Redensarten Lexikon
Sägemehl
Sägmehl knüpfen: eine unnütze und vergebliche Arbeit verrichten. Man glaubte, daß besonders die alten Jungfern oder Junggesellen solche Arbeiten nach ihrem Tode leisten müßten (vgl. Schneesieber). In der Schweiz bezeichnet man auch einen Geizhals als ›Sagmelchnüpfer‹. Daneben bestand die Vorstellung, daß ein besonders Pfiffiger sogar Seile aus Spreu herstellen konnte, so in Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 112: ›Der Dreschflegel vom Himmel‹. Von dem Bauern, der auf einem Baum bis in den Himmel gestiegen war, heißt es: »Und in der Not wußt er sich nicht besser zu helfen, als daß er die Spreu vom Hafer nahm, die haufenweis dalag, und daraus einen Strick drehte«.    Häufiger und älter ist die Behauptung, daß aus Sand Seile geflochten werden. Aus dem Griechischen übersetzt, entstanden lateinische Redensarten: ›ex arena funem nectere‹ und ›de harena resticulas nectentes‹ In der Edda spricht Odin im ›Hârbardslied‹ (18) von überaus klugen Frauen, die sogar aus Sand Stricke drehen konnten.
   Johann Fischart schreibt diese besondere Fähigkeit in seinem ›Bienenkorb‹ sogar den Ketzern zu und berichtet »vom sand, darauß die alten Ketzer jhre schnür und seyler pflegten zu winden und zu flechten«.
   Auch das Französische kennt diese Wendung für Unmögliches tun: ›tresser des cordes de sable‹ (heute veraltet). Sägmehl im Kopf haben: dumm sein. Die Redensart ist in Südtirol besonders häufig, im Deutschen ist dafür ›Häcksel (Stroh) im Kopf haben‹ geläufiger.

• J. BOLTE und G. POLIVKA: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm der Brüder Grimm, Band II (Leipzig 1915), S. 513; W. GOTTSCHALK: Die sprichwörtlichen Redensarten der französischen Sprache (Heidelberg 1930), S. 252; NIEDNER, IN: Zeitschrift für deutsches Altertum 31, 254; A. OTTO: Die Sprichwörter der Römer (Hildesheim 1965), S. 160; S. SINGER: Sprichwörter des Mittelalters, Band I (Bern 1944), S. 172; L. TOBLER: Kleine Schriften, S. 147; Zachariae, in: Zeitschrift d. Verf. für Volkskunde. 17,186; F. SARASIN: Die Anschauungen der Völker über Ehe und Junggesellentum, in: Schweizer Archiv für Volkskunde 33 (1934).
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