Redensarten Lexikon
Sauglocke
Derb-anschaulich sagt der Volksmund von einem Menschen, der mit Behagen Unanständigkeiten hört: Er hört gern mit der Sauglocke (Säuglocke) läuten. Aufklärend ist das dazugehörige Sprichwort: ›Wo man bei Tische zötelt und die Sauglocke tönt, da wohnt der Teufel‹. Sebastian Brant geißelt im ›Narrenschiff‹ die Grobiane und Zotenreißer unter dem Bilde von Leuten, »die die Sauglocke läuten«, und illustriert dies mit einem Holzschnitt, der eine Sau mit der Glocke und den Sauglöckner darstellt. Auch Christian Weise (1642-1708) verwendet den in manchen Mundarten bis heute gebräuchlichen Vergleich, z.B. im ›Bäurischen Machiavell‹ heißt es: »Wer mit der Sauglocke nicht läuten kann, der hat sich keiner Kanne Bier zu getrösten«. Ebenso steht in Johann Fischarts ›Geschichtklitterung‹ (S. 194/ 747): »Drum läutet jm nur all Säuglokken«; und bei Abraham a Sancta Clara: »Du wirst zu Hof sehen lauter Meßner, aber nur solche, die mit der Sauglocken leutten« (›Judas‹ I, 45). In einer Männergesellschaft z.B. wird gegen Mitternacht ›die Sauglocke geläutet‹, d.h. es werden Zoten erzählt, ›Es wird gesaut‹.    Dieselbe Bedeutung hat die heute ungebräuchliche Redensart ›Mit dem Saukarren fahren‹. 1590 schreibt ein gewisser Alberus: »So hatte er doch Zucht, Tugend und Ehre sehr lieb und wert und fuhr nicht mit dem Säwkarren«.

• J.F. CASTELLI: Die Sauglocke (München 1970) (= Nachdr. der Ausgabe von ca. 1840).}

Die Sauglocke läuten. Holzschnitt, Brant: Narrenschiff von 1494, Kapitel ›Von groben narren‹.
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Ansicht: Sauglocke