Redensarten Lexikon
Pappenstiel
Das ist doch kein Pappenstiel: das ist keine Kleinigkeit; vgl. französisch ›Une paille‹ (Strohhalm).    Etwas für einen Pappenstiel kaufen (hergebe): sehr billig und dergleichen ›Pappenstiel‹ hat in diesen Redensarten nichts mit ›Pappe‹ zu tun, sondern ist eine Klammerform für ›Pappenblumenstiel‹ d.i. der Stiel des Löwenzahns (niederdeutsch ›Papenblome‹, oberdeutsch Pfaffenröhrlein, aus griechisch-lateinisch ›pappus‹ = ›Samen-, Federkrone‹ umgedeutet). Der Pappenblumenstiel, den die Kinder zu allerlei Spielereien verwenden können, wurde zum Sinnbild des Wertlosen und hat sich in einen ›Pappenstiel‹ verwandelt. Dieser Sinn des Wortes ist seit 1691 durch K. Stieler in ›Der Teutschen Sprache Stammbaum‹ (2163) bezeugt: »Nicht ein Pappenstiel / ne hilum quidem«. Auch aus älterem ›Pappelstiel‹ (Malvenstiel) ist die Redensart erklärt worden, ›Pappelstiel‹ heißt es z.B. in Hans Kirchhoffs ›Wendunmuth‹ (194b); in einem historischen Volkslied aus dem Jahre 1502 (Liliencron 2,480) steht dafür ›Pfifferstiel‹, d.h. Stiel des Pfifferlings. Der Sinn ist derselbe.
   Hans Dittrich (›Pappenstiel‹, in: Zeitschrift Muttersprache, Jg. 62,1. Heft, S. 25. lehnt die bisherigen Deutungen ab und verweist auf die Dissimilation, einen häufiger zu beobachtenden lautlichen Wechsel, in der Wortnaht von l zu n. Er setzt deshalb als Ausgangsform ›Pappelstiel‹ an. Dabei stützt er sich auf die Stelle im ›Wendunmuth‹ von 1503 und auf eine Angabe im Deutschen Wörterbuch, Band VII, Spalte1447, wo es unter dem Stichwort›Pappenstiel‹ heißt: »im Sinne des älteren pappelstiel und vielleicht daraus verderbt«. Dittrich deutet nun aber den ›Pappelstiel‹ nicht wie Weigand (Deutsches Wörterbuch 6. Auflage) als Stiel der Malve, sondern, von praktischen Überlegungen ausgehend, überzeugender als ›Stiel aus Pappelholz‹. Bei Handwerkern und Bauern, die Werkzeuge benutzen, ist allgemein bekannt, daß sich ein Stiel aus Pappelholz wenig eignet. Das Pappelholz ist zu weich und deshalb brüchig. Eschen- oder Akazienholz werden für Stiele verwendet. Ist ein Werkzeug nur mit einem Pappelholzstiel versehen, ist es also wertlos und darum sehr billig. Zu dieser Erklärung kann man auch noch die Redensarten (Nur) einen Pappenstiel kosten: fast nichts, nur so wenig wie ein Stiel aus Pappelholz kosten, und Keinen Pappenstiel wert sein: unbrauchbar, nichts wert sein, heranziehen.

• H. DITTRICH: Pappenstiel, in: Muttersprache 62,1, S. 25.
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