Redensarten Lexikon
Nerven
Nerven haben wie Drahtseile (auch: wie Dreierstricke, wie ein Batzenstrick, wie Kupferdrähte, wie breite Nudeln, wie Nylonseile): starke Nerven haben, sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen, sich nicht aufregen; vgl. französisch ›avoir des nerfs d'acier‹ (aus stahl).    Knitterfreie Nerven (knitterfeste Nerven) haben: seelisch unerschütterlich sein (hergenommen aus der modernen Textiltechnik); ebenso Gußeiserne Nerven haben.
   Sonnige Nerven (einen sonnigen Nerv) haben: wunderliche Einfälle haben, beschränkt sein, wobei ›sonniger Nerv‹ das sonst üblichere ›Sonnige Gemüt‹ umschreibt.
   Jemandem den letzten Nerv rauben (töten, kosten), Jemandem die Nerven klauen: jemandem die Fassung rauben, jemanden die Geduld verlieren lassen; die Redensarten sind eine moderne Weiterbildung der Grundvorstellung Die Nerven verlieren, französisch ›mettre quelqu'un â bout de nerf‹, ähnlich ›être a bout de nerfs‹: mit seiner Nervenkraft am Ende sein.
   Das sägt meine Nerven an: das macht mich leicht nervös, raubt mir meine Fassung; vgl. französisch ›Cela me tape sur les nerfs‹ (wörtlich: Das schlägt mir auf die Nerven).
   Auf einem Nerv bohren: auf Empfindliches anspielen (wahrscheinlich aus der zahnärztlichen Praxis genommen).
   Jemandem die Nerven auf Zwirnsrollen drehen: ihn sehr nervös machen; die Nerven als ›Geduldsfäden‹ werden wie Zwirn auf Rollen gedreht; vgl. ›mettre à quelqu'un les nerfs en pelote‹.
   Jemandem auf die Nerven gehen: jemanden sehr ärgern, zur Last fallen; Auf den Wecker gehen, Wecker.
   Du hast vielleicht Nerven!: Du stellst vielleicht sonderbare Forderungen!
   Den Nerv haben: den Mut haben; sich etwas zutrauen, anmaßen.
   Den richtigen Nerv haben: das richtige Verfahren wählen.
   Sie hat 'ne Nerve: sie ist ein empfindsames Frauenzimmer; auch: ›Dafür hab' ich ne Nerve‹, das kann ich nicht.
   Keinen Nerv für etwas haben: keine Geduld dafür haben, an etwas Schwierigem, Mühsamem, Zeitraubendem uninteressiert sein.
   Nerven behalten Ruhe bewahren, sich nicht aus der Fassung bringen lassen, in einer schwierigen Situation überlegt handeln; vgl. französisch ›Allons! du nerf!‹ (wörtlich: Wohlan, nur Nerven!), im Sinne von: Nur Mut! Nerven behalten!
   Den nervus rerum treffen: die peinliche Geldfrage aufwerfen. Mit ›nervus rerum‹ (lateinisch ›der Nerv der Dinge‹) wird scherzhaft das Geld umschrieben. Nach Sextus Empiricus hat zuerst der griechische Philosoph Krantor (um 340-275 v. Chr.) das Geld ›neyra ton praxeon‹ genannt. Die lateinische Form wurde erstmals von Cicero (106-43 v. Chr.) angewandt.
   Das Nervenfieber haben: volkstümlich für Typhus haben.
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