Redensarten Lexikon
Scharte
Die Scharte auswetzen: einen Fehler wiedergutmachen, einen erlittenen Schimpf wieder wettmachen. Das Bild der Redensart stammt aus der Landwirtschaft: Wie der Bauer die Sicheln und Sensen, die durch Steine und Unebenheiten des Bodens beim Mähen Scharten bekommen haben, mit dem Wetzstein wieder ausschleift, so kann ein Mensch einen begangenen Fehler, einen Mißerfolg oder gar eine Niederlage durch entsprechende Taten wieder wettzumachen suchen. Niederländisch gibt man einem, der einen Fehler begangen hat, den guten Rat: ›Hij zal de schaarden uitslijpen‹. Ein deutscher Spruch aber sagt: ›Die Scharten kosten Geld, die Haare aber wachsen wieder ohne Geld‹. Vgl. lateinisch ›lacunam explere‹, bei Cicero.    In der Soldatensprache geht die Bedeutung für ›eine Scharte auswetzen‹ noch weiter: hier macht man nicht nur einen begangenen Fehler wieder gut, sondern rächt einen erlittenen Schimpf oder stellt die gekränkte Ehre wieder her. In dieser Bedeutung ist die Scharte schon im frühen Mittelalter bildlich gebraucht worden: »dem wuohs vil manic scharte an lîbe«, schreibt Konrad von Würzburg im ›Trojan. Krieg‹, V. 216. Daher stammt auch der Ausdruck Heinrichs von Meißen (›Frauenlob‹ 310, 17): »Dîn lop nie scharte gewann«. Wigalois (Wirnt von Grafenberg, V. 11502) preist bei einem Ritter »triuwe âne valschen scharten«; und an einer anderen Stelle heißt es vom Kaiser:

   ob den keizer daz wol verswirt
   so muoz er doch die scharten tragen,
   die niht gâhens wirdet heil.

In Ottokars ›Oesterreichische Reimchronik‹ (V. 22675) wird schon ganz deutlich, daß mit der Scharte die gekränkte Ehre und der verletzte Ruhm gemeint sind:

   ich furchte daz er slach
   in iuwer lop ein scharten.

Bei Abraham a Sancta Clara heißt es auch in übertragenem Sinne: »Die Scharten widerumb ausschleiffen« (›Judas‹ IV, 331). Ein deutsches Lied aus dem Jahre 1691 läßt den besiegten türkischen Großwesir jammern:

   In unsre Säbel hat gemacht
   Die starke Badnisch Adlermacht
   Ein gar zu große Scharten;
   Glaub, keiner werd sie schleifen aus
   So bald von Ottomaner Haus,
   Ich würd es nit erwarten.
Man vergleiche auch die ›Zimmerische Chronik‹ (III, 495): »Darzu hat das bischtumb ganz wol gethan und diese alte scharten alle künden ußwetzen«. In Schillers ›Räubern‹ (V, 2) kommt der Räuberhauptmann Moor vor seinen letzten Kumpanen am Ende seiner Taten zu der schrecklichen Selbsterkenntnis: »Ich nannte es Rache und Recht – ich maßte mich an, o Vorsicht, die Scharten deines Schwerts auszuwetzen und deine Parteilichkeiten gutzumachen – aber – o eitle Kinderei! – da steh ich am Rand eines entsetzlichen Lebens«.
   Im bairischen Sprachgebrauch kennt man noch den Ausdruck ›Das hat eine Scharten‹, wenn irgendeine Sache einen ›Haken‹ hat. Schwäbisch ist das Sprichwort ›Allzu scharf macht (gibt) Scharten‹ weit verbreitet und bedeutet ungefähr das gleiche wie: Allzu viel ist ungesund.
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