Redensarten Lexikon
Pfau
Etwas ist wie ein Pfau ohne Schwanz: etwas ist nichts wert.    Dem Schwanz der Pfauen galt schon in frühester Zeit das Interesse der Völker: in seinem Herkunftsland Indien sieht man im radschlagenden Pfau ein Abbild des gestirnten Firmaments. In Griechenland war der durch sein Federkrönchen ausgezeichnete königliche Pfau als ein dem Luftraum zugehöriges Tier der Himmelskönigin Hera heilig. Die ersten Christen nahmen sich die Pfauenvorstellungen der Römer zum Vorbild, die Jenseitsvorstellungen vom Paradies entsprachen den Luxusgärten der dekorativen römischen Wandmalerei mit Pfauen und Brunnen. Der Pfau wurde zum Sinnbild des ewigen Lebens, der erlösten Seele und der Wiedergeburt. Letztere Vorstellung beruht vor allem auf einem Bericht des Plinius (›Naturgeschichte‹ Band 20, Kapitel 20): im Frühling gewinne der Pfau sein Gefieder und die Schwanzfedern wieder.
   War der Pfau in der frühchristlichen Zeit ein positives Symbol der Reinheit (Augustinus berichtet, Pfauenfleisch sei unverweslich. ›De Civitate Dei‹ XXI,4) und Erlösung, so wurde er in späterer Zeit ein Sinnbild des Hochmuts und der Eitelkeit. In der christlichen Symbolik war der Pfau vor allem ein Bild für die ›superbia‹ und hatte deshalb in den bildlichen Darstellungen der Todsünden eine ikonographisch festgelegte Bedeutung.
   Ganz anders bei Walther von der Vogelweide (19,32): »dô gienc ich slîchent als ein pfâwe«. Hier ist der Pfau nach alter kirchlicher Überlieferung das Bild der Demut.
   Der redensartliche Vergleich Sich spreizen wie ein Pfau ist höchst anschaulich und ohne weiteres verständlich: ›sie gênt als die pfawen‹ heißt es schon im späten Mittelalter von solchen, die sich prunksüchtig zeigen.
   Hugo von Trimberg führt im Lehrgedicht ›Der Renner‹ (V.1733ff.) den Vergleich an einem stolzen Krähenmännchen näher aus:

   er gienc stolzieren hin und her
   rechte als er ein phâwe wêr;
   er nam im mangen tummen ganc
   und tet ouch mangen ümmeswanc
   mit den vedern swâ er gienc.

Bei Hans Sachs bieten sich dem Fuchs, der auf die Wallfahrt gehen will, allerlei Tiere zu Gefährten an, auch der Pfau:

   Der fuechs sprach: Sich nem dich nit on,
   Weil du durch dein vergülten Schwanz
   Dich heltst rumreich und prechtig ganz,
   Hoffart und Hochmut stecz nach trachst,
   Alle ander neben dir verachst‹.

Vgl. auch die Wendung Stolz wie ein Pfau sein; schon Ovid bestätigte dem Pfau die ›superbia‹ in den ›Metamorphosen‹ (XIII,802), wo er die spröde Galathea ›superbior pavone‹ (stolzer als ein Pfau) nennt.
   Das ›Pfauenauge‹, das mit dem bösen Blick in Verbindung gebracht wurde, diente u.a. im kirchlichen und liturgischen Dienst als magisches Schutzmittel, Argusaugen.
   Der ›Pavane‹ (Pfauentanz) der höfischen Kultur war ein Prachttanz, langsam und zierlich, bei dem man sich in prunkenden Gewändern zeigte. In Bayern sagt man noch heute über jemanden, der großtuerisch auftritt und einen schlechten Charakter besitzt: ›Außen wie a Pfau, innen wia a Sau‹.
   Der berühmte ›Pfauenthron‹ des ehemaligen persischen Monarchen stammt aus Indien; bis 1739 stand er in Delhi. Er wurde aus 27 000 Smaragden, Diamanten und Rubinen gefertigt und seine Rückenlehne dem Pfauenrad nachgebildet.

• ANONYMUS: De Pauwen komen in het Land met de Waels, op Thorouts feeste, in: Vlaamsch Museum 1 (1855), S. 214; O. KELLER: Antike Tierwelt 2 (Leipzig 1913), S. 148; E. LNGERSOLL: Birds in Legend, Fable and Folklore (New York 1923), S. 141-147; H. LOTHER: Der Pfau in der altchristlichen Kunst (Leipzig 1929); SCHNEEWEIS: Artikel ›Pfau‹, in: Handbuch des Aberglaubens VI, Spalte 1568-1770; TH. W. DANZEL: Symbole, Dämonen und heilige Tiere (Hamburg 1950); E. TH. REIMBOLD: Der Vogel, ein Bild der Seele in Mythen und Märchen, in: Miszellen (1977), S. 153; E. TH. REIMBOLD: Der Pfau, Mythologie und Symbolik (München 1983); J. LEIBBRAND: Speculum Bestialitatis. Die Tiergestalten der Fastnacht und des Karnevals im Kontext christlicher Allegorese (Diss. Freiburg i. Br. 1986), S. 126ff.; E. UND L. GATTIKER: Die Vögel im Volksglauben (Wiesbaden 1989), S. 553-559.

Stolz wie ein Pfau. ›Svperbia‹, aus der Folge der Todsünden, 1556/57, Bibliothek Albert Ter, Brüssel.

Stolz wie ein Pfau. Steinhöwel: Esopus, Fabel vom Pfau und Kranich.

Stolz wie ein Pfau. Zeichnung von Wilhelm Scholz (Unser Stolz, 1884), Bismarck-Album, S. 162.
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