Redensarten Lexikon
Nagelprobe
Die Nagelprobe machen: ist ein Trinkerbrauch, der darin besteht, daß man ein auf das Wohl jemandes geleertes Trinkgefäß umgekehrt über den Daumennagel der linken Hand hält, zum deutlichen Beweis dafür, daß der Becher bis auf den letzten Tropfen geleert worden ist. Diese schon altskandinavisch bezeugte Sitte wird in Deutschland 1494 von Sebastian Brant im ›Narrenschiff‹ (1 10a, 109ff.) mit anderen närrischen Trinkerbräuchen ausführlich beschrieben:
   Das drinckgeschyrr heben sie entbor
   Vnd bringent eym eyn früntlich drunck,
   Do mit der becher mach glunck glunck,
   Vnd meynen do mit andere eren
   Das sie den becher vor umb keren.
   Ich darff der selben hoffzucht nit,
   Das man mir vor das glaß vmb schüt
   Oder man mich zu drincken bitt.

Johann Fischart nennt in seiner ›Geschichtklitterung‹ von 1575 die Nagelprobe ›das Säuferisch Nägleinklopffen‹. Der Ausdruck Nagelprobe ist zuerst in einer Hoftrinkordnung des sächsischen Kurfürsten Christian II. (gest. 1611) nachgewiesen; die Redensart ist auch latinisiert worden: ›super nagulum trinken‹, was sogar ins Englische (dort seit 1592 belegt)
und ins Französische gedrungen ist (englisch ›to drink super nagulum‹, auch ›to make a pearl on your nail‹; französisch ›boire rubis sur l'ongle‹, und im Lied: ›Ils faisaient en les renversant / Un super nagle allemand‹; oder ›payer rubis sur l'ongle‹ im Sinne von: seine Schuld restlos begleichen). Durch Bundeskanzler H. Kohl wurde diese Redensart wieder aktualisiert: »Machen wir doch einmal die Nagelprobe« gebraucht er im Sinne von ›lassen wir es doch einmal darauf ankommen‹.
   ›Die Nagelprobe machen‹: etwas genau prüfen, ist auch ein Ausdruck aus der Druckersprache. Mit dem Nagel prüft der Drucker die Laufrichtung des Papiers, bevor er es in die Maschine einlegt. Diese Probe ist notwendig, damit das Papier beim Binden sich nicht wellt. Die Probe ist erst mit der maschinellen Herstellung des Papiers aufgekommen; beim handgeschöpften Büttenpapier war sie nicht nötig.
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