Redensarten Lexikon
Neid
Das ist der blasse Neid! (der ihm da aus den Augen schaut) sagt man von einem, der etwas neidisch betrachtet; darum auch: Blaß vor Neid sein, Platzen vor Neid, letzteres schon bei Horaz (Sat. II, 3,314) und Vergil (Ecl. 7,26).    Ähnlich auch in Sprichwörtern: ›Wenn der Neid in den Spiegel schaut, muß er sich schämen‹; ›Der Neid ist eine Natter, ist eine Eule, die das Licht eines fremden Glückes nicht ertragen kann‹. Den wird der Neid noch selber auffressen; Der Neid sieht ihm aus den Augen heraus (niederländisch ›de nijd zieht hem oogen uit‹); grotesk verstärkt: schwäbisch ›der Neid guckt ihm aus dem Arsch heraus‹; ›der Neid reitet ihn‹. In allen diesen Sprichwörtern und Redensarten ist der Neid personifiziert gedacht. Daher kann man auch von dem ›Blassen Neid‹ reden; auch ›gelb‹ ist die Farbe des Neides. Sebastian Brant entwirft im ›Narrenschiff‹ (53, 10ff.). nach dem Muster von Ovids ›Metamorphosen‹ (II,740ff.) folgendes Bild vom Neid; dabei denkt er ihn sich, trotz des grammatischen Geschlechts im Deutschen, als ein weibliches Wesen, beeinflußt durch die Vorstellung von lateinischen ›invidia‹:

   Wann sie jr ettwas gantz setzt für
   So hat keyn ruw sy, tag noch nacht,
   Biß sie jr anschlag hat vollbracht
   So lieb is jr keyn schloff noch freyd,
   Das sie vergeß irs hertzen leyd
   Dar umb hat sie eyn bleichen mundt
   Dürr, mager, sie ist wie ein hundt
   Jr ougen rott, vnd sicht nyeman
   Mitt gantzen vollen ougen an.

Das muß ihm der Neid lassen; man muß ihm Anerkennung zollen, wenn es auch widerwillig geschieht; trotz aller möglichen Einschränkungen ist sein Geschick, seine Leistung beachtlich.
   Den Neid der Götter fürchten: sich vor bösen Schicksalsschlägen fürchten; diese poetische Formel ist aus dem griechischen Götterglauben entstanden, nach dem die Götter auch neidisch auf Menschen sein können (Hybris). Schiller verwendet die Redensart im ›Ring des Polykrates‹ (1798): »Mir grauet vor der Götter Neide«.
   Ein Neidhammel sein: immerzu auf alle Leute neidisch sein. Das Wort erscheint in Texten des 16. Jahrhunderts als ›neidhemel‹ und wird im 17. Jahrhundert geläufig. Es wurde in Anlehnung an ›Streithammel‹ gebildet. Die Farben des Neids sind vorwiegend Grün und Gelb; vielleicht haben die grüngelben Augen eines Hammels den Ausschlag für diese Wortbildung gegeben. Freidank schreibt:
   grünen gel und weitîn
   sol din nitvarwe sîn.

›Neidhals‹ oder›Neidkragen‹ sind analoge Bildungen zu ›Geizhals‹ oder ›Geizkragen‹.
   Einen Neidnagel haben: einen Finger oder Zehnagel haben, an dem ein kleines Stück an der Seite schmerzhaft abgespalten ist. Im Volksglauben gilt der Besitz eines Neidnagels als ein Hinweis auf eine neidische Person. In Anlehnung an ›nieten‹ = schmerzen, drücken, heißt dieser Nagel auch ›Nietnagel‹.

• H. SCHOECK. Der Neid. Eine Theorie der Gesellschaft (Freiburg – München 1966).
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