Redensarten Lexikon
Nichtschen
Ein goldenes Nichtschen in einem silbernen Büchschen! sagt man redensartlich den Kindern auf die neugierige Frage, was man ihnen wohl mitgebracht habe. Die Wendung, eine kindertümlichpoetische Umschreibung für das absolute Nichts, ist in zahlreichen volkstümlichen Variationen bekannt (z.B. wienerisch ›a goldenes Nixerl in an' sülbernen Bixerl!‹; hannoveranisch ›ein silbernes Nichtschen und ein goldenes Warteinweilchen!‹). Das Alter der Redensart läßt sich bisher nicht festlegen, da unsere Zeugnisse keine besondere zeitliche Tiefe erreichen. Dagegen scheint die Verbreitung einigermaßen deutlich: das ›goldene Nixerl im silbernen Büxerl‹ ist süddeutsch, besonders in den Alpen- und Donauländern wie im Sudetenland beheimatet. Für den Böhmerwald bezeugt es etwa Hans Watzlik in der kleinen Erzählung ›Einöde im Schnee‹; dort ist der Vater am Weihnachtsabend gezwungen, seinen Kindern zu sagen: »Ach, diesmal kriegt ihr wirklich nur ein silbernes Nichtslein in einem goldenen Büchslein«. In dieser einfachen, durch den Reim gebundenen Form wird immer das ›Nichts‹ als ein ›Etwas‹ aufgefaßt und dementsprechend sogar ein Behälter dazu erfunden. Den gleichen Weg geht die Redensart in der Schweiz, wenn man in Kerenz (Kanton Glarus) den Kindern verspricht: ›ä golldis niänäwägäli und ä sillberis nütali‹, d.h. ein goldenes Nirgendswägelchen und ein silbernes Nichtschen. Im Westen und Nordwesten ist die andere Fassung der Redensart beheimatet. In Westfalen sagt man ähnlich wie in Hannover: ›En golden Niksken un en sülwern Wacht en Bietken‹. Nicht nur das ›Nichts‹ ist hier zum ›Etwas‹ erhoben, sondern auch eine Wortformel, das vertröstende ›Wart ein Weilchen‹, zum Gegenstand gemacht. Dies ist die Fassung, die Clemens Bretano von Kindheit an gefesselt haben muß. Aus der Kinderzeit nimmt er sie in seinen persönlichen Sprachgebrauch herüber und schreibt z.B. am 1. Januar 1802 an seinen Schwager Savigny aus Weimar: »Die Brüder von Terenz, die ich hier nach Einsiedels Übersetzung mit Masken gesehen habe, machen ganz den Eindruck einer Scheibe Lachs mit Essig und Pfeffer für einen Satten. Wallensteins Lager kam hinterher, und die beiden Stücke waren wie ein silbernes Nichtschen und ein goldenes Warteweilchen«. In ›Des Knaben Wunderhorn‹ hat er dann die Redensart als Sprüchlein übernommen und erweitert:
Ich schenk dir was,
Was ist denn das?
Ein silbernes Warteinweilchen
Und ein goldnes Nixchen
In einem niemalenen Büchschen.
• L. SCHMIDT: Wiener Redensarten 9. Das goldene Nichtschen, in: Das deutsche Volkslied 46 (1944), S. 77f.; R. LUDWIG: Das silberne ›Wart ein Weilchen‹, in: Die Frau. Blätter der Frankfurter Zeitung, 28.12.1942.
Ein goldenes Nichtschen in einem silbernen Büchschen! sagt man redensartlich den Kindern auf die neugierige Frage, was man ihnen wohl mitgebracht habe. Die Wendung, eine kindertümlichpoetische Umschreibung für das absolute Nichts, ist in zahlreichen volkstümlichen Variationen bekannt (z.B. wienerisch ›a goldenes Nixerl in an' sülbernen Bixerl!‹; hannoveranisch ›ein silbernes Nichtschen und ein goldenes Warteinweilchen!‹). Das Alter der Redensart läßt sich bisher nicht festlegen, da unsere Zeugnisse keine besondere zeitliche Tiefe erreichen. Dagegen scheint die Verbreitung einigermaßen deutlich: das ›goldene Nixerl im silbernen Büxerl‹ ist süddeutsch, besonders in den Alpen- und Donauländern wie im Sudetenland beheimatet. Für den Böhmerwald bezeugt es etwa Hans Watzlik in der kleinen Erzählung ›Einöde im Schnee‹; dort ist der Vater am Weihnachtsabend gezwungen, seinen Kindern zu sagen: »Ach, diesmal kriegt ihr wirklich nur ein silbernes Nichtslein in einem goldenen Büchslein«. In dieser einfachen, durch den Reim gebundenen Form wird immer das ›Nichts‹ als ein ›Etwas‹ aufgefaßt und dementsprechend sogar ein Behälter dazu erfunden. Den gleichen Weg geht die Redensart in der Schweiz, wenn man in Kerenz (Kanton Glarus) den Kindern verspricht: ›ä golldis niänäwägäli und ä sillberis nütali‹, d.h. ein goldenes Nirgendswägelchen und ein silbernes Nichtschen. Im Westen und Nordwesten ist die andere Fassung der Redensart beheimatet. In Westfalen sagt man ähnlich wie in Hannover: ›En golden Niksken un en sülwern Wacht en Bietken‹. Nicht nur das ›Nichts‹ ist hier zum ›Etwas‹ erhoben, sondern auch eine Wortformel, das vertröstende ›Wart ein Weilchen‹, zum Gegenstand gemacht. Dies ist die Fassung, die Clemens Bretano von Kindheit an gefesselt haben muß. Aus der Kinderzeit nimmt er sie in seinen persönlichen Sprachgebrauch herüber und schreibt z.B. am 1. Januar 1802 an seinen Schwager Savigny aus Weimar: »Die Brüder von Terenz, die ich hier nach Einsiedels Übersetzung mit Masken gesehen habe, machen ganz den Eindruck einer Scheibe Lachs mit Essig und Pfeffer für einen Satten. Wallensteins Lager kam hinterher, und die beiden Stücke waren wie ein silbernes Nichtschen und ein goldenes Warteweilchen«. In ›Des Knaben Wunderhorn‹ hat er dann die Redensart als Sprüchlein übernommen und erweitert:
Ich schenk dir was,
Was ist denn das?
Ein silbernes Warteinweilchen
Und ein goldnes Nixchen
In einem niemalenen Büchschen.
• L. SCHMIDT: Wiener Redensarten 9. Das goldene Nichtschen, in: Das deutsche Volkslied 46 (1944), S. 77f.; R. LUDWIG: Das silberne ›Wart ein Weilchen‹, in: Die Frau. Blätter der Frankfurter Zeitung, 28.12.1942.