Redensarten Lexikon
Ofen
Der Ofen will einfallen: die Schwangere wird bald gebären; Der Ofen ist eingefallen: die Frau hat entbunden. Man hat hier wohl an den ⇨ Backofen zu denken, dessen älteste Form ein mit einem runden oder ovalen tönernen Gewölbe umspannter Herd war. Diese alte Redensart ist mundartlich weit verbreitet. Unklar ist, ob und wie damit die z.B. aus dem Erzgebirge und aus Bayern bezeugte Redensart zusammenhängt: ›Da möchte man ja gleich den Ofen einschmeißen‹, die man vor Erstaunen über einen unerwarteten Besuch anwendet; vgl. auch sächsisch ›aus der hintersten Ofenkachel stammen‹, weitläufig verwandt sein. In Nachbars Ofen backen: sexuelle Beziehungen zur Nachbarin haben.
In einem Ofen gebacken sein: vom selben Schlag, Stamm sein; vgl. französisch ›etre de la même fournée‹. In Schillers ›Räubern‹ heißt es: »Das ist dein Bruder! Das ist verdolmetscht: Er ist eben aus dem Ofen geschossen worden, aus dem du geschossen bist« (II,26).
In einen kalten Ofen blasen: unnützes Zeug treiben, etwas an der falschen Stelle versuchen, sich erfolglos bemühen, auch: Kinder mit einer frigiden, unfruchtbaren Frau zeugen wollen.
Jetzt ist der Ofen heiß: die Gelegenheit ist günstig.
Der Ofen ist nicht für ihn geheizt: es geschieht nicht seinetwegen.
Geht es einem Unternehmen finanziell gut, so raucht der Ofen; ⇨ Schornstein.
Ist eine Person anwesend, die das gerade geführte Gespräch nicht hören soll, so sagt man zur Information der anderen: Es ist ein Ofen im Zimmer.
Er hat erst aus einem Ofen Brot gegessen: er ist noch nicht von zu Hause fortgekommen.
Von einem Harmlosen sagt man rheinhessisch ›Er beißt keine Ofenschrauben ab‹.
Dem Ofen sein Leid klagen, ›Etwas Geheimes dem Ofen sagen‹, ›Den Ofen um etwas bitten‹, niederdeutsch ›dem Ofen vertellen‹. Diese Wendungen beziehen sich auf den Brauch der Ofenbeichte; sie sind darüber hinaus im Märchen (z.B. Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 89 und 91) konkretisiert. Nach einer Luzerner Sage (Deutsche Sagen der Brüder Grimm 519) rettet ein durch einen Schwur gebundener Junge die Stadt vor den verschworenen österreichisch Gesinnten, indem er den Ofen in der Metzgerstube anredete:
O Ofen, Ofen, ich muß dir klagen,
Ich darf es keinem Menschen sagen ...
W. Baumgartner sieht den ältesten Beleg für die Ofenbeichte in der 11. Tafel des Gilgamesch-Epos, wo ein Geheimnis, das niemand erzählt werden darf, einer Wand anvertraut wird; der Plauderer durchkreuzt so bewußt einen geheimen Plan der Götter, denn er weiß, daß hinter der Rohrstockwand sein Schützling liegt und den Hinweis versteht. (Vgl. Ungnad-Graßmann: Das Gilgameschepos,1911, S. 53 und S. 192).
Den Ofen anbeten: noch um 1860 betete man bei Sonnenfinsternis in der Oberpfalz und in Böhmen dem Ofen zugewandt und warf Tannenzweige und Brosamen ins Feuer (Handbuch des Aberglaubens VI, Spalte 1192). Das scherzhaft gemeinte Gebet einer Heiratslustigen lautet: ›Lieber Ofen, i bet di a, du brauchst Holz und i en Ma‹. In Sachsen heißt der Spruch: ›Lieber Ofen, ich bet' dich an, du hast keine Frau und ich kein'n Mann‹.
Eine Shakespearesche Redewendung ist bei Annette von Droste-Hülshoff in ›Bei uns zu Lande auf dem Lande‹ (Sämtliche Werke, hg. von E. Arens, Leipzig o.J., 5, S. 77) zu finden: »Diese junge Rheinländerin stiftet überhaupt einen greulichen Brand im Schlosse an: die westfälischen Herzen seufzen ihretwegen wie Öfen«.
Denn in Shakespeares ›As you like it‹, Akt II, 7, beinhaltet der berühmte Monolog »All the world's a stage, And all the men and women merely playes« dieselbe Redensart: »And then the lover, sighing like furnace ...« To ›sigh‹ bedeutet seufzen, einen langgezogenen Ton von sich geben und wird auch für das Geräusch angewandt, das grüne Scheiter im glühenden Ofen verursachen. Im Deutschen steht dafür jedoch ›singen‹.
Damit lockt man keinen Hund vom Ofen ⇨ Hund.
Gegen den Ofen gähnen ⇨ Backofen.
Der Ofen ist aus: die Geduld ist zu Ende; die Lage ist nicht mehr zu retten; Ausdruck der Ablehnung (soldatensprachlich seit 1939).
Umgangssprachlich heißt ein leistungsstarkes Motorrad ›Heißer Ofen‹.
• R. SPRENGER: Eine Shakespearesche Redewendung bei Annette von Droste-Hülshoff: Seufzen wie Öfen, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literatur 115 (1905), S. 176-177; W. BAUMGARTNER: Antworten und Nachträge: Ofenbeichte, in: Schweizer Volkskunde 15 (1925), S. 38; V.V. GERAMB: Artikel ›Ofen‹, in: Handbuch des Aberglaubens VI, Spalte 1188-1199; C.I. ONIONS: Gaping against an oven, in: Medium Aevum 9 (1940), S. 8687.
In einem Ofen gebacken sein: vom selben Schlag, Stamm sein; vgl. französisch ›etre de la même fournée‹. In Schillers ›Räubern‹ heißt es: »Das ist dein Bruder! Das ist verdolmetscht: Er ist eben aus dem Ofen geschossen worden, aus dem du geschossen bist« (II,26).
In einen kalten Ofen blasen: unnützes Zeug treiben, etwas an der falschen Stelle versuchen, sich erfolglos bemühen, auch: Kinder mit einer frigiden, unfruchtbaren Frau zeugen wollen.
Jetzt ist der Ofen heiß: die Gelegenheit ist günstig.
Der Ofen ist nicht für ihn geheizt: es geschieht nicht seinetwegen.
Geht es einem Unternehmen finanziell gut, so raucht der Ofen; ⇨ Schornstein.
Ist eine Person anwesend, die das gerade geführte Gespräch nicht hören soll, so sagt man zur Information der anderen: Es ist ein Ofen im Zimmer.
Er hat erst aus einem Ofen Brot gegessen: er ist noch nicht von zu Hause fortgekommen.
Von einem Harmlosen sagt man rheinhessisch ›Er beißt keine Ofenschrauben ab‹.
Dem Ofen sein Leid klagen, ›Etwas Geheimes dem Ofen sagen‹, ›Den Ofen um etwas bitten‹, niederdeutsch ›dem Ofen vertellen‹. Diese Wendungen beziehen sich auf den Brauch der Ofenbeichte; sie sind darüber hinaus im Märchen (z.B. Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 89 und 91) konkretisiert. Nach einer Luzerner Sage (Deutsche Sagen der Brüder Grimm 519) rettet ein durch einen Schwur gebundener Junge die Stadt vor den verschworenen österreichisch Gesinnten, indem er den Ofen in der Metzgerstube anredete:
O Ofen, Ofen, ich muß dir klagen,
Ich darf es keinem Menschen sagen ...
W. Baumgartner sieht den ältesten Beleg für die Ofenbeichte in der 11. Tafel des Gilgamesch-Epos, wo ein Geheimnis, das niemand erzählt werden darf, einer Wand anvertraut wird; der Plauderer durchkreuzt so bewußt einen geheimen Plan der Götter, denn er weiß, daß hinter der Rohrstockwand sein Schützling liegt und den Hinweis versteht. (Vgl. Ungnad-Graßmann: Das Gilgameschepos,1911, S. 53 und S. 192).
Den Ofen anbeten: noch um 1860 betete man bei Sonnenfinsternis in der Oberpfalz und in Böhmen dem Ofen zugewandt und warf Tannenzweige und Brosamen ins Feuer (Handbuch des Aberglaubens VI, Spalte 1192). Das scherzhaft gemeinte Gebet einer Heiratslustigen lautet: ›Lieber Ofen, i bet di a, du brauchst Holz und i en Ma‹. In Sachsen heißt der Spruch: ›Lieber Ofen, ich bet' dich an, du hast keine Frau und ich kein'n Mann‹.
Eine Shakespearesche Redewendung ist bei Annette von Droste-Hülshoff in ›Bei uns zu Lande auf dem Lande‹ (Sämtliche Werke, hg. von E. Arens, Leipzig o.J., 5, S. 77) zu finden: »Diese junge Rheinländerin stiftet überhaupt einen greulichen Brand im Schlosse an: die westfälischen Herzen seufzen ihretwegen wie Öfen«.
Denn in Shakespeares ›As you like it‹, Akt II, 7, beinhaltet der berühmte Monolog »All the world's a stage, And all the men and women merely playes« dieselbe Redensart: »And then the lover, sighing like furnace ...« To ›sigh‹ bedeutet seufzen, einen langgezogenen Ton von sich geben und wird auch für das Geräusch angewandt, das grüne Scheiter im glühenden Ofen verursachen. Im Deutschen steht dafür jedoch ›singen‹.
Damit lockt man keinen Hund vom Ofen ⇨ Hund.
Gegen den Ofen gähnen ⇨ Backofen.
Der Ofen ist aus: die Geduld ist zu Ende; die Lage ist nicht mehr zu retten; Ausdruck der Ablehnung (soldatensprachlich seit 1939).
Umgangssprachlich heißt ein leistungsstarkes Motorrad ›Heißer Ofen‹.
• R. SPRENGER: Eine Shakespearesche Redewendung bei Annette von Droste-Hülshoff: Seufzen wie Öfen, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literatur 115 (1905), S. 176-177; W. BAUMGARTNER: Antworten und Nachträge: Ofenbeichte, in: Schweizer Volkskunde 15 (1925), S. 38; V.V. GERAMB: Artikel ›Ofen‹, in: Handbuch des Aberglaubens VI, Spalte 1188-1199; C.I. ONIONS: Gaping against an oven, in: Medium Aevum 9 (1940), S. 8687.