Redensarten Lexikon
Philister
Philister über dir, Simson! Im Gespräch warnt diese Bemerkung den Angesprochenen vor dem dritten Gesprächspartner. Der Spruch geht zurück auf das Buch der Ri 16,9. Der griechische Kirchenschriftsteller Origines (um 185 n. Chr.) hat schon in der 12. und 13. Homilie über die Genesis, die die Verschüttung der Brunnen Isaaks durch die Philister behandelt (Gen 26,15), diesem Tun der Philister symbolische Deutung gegeben: die Philister hätten nicht nur die Brunnen zugeschüttet, sondern sich selbst den Weg zur geistigen Erkenntnis verschlossen (Büchmann). Die Söldnertruppe Davids (2 Sam 8,18), Philister genannt, gehörte ursprünglich zu den sogenannten Seevölkern, die seit dem 14. Jahrhundert v. Chr. zu Wasser über das Mittelmeer und zu Land über Kleinasien in den alten Vorderen Orient einströmten. Ihre Herkunft ist dunkel. Das A.T. bringt sie mit Kreta in Verbindung: ⇨ Krethi und Plethi.
Ebenfalls auf Richter 16,9 bezog sich die Predigt, die anläßlich der Ermordung eines Jenaer Studenten durch aufgebrachte Bürger der Stadt 1693 von Generalsuperintendent Georg Goetze gehalten wurde. »Dieses Wort ertönte bald in allen Gassen Jenas, und von Stund' an hießen die Bürger daselbst Philister.
Der Ausdruck gefiel und ward von den Studenten auch anderwärts auf Nichtstudenten angewandt« (Eiselein: Sprichwörter und Sinnreden, S. 512).
So sagt man auch: Über jemandem her sein wie die Philister über Simson und meint damit eine Gruppe von Menschen, die einen einzelnen in schwere Bedrängnis bringen.
Das (Schimpf-)Wort ›Philister‹ für einen Bürger ist innerhalb der Studentensprache entstanden und seit 1697 schriftlich belegt: so lautet die Grabinschrift eines am 16.11.1697 erschossenen Bürgers, die von Studenten verfaßt wurde:
Hier liegt ein Goliath von der Philister Schaar,
der dem Apollo zwar mit trotze hohn gesprochen,
doch weil ihm Davids Schuß den schnellen Todt gebahr,
so ist nun dieser Hohn mit Renommee gerochen.
Philister, nemt darbei die teure Warnung ab,
daß ihr der Musen Zeug bey seiner Freyheit laßt
sonst schicken wir euch all ins finstre Todten Grab.
Wo Pluto euren leib in pech und schwefel faßt
(Fr. Kluge, S. 54).
Vorher war der Begriff gebräuchlich für die Wächter und Stadtsoldaten in Jena. Da die Bürgerschaft sich den Studenten gegenüber ähnlich verhielt wie die Ordnungshüter, lag die Bedeutungserweiterung von ›Philister‹ nahe. Ein schlesisches Studentenlied verdeutlicht das wachsame Verhalten der Bürger:
Will man inter pocula
lustig sein und singen,
sind alsbald Philister da,
wollen uns verdringen
(Fr. Kluge, S. 56).
Uber den engherzigen Spießbürger schreibt Goethe:
Was ist ein Philister?
Ein hohler Darm,
mit Furcht und Hoffnung ausgefüllt,
daß Gott erbarm!
(Weimarer Ausgabe 56, S. 104).
Die Bezeichnung ›Bildungsphilister‹ wird vielfach Friedrich Nietzsche zugeschrieben: gegen David Strauß gerichtet, schreibt Nietzsche (1873; Werke, Band 10, S. 475, Ausg. Leipzig 1903): »Der Bildungsphilister aber unterscheidet sich von der allgemeinen Idee der Gattung ›Philister‹ durch einen Aberglauben: er wähnt selber Musensohn und Kulturmensch zu sein«. Doch bestand dieses Schlagwort schon um 1850 (Büchmann).
• H. DONNER: Artikel ›Philister‹ in: Religion in Geschichte und Gegenwart V, Spalte 339-341; FR. KLUGE: Die ältesten Belege für ›Philister‹, in: Zeitschrift für deutsche Wortforschung 1 (1901), S. 50-57; G. KRÜGER: Philister, in: Germanisch-romanische Monatsschrift (1911), S. 116; M. und H. ERLENMEYER: Über Philister und Kreter, in: Orientalia 29 (1960), S. 121-150.
Ebenfalls auf Richter 16,9 bezog sich die Predigt, die anläßlich der Ermordung eines Jenaer Studenten durch aufgebrachte Bürger der Stadt 1693 von Generalsuperintendent Georg Goetze gehalten wurde. »Dieses Wort ertönte bald in allen Gassen Jenas, und von Stund' an hießen die Bürger daselbst Philister.
Der Ausdruck gefiel und ward von den Studenten auch anderwärts auf Nichtstudenten angewandt« (Eiselein: Sprichwörter und Sinnreden, S. 512).
So sagt man auch: Über jemandem her sein wie die Philister über Simson und meint damit eine Gruppe von Menschen, die einen einzelnen in schwere Bedrängnis bringen.
Das (Schimpf-)Wort ›Philister‹ für einen Bürger ist innerhalb der Studentensprache entstanden und seit 1697 schriftlich belegt: so lautet die Grabinschrift eines am 16.11.1697 erschossenen Bürgers, die von Studenten verfaßt wurde:
Hier liegt ein Goliath von der Philister Schaar,
der dem Apollo zwar mit trotze hohn gesprochen,
doch weil ihm Davids Schuß den schnellen Todt gebahr,
so ist nun dieser Hohn mit Renommee gerochen.
Philister, nemt darbei die teure Warnung ab,
daß ihr der Musen Zeug bey seiner Freyheit laßt
sonst schicken wir euch all ins finstre Todten Grab.
Wo Pluto euren leib in pech und schwefel faßt
(Fr. Kluge, S. 54).
Vorher war der Begriff gebräuchlich für die Wächter und Stadtsoldaten in Jena. Da die Bürgerschaft sich den Studenten gegenüber ähnlich verhielt wie die Ordnungshüter, lag die Bedeutungserweiterung von ›Philister‹ nahe. Ein schlesisches Studentenlied verdeutlicht das wachsame Verhalten der Bürger:
Will man inter pocula
lustig sein und singen,
sind alsbald Philister da,
wollen uns verdringen
(Fr. Kluge, S. 56).
Uber den engherzigen Spießbürger schreibt Goethe:
Was ist ein Philister?
Ein hohler Darm,
mit Furcht und Hoffnung ausgefüllt,
daß Gott erbarm!
(Weimarer Ausgabe 56, S. 104).
Die Bezeichnung ›Bildungsphilister‹ wird vielfach Friedrich Nietzsche zugeschrieben: gegen David Strauß gerichtet, schreibt Nietzsche (1873; Werke, Band 10, S. 475, Ausg. Leipzig 1903): »Der Bildungsphilister aber unterscheidet sich von der allgemeinen Idee der Gattung ›Philister‹ durch einen Aberglauben: er wähnt selber Musensohn und Kulturmensch zu sein«. Doch bestand dieses Schlagwort schon um 1850 (Büchmann).
• H. DONNER: Artikel ›Philister‹ in: Religion in Geschichte und Gegenwart V, Spalte 339-341; FR. KLUGE: Die ältesten Belege für ›Philister‹, in: Zeitschrift für deutsche Wortforschung 1 (1901), S. 50-57; G. KRÜGER: Philister, in: Germanisch-romanische Monatsschrift (1911), S. 116; M. und H. ERLENMEYER: Über Philister und Kreter, in: Orientalia 29 (1960), S. 121-150.