Redensarten Lexikon
Rücksicht
Rücksicht üben, auch: Rücksicht auf etwas (jemanden) nehmen: den jeweiligen Gegebenheiten Rechnung tragen, jemanden schonen, seine Bedürfnisse respektieren.    Etwas Rücksicht verlangen (erwarten) können (dürfen): wegen Gebrechlichkeit, Krankheit, Alter bevorzugt behandelt werden wollen, größere Aufmerksamkeit oder Hilfsbereitschaft wünschen. Diese Wendung wird oft in vorwurfsvollem Ton von Verwandten, Nachbarn, Kollegen gesagt, wenn sie das Verhalten anderer stört. Rücksichten zu wahren haben: keine freien Entscheidungen treffen können, sich gesellschaftlichen Regeln unterwerfen, seine eigentlichen Gefühle unterdrücken müssen; oft als Entschuldigung gebraucht.
   Ohne Rücksicht auf andere vorgehen, auch: Keinerlei Rücksichten kennen: seine Ziele unbedingt, auch auf Kosten anderer durchsetzen wollen, die Wünsche seiner Mitmenschen ignorieren, keine Skrupel kennen und nur seinen eigenen Vorteil im Auge haben, d.h. ein krasser Egoist sein.
   Ohne Rücksicht auf Verluste (handeln): alles riskieren, ›Rücksichtslos vorgehen‹, um ein Ziel, einen Sieg zu erreichen. Die Wendung stammt ursprünglich aus der Soldatensprache und bezieht sich auf den Angriffsbefehl um jeden Preis, auf einen riskanten militärischen Einsatz, bei dem nicht nur beim Gegner viele Verwundete und Tote zu erwarten sind, sondern große Opfer auch in den eigenen Reihen in Kauf genommen werden.
   In übertragener Bedeutung ist diese Wendung heute auch auf den Handel und den Sport bezogen worden. Wenn es darum geht, die Konkurrenz aus dem Felde zu schlagen, wird viel gewagt, ein Risiko ganz bewußt eingegangen. So wird z.B. bei einem Ausverkauf oder einem Schlußverkauf die Ware unter Preis angeboten, um die Kunden anzulocken. Auch bei sportlichen Wettkämpfen wird für den Sieg alles eingesetzt, selbst wenn es die Kräfte übersteigt, der Gesundheit schadet, mit Unfällen, Verletzungen und gar mit dem Verlust des Lebens zu rechnen ist.
   Theodor Storm gibt in seinem Gedicht von 1854 ›Für meine Söhne‹ den etwas zweifelhaften Rat in Str. 2:

   Blüte edelsten Gemütes
   Ist die Rücksicht; doch zu Zeiten
   Sind erfrischend wie Gewitter
   Goldne Rücksichtslosigkeiten.

Oft empören sich Ältere über die angeblich zunehmende Rücksichtslosigkeit der Jugend, die jedoch nicht immer böse Absicht ist, sondern auf einer gewissen Unbekümmertheit und Gedankenlosigkeit beruhen kann, die sogar ›golden‹ sein kann, wie es der Dichter positiv formuliert hat.
   Ein Schlager von Hofmann und Hofmann trägt den Titel ›Rücksicht‹. In ihm heißt es: »Rücksicht ist Vorsicht, daß man den andern nicht verletzt«.
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