Redensarten Lexikon
Rose
Auf Rosen gebettet sein, Auf Rosen gehen, Auf lauter Rosen sitzen usw. sind Redensarten zur bildlichen Umschreibung eines sehr glücklichen Zustandes; ebenso niederländisch ›op rozen gaan‹; französisch ›être (couché) sur des roses‹, ›son chemin est jonché de roses‹; englisch ›their path is strewn with roses‹.    Entsprechend das Gegenteil: Nicht auf Rosen gebettet sein: Not, Leid, Sorgen zu ertragen haben. Die Rose ist die Blume der Freude und diente z.B. bei den Gastmählern im alten Rom zum Schmuck auf dem Haupt der Trinkenden; mit Rosen bestreut man noch heute bei festlichen Anlässen (z.B. bei der Fronleichnamsprozession oder vor einem Brautpaar) den Boden. Die Spätkultur des Altertums hat es fertiggebracht, sich buchstäblich auf Rosen zu betten; das lateinische ›iacere in rosa‹ ›in stetem Vergnügen schwelgen‹, ist zunächst ganz wörtlich zu verstehen: Der Tyrann Dionys ließ sich zu seinen Ausschweifungen Lagerstätten von Rosen bereiten. Nero ließ bei seinen Schwelgmählern durch Öffnungen in der Decke des Saales Rosen auf die Gäste herabregnen. Verres reiste in einer Sänfte, auf einer mit Rosen ausgestopften Matratze lagernd; dabei hatte er einen Kranz von Rosen auf dem Kopf und einen um den Hals. Kleopatra ließ zu einem Gastmahl den Fußboden des Speiseraumes eine Elle hoch mit Rosen bedecken. Auch von den Sybariten, den im Altertum wegen ihrer Schwelgereien berüchtigten Bewohnern der unter italienischen Stadt Sybaris, wird erzählt, daß sie auf Betten geschlafen hätten, die mit Rosenblättern gefüllt gewesen seien. Wir haben die Wendung aus dem Altertum übernommen; sie wird aber im Deutschen, soweit sie sich zurückverfolgen läßt, immer nur bildlich und in übertragener Bedeutung gebraucht, wie z.B. in Luthers Spruch:

   Des Christen Herz auf Rosen geht,
   Wenn's mitten unterm Kreuze steht.

Ebenfalls nur in übertragener Bedeutung gemeint ist das Rosenstreuen in Höltys 1776 gedichtetem Lied ›Lebenspflichten‹, wo es heißt:

   Rosen auf den Weg gestreut
   Und des Harms vergessen!

Das alte Sprichwort ›Es ist nicht auf Rosenblätter zu bauen‹, das sich z.B. 1541 bei Sebastian Franck findet, erklärt sich so: Wem Rosenblätter gestreut werden, der soll darin nicht mehr als eine für den Augenblick gespendete Artigkeit sehen.
   Da blüht ihm keine Rose: davon hat er nichts, er erlebt dort keine Freude; Das wird ihm keine Rosen tragen: es wird ihm keinen Segen bringen; vgl. französisch ›Il ne l'emportera pas en paradis‹ Paradies.
   Der redensartliche Vergleich einer ›Rose unter den Dornen‹ kommt zuerst im Hohenlied vor, wo es 2,1 heißt: »Wie eine Rose unter den Dornen, so ist meine Freundin unter den Töchtern«.
   In manchen sprichwörtlichen Redensarten steht die Rose bildlich für die Jungfräulichkeit eines Mädchens (vgl. Goethes ›Heideröslein‹). In bezug auf ein gefallenes Mädchen wird z.B. gesagt: ›Die Rose ist zu früh gepflückt‹ (ebenso niederländisch ›Het roosje is te vroeg geplukt‹).

   Pflücket die Rose,
   Eh' sie verblüht!

heißt es in dem zum Volkslied gewordenen Gedicht ›Freut euch des Lebens‹, das Joh. Martin Usteri 1793 in Zürich verfaßt hat.
   Rosen brechen: das Abbrechen roter Rosen ist nicht nur im Volkslied stets ein erotisches Symbol; Wander (III,1728) zählt zahlreiche Sprichwörter auf, die dieses verhüllende Bild benutzen, so z.B. ›Wer Rosen da will brechen, der scheu die Dornen nicht‹. Im Volkslied heißt es:

   Als ich im Gärtlein war,
   Nahm ich der Blümlein wahr,
   Brach mir ein Röselein,
   Das sollt mein eigen sein.
›Wenn's schneiet rote Rosen‹ ist eine volkstümliche Formel für ›niemals‹, die im Volkslied gern als Umschreibung gebraucht wird, Pfingsten. Auch ein Gedicht von E. Geibel trägt den Titel: ›Wenn es rote Rosen schneit‹.
   Friedrich Rückert dichtete:

   Hatt' ich wirklich dem Wunsche geglaubt
   Daß ihm genüg' am Rosenblatte!
   Wie die Ros' ihm ein Blatt erlaubt,
   Ruht' er nicht, bis die Ros' er hatte.

Auch der ›Rosengarten‹ spielt im Volkslied eine Rolle, er ist ›locus amoenus‹, ein lieblicher Ort der Begegnung der Liebenden, aber auch die euphemistische Umschreibung für den Friedhof, wenn es im Lied heißt:

   Im Rosengarten
   will deiner warten,
   im weißen Schnee,
   im grünen Klee.

Der ›Rosengarten‹ ist, wie K. Ranke nachgewiesen hat, ursprünglich ein altgermanischer Kultplatz gewesen, wo die Toten bestattet waren und wo Recht gesprochen wurde.
   Sie ist einmal bei einer Rose vorbeigegangen: sie bildet sich nur ein, jung und blühend zu sein.
   Von denen, die bei der Heirat auf die Schönheit des Gesichts und nicht auf die Güte des Charakters sehen, sagt Johann Fischart in seinem ›Ehezuchtbüchlein‹, daß sie »die Rose küssen und nicht daran riechen«.
   Unter der Rose reden, Etwas sub rosa sagen: unter dem Siegel der Verschwiegenheit; ›Durch die Blume‹, ›Verblümt‹ ( Blume); schon um 1500 bei dem Prediger Geiler von Kaysersberg: »unter den rosn kosn«. In der Antike war die Rose ein Sinnbild der Verschwiegenheit und der Liebe. Daher schenkt auch das Venuskind Cupido dem Gotte des Schweigens eine Rose, damit dieser über das Treiben seiner Mutter Stillschweigen bewahre. In Klöstern war über dem Tisch eine Rose aufgehängt oder gemalt, ebenso in einem Sitzungszimmer des Bremer Rathauses, als Mahnung, das, was bei Tische gesprochen wurde, zu verschweigen; daher die lateinische Wendung ›sub rosa‹, die seit der Zeit des Humanismus bei uns, wie auch in England, bezeugt und dann mit ›unter der Rose‹ übersetzt worden ist. Von einem Tegernseer Mönch des 15. Jahrhunderts stammen die Verse:

   Quidquid sub rosa fatur
   repetitio nulla sequatur.
   Sint vera vel ficta,
   sub rosa tacita dicta.
   Si quid foris faris
   haud probitate probaris.
In Johann Fischarts ›Bienenkorb‹ von 1579 heißt es: »Sie mögn darvon, wann sie unter den Rosen sitzen mit etlichen Kannen Rheinischen Weins magistralisch disputieren«; 1649 bei Gerlingius (Nr. 176): »Odi memorem compotorem. Was wir hier kosen oder bedryven, dat soll under diser Rosen blyven. Alhie unter der Rosen gesagt«. Ebenso niederländisch ›onder de roos‹, englisch ›under the rose‹.

• M.J. SCHLEIDEN: Die Rose, Geschichte und Symbolik (Leipzig 1873); R. HILDEBRAND: Materialien zur Geschichte des deutsches Volkslieds (Leipzig 1900), S. 113ff.; M. TANTAU und K WEINHAUSEN: Die Rose, ihre Kultur und Verwendung (Stuttgart 1950); K RANKE: Rosengarten, Recht und Totenkult (Hamburg 1951); R.E. SHEPARD: History of the Rose (New York 1954); E. SITTE: Vom Röslein auf der Heiden, in: Der Deutschunterricht 11 (1959), S. 96-111; L. RÖHRICH und R.W. BREDNICH: Deutsche Volkslieder II, S. 394ff.; L. RÖHRICH: Liebesmetaphorik im Volkslied, in: Folklore international ... in honor of W.D. Hand (Hatboro 1967), S. 187-200; ders.: Gebärde – Metapher – Parodie (Düsseldorf 1967), S. 70-72; W. DANCKERT: Symbol, Metapher, Allegorie ... III, S. 1109; W. MIEDER: Sprichwörter im Volkslied, in: Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes 27 (1978), S. 44-71, besonders S. 66-67; G. MEINEL: Pflanzenmetaphorik im Volkslied, in: Jahrbuch für Volksliedforschung 27./28. Jg. 1982/83
(= Festschrift L. Röhrich z. 60. Geburtstag), (Berlin 1982), S. 162-174; P. COATS: Rosen (Essen 1987); G. HEINZ-MOHR und V. SOMMER: Die Rose. Entfaltung eines Symbols (München 1988).

Auf Rosen gebettet sein. Radierung von Chodowiecki: ›Die auf Rosen sanft schlummernde Unschuld‹, 1790. Aus: Jens-Heiner Bauer: Daniel Nikolaus Chodowiecki (Danzig 1726-1801 Berlin): Das druckgraphische Werk. Die Sammlung Wilhelm Burggraf zu Dohna-Schlobitten, Hannover 1982, S. 218, Abbildung 1510.

Unter der Rose reden. Illustration von Hans Burgkmair, Buchholzschnitt aus Thomas Murners ›Schelmenzunft‹, 1512.
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