethnic Prejudice (Cambridge [Mass.] 1944, Nachdr. Waukesha [Wis.] 1979); R. AMAN: Bayerisch- österreichisches Schimpfwörterbuch (München 21975); Maledicta. The International Journal of Verbal Aggression, ed. R. Aman, 1ff. (Waukesha [Wis.] 1977ff.); F. KIENER: Das Wort als Waffe. Zur Psychologie der verbalen Aggression (Göttingen 1984).
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