Redensarten Lexikon
Nabel
Sich für den Nabel der Welt halten: sich für den Mittelpunkt halten, um den sich alles dreht.    Die griechische Mythologie hat als ›Nabel der Welt‹ den Omphalos-Stein zu Delphi angesehen (griech: Nabel). Man nahm an, daß sich hier kosmische Bereiche des Himmels, der Erde und der Hölle berührten und die Schöpfung der Welt ihren Anfang genommen habe. Der Omphalosstein im Tempel Apollos wurde im 7. Jahrhundert v. Chr. errichtet und nach zweimaliger Zerstörung durch Feuer und Erdbeben 369-323 v. Chr. wieder aufgestellt. Einen derartigen Stein gibt es auch in Rom auf dem Forum Romanum, den ›Nabel der Stadt Rom‹, umbilicus urbis Romae. Auch der Berg Garizim (Ri 9, 37) galt als Nabel der Erde, von dem es heißt: Gaal aber setzte seine Reden fort und sprach: »Siehe doch, Krieger steigen vom Nabel des Landes herunter, und eine Gruppe kommt gar von der Wahrsager-Eiche her«.
   Jemandem den Nabel reindrücken: jemanden demütigen, kleinkriegen wollen. Vor allem in Bayern ist als Drohung ›Deam will i de Nabel scho 'neidrucka‹ gebräuchlich.
   Nabelschau betreiben: sich mit sich selbst beschäftigen, in Gedanken nur um sich selbst kreisen; etwas Unwichtigem zu große Aufmerksamkeit schenken. In der Joga-Praxis bedeutet die Nabelschau jedoch die meditative Betrachtung des eigenen Nabels.
   Die Nabelschnur ist noch nicht ganz abgerissen, Jemand hat sich noch nicht abgenabelt: die materielle und psychische Eigenständigkeit wird bei gewissen Erwachsenen durch ihre anormal starke Bindung an ihre Eltern erschwert. In diesem Sinne erscheint die Redensart bei Schiller, ›Räuber‹ IV, 2: »Die Nabelschnur ist nicht unterbunden worden«.

• H.U. ZIOLKO und V. HÜCKEL: Der Nabel, in: Sexualmedizin 10 (1981), S. 387-390 und 425-429.
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