Redensarten Lexikon
Mond
Den Mond anbellen: auf jemanden schimpfen, dem man nicht schaden kann. Auch französisch sagt man im gleichen Sinn ›aboyer à la lune‹. Die Redensart findet sich bereits im 16. Jahrhundert in Johann Fischarts ›Geschichtklitterung‹. 1639 bei Lehmann S. 409 (›Hund‹ 27): »Der Mond fragt nichts darnach, daß ihn die Hund anbellen«; S. 723 (›Sorgen‹ 12): »Mancher sorgt vnnützlich wie ein Hund, der bellet den Mond an, vnnd meynet, er wöll ins Haus steigen«. Der Begründung, die in den letzten Worten liegt, bedarf es ebensowenig, wie der in der bekannten Fabel ›Der Mops und der Mond‹ (G. Wustmann: ›Als der Großvater die Großmutter nahm‹, 5. Auflage 1922, S. 134f.): Ein dicker Mops geht beim Mondenschein spazieren und kommt an einen Graben. Er will darüberspringen, fällt aber hinein und bellt nun wütend auf den Mond, als ob der an dem unfreiwilligen Bade schuld sei.
Der Mond, nicht wahr, der schalt doch wieder?
O nein, sah lächelnd auf den Mops hernieder
Und fuhr, als ging's ihn gar nicht an,
Lustwandelnd fort auf seiner Himmelsbahn.
In ›Faust II‹ sagt Phorkyas zum Chor der gefangenen Trojanerinnen:
Wer seid ihr denn, daß ihr des
Hauses Schaffnerin entgegenheulet,
Wie dem Mond der Hunde Schar.
1885 schreibt Elisabeth Ebeling das Kindergedicht ›Spitz und Mond‹:
Der Spitz bellt den Mond, den strahlenden an,
Den Mond, der doch nie'was zu Leid ihm gethan.
»Pfui«, brummt er, »ich hasse Dich bleichen Gesellen.
Du kannst weder knurren, noch beißen, noch bellen
Du hast weder Beine, noch Ohren noch Schwanz,
Hast nichts, als das bißchen erbärmlichen Glanz.
Bist häßlich, und über und über voll Flecken,
Wahrhaftig, Du solltest Dich lieber verstecken«.
Der Mond, der entgegnet dem Spitzel kein Wort
Zieht schweigend am Himmel, dem nächtlichen fort,
Zu dem Bild vom bellenden Hund gehört auch die Redensart Das hieße den Mond mit den Zähnen fassen. Der gereizte Hund fletscht die Zähne und erweckt den Anschein, als wolle er mit ihnen den Mond fassen. Im übertragenen Sinn bedeutet daher die Redensart: etwas Unmögliches tun wollen, eine unmögliche Sache verlangen, vgl. französisch ›vouloir prendre (décrocher) la lune avec ses (les) dents‹.
Den Mond am hellen Tage suchen: sich vergebliche Mühe machen. Die Redensart ist eine Lehnübersetzung der französischen Wendung ›chercher la lune en plein midi (jour)‹. Die gleiche Bedeutung hat auch die Redensart ›Den Mond mit der Laterne suchen‹. Dagegen rheinisch ›den Mond anhülen‹, einsam im stillen Kämmerlein sich seinem Seelenschmerz ergeben.
Neben dem Hund ist auch der Wolf in Verbindung mit dem Mond gebracht worden. Das bei Rabelais (I,11 und V,22) zu findende ›garder la lune des loups‹ (heute veraltet) hat den Sinn: unnütze Sorgen haben, sich unnötige Mühe machen. Im Deutschen gibt es für diese Redensart keine Entsprechung. Das Lateinische kennt ›luna tuta a lupis‹, was soviel bedeutet wie: es ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Nach dem Volksglauben muß alles, was gedeihen soll, bei zunehmendem Mond vorgenommen werden. Entsprechend schädigt, hemmt, ja vernichtet sogar abnehmender Mond. Dieselbe Analogie zeigen folgende Redensarten:
Bei ihr ist zunehmender Mond: sie ist schwanger. Grimmelshausen: (›Simplicissimus‹ 4,70): »eine von unseren mägden wird wie der mond zunehmen«. Von Dienern, Beamten usw., welche die Güter ihrer Herrschaft schmälern, sagt man: ›Da regiert der abnehmende Mond‹. Muß bei einem Unternehmen mit Sicherheit mit Verlust gerechnet werden, so ›Kommt es in den abnehmenden Mond‹.
Den Mond im Brunnen suchen, der am Himmel hängt: sich vom falschen Schein verführen lassen. Entsprechend Den Mond im Brunnen suchen: einen täuschen. Nach dem Monde greifen: nach Unerreichbarem streben.
Etwas liegt im Monde: es ist nur in der Phantasie oder als Wunschtraum vorhanden. So sind die ›Schlösser, die im Monde liegen‹ dasselbe wie ›Luftschlösser‹ (vgl. französisch ›promettre la lune‹ [wörtlich: den Mond versprechen], im Sinne von: Unmögliches versprechen). Die Wendung ist vor allem durch Paul Linckes (1866-1946) Operette ›Frau Luna‹ bekanntgeworden, wo es in der Schlußszene heißt:
Schlösser, die im Monde liegen,
Bringen Kummer, lieber Schatz ...
Spottend sagt man von einem, der anspruchsvoll auftritt, aber bezüglich seiner Reichtümer verdächtig ist: ›Seine Güter liegen im Monde‹, ›Sein Geld ist im Monde‹. »Die Grafschaft des Grafen liegt im Monde, von wo er,... wenn der Mond dieser Erde näher kommt, seine ungeheueren Revenüen beziehen kann« (H. Heine II, 279).
Ist jemand vom Glück außerordentlich begünstigt, so heißt es: Der Mond scheint ihm die ganze Nacht. Der früheste Beleg für diese Wendung findet sich bei Hans Sachs (›Fastnachtspiele‹ 2, 143, 58): »Jetzt scheine die ganze nacht der mon«.
In den Mond gucken: leer ausgehen, das Nachsehen haben (in gleicher Bedeutung: ›In den Eimer gucken‹ oder ›Durch die Röhre gucken‹), ⇨ Eimer, ⇨ Röhre; rheinisch ›de hat de Mond gesehn‹ sagt man jedoch von einem, den man für närrisch hält; hier steckt wahrscheinlich die abergläubische Vorstellung dahinter, daß man ungeschickt und blöde wird, wenn man in den Mond schaut. Hat einer nichts zu leben, dann sagt man: ›Der Mond scheint ihm in den Topf‹. Bei Sebastian Franck (Sprichwörter II, 1876) ist die Redensart belegt: »Narren, die da meinen, sie haben Milch im Napf, so scheint ihn nun (d.h. nur) der mon drein«; vgl. niederländisch ›de maan schijnt in het water‹.
Die Uhr geht nach dem Mond: geht unzuverlässig, falsch, im Gegensatz zur Sonnenuhr, die die Tagesstunden zuverlässig anzeigt. Wer rückständig ist, ›Bleibt drei (sieben) Meilen hinter dem Mond zurück‹. Die Redensart Hinter dem Mond sein (oder leben) bedeutet: wirklichkeitsfremd leben, über aktuelle Geschehnisse nicht unterrichtet sein; vgl. französisch ›être dans la lune‹ (wörtlich: im Mond sein), im Sinne von verträumt sein.
Gegen den Mond pissen (spucken): sich selbst schaden (vgl. niederländisch ›hij pist tegen de maan‹, eine Redensart, die den Hochmütigen lächerlich machen will). In der Gegend von Moers und Xanten sagt man für eine vergebliche Arbeit: ›das ist tegen de Mond geseicht‹; vgl. französisch ›il pisse sur la terre‹. Die Redensart spielt in der niederländischen Redensarten-Malerei wiederholt eine Rolle, so mehrfach bei P. Bruegel (auf dem Redensarten-Bild), auf einer Misericordie in Champeaux sowie auf Bilderbogen.
Du kannst mir mal im Mondschein (auch: am Abend) begegnen: ›Du kannst mir gestohlen bleiben‹; die berlinische Redensart ist eine schonende Verhüllung für das Götz-Zitat. Der Mond geht auf: er bekommt eine Glatze. Den Mond putzen: Licht anzünden. Ist man jemanden leid, so möchte man Ihn auf den Mond schießen, d.h., man wünscht ihn in weite Ferne. Vgl. die Sage vom ›Mann im Mond‹, der wegen eines Sonntagsfrevels in den Mond versetzt wurde. Einer ist Voll wie der Mond oder Er sieht den Mond für eine Laterne an sagt man von einem Betrunkenen, ⇨ trinken.
Einen ordentlichen Mond haben (Saarland): viel Geld verdienen; wahrscheinlich steht hier Mond für ›Monat‹ und bezieht sich auf den Monatslohn, wie ja auch Monat ursprünglich auf Mond (Mondphasen) zurückgeht.
Redensarten bringen oft starke Übertreibungen ohne jeden Wirklichkeitsgehalt; dazu gehört Sie wischte dem Mond die Hörner ab, wenn sie ihn erreichen könnte, für eine Frau, die in ihren Liebesbezeigungen oder ihrer Putzwut keine Grenzen kennt. Weiterhin: ›Wenn er so groß wäre, wie er dumm ist, könnte er den Mond auf den Knien küssen‹ (Süd- und Mitteldeutschland) für einen unwissenden Menschen. Dem Mond ein Kleid machen wollen: etwas Unmögliches schaffen wollen. In Plutarchs ›Convivium septem sapientium‹ (Kapitel 14) findet sich das Märlein vom Monde: Selene, die Mondgöttin, bat einst ihre Mutter, ihr ein gutpassendes Röckchen zu weben. Diese aber erwiderte: Wie soll mir das gelingen? Sehe ich dich doch bald voll, bald abnehmend, bald zunehmend. An diesen erzählenden Teil schließt das Märchen seine Nutzanwendung: der Gestaltwandel der jungen Selene wird gleichnishaft auf die unberechenbare Unbeständigkeit ›maßloser‹ Menschen übertragen. Fischart zieht in seiner ›Geschichtklitterung‹ den Inhalt des Märchens formelhaft zusammen: »So man sonst dem vnstäten Mon, kein Kleid anmachen kann«.
Als ›proverbium germanicum‹ geht die Wendung Fischarts in Janus Gruterus' ›Florilegium ethico-politicum‹ über: »Dem vnstedigen Mon kann man kein Kleyd anmachen«; aus Fischarts ad-hoc-Wendung ist also ein ›deutsches Sprichwort‹ geworden, das auch in späteren Ausgaben in den deutschen Sprichwörter- Schatz aufgenommen wird. In die Umgangssprache ist die Redensart kaum gedrungen, jedoch wurde sie öfter literarisch variiert, so z.B. bei Lessing in seiner Schrift ›Leibniz von den ewigen Strafen‹ (1773): »Wie wäre das auch möglich gewesen? Wie hätte es ihm einkommen können, mit einem alten Sprichwort zu reden, dem Mond ein Kleid zu machen?«
In Schwänken des 16. Jahrhunderts (Wickram, Westphal, Joh. Strauss aus Elsterberg) wird von einem Mann erzählt, den man auf Bildern nur nackt darstellen kann, da er seine Kleidung dauernd ändert. Im Märchen bei Plutarch kann dem Mond kein Kleid gemacht werden, weil er seine Gestalt wandelt, im Schwank kann dem Menschen kein Kleid gemacht werden, weil er immer etwas Neues will, beider Verhalten wächst aus ihrer Unbeständigkeit.
• E. EBELING: Vier und zwanzig Fabeln und Gedichte für Kinder (Leipzig 1885); A. DE COCK: Hij hoeftin (tegen) de maan gepist, in: Volkskunde 19 (1907/08), S. 132; E.H. VAN HEURSK: Hij pist tegen de maan, in: Folklore Brambavon 7 (1927/28), S. 195; A. HAAS: Der Mond krangt, in: Unsere Heimet 7 (1928), Nr. 8; W. WOLF: Der Mond im deutschen Volksglauben (Bühl 1929); STEGMANN: Artikel ›Mond‹, in: Handbuch des Aberglaubens VI, Spalte 477ff.; F. SIEBER: Dem Monde kann man kein Kleid machen, in: Deutsches Jahrbuch für Volkskunde 3 (1957), S. 366ff.; T. HARLEY: Moon Lore (London 1885, Neudruck Detroit 1969).
Den Mond anbellen. Andreas Alciatus: Emblemata, Rovilium 1550: Deutsche Übertragung von Jeremias Held: Liber Emblematum D. Andreae Alciati, Frankfurt a.M. 1566, aus: Schöne: Emblematik, S. 81.
Den Mond anbellen. Jean Bungartz: Spitz und Mond, Leipzig 1885.
Gegen den Mond pissen. Detail aus einem Bilderbogen aus Ost-Flandern, um 1700.
Mann im Mond. Illustration zu Hebels Text, aus: Neuer Einsiedler Kalender, 1893.
Der Mond, nicht wahr, der schalt doch wieder?
O nein, sah lächelnd auf den Mops hernieder
Und fuhr, als ging's ihn gar nicht an,
Lustwandelnd fort auf seiner Himmelsbahn.
In ›Faust II‹ sagt Phorkyas zum Chor der gefangenen Trojanerinnen:
Wer seid ihr denn, daß ihr des
Hauses Schaffnerin entgegenheulet,
Wie dem Mond der Hunde Schar.
1885 schreibt Elisabeth Ebeling das Kindergedicht ›Spitz und Mond‹:
Der Spitz bellt den Mond, den strahlenden an,
Den Mond, der doch nie'was zu Leid ihm gethan.
»Pfui«, brummt er, »ich hasse Dich bleichen Gesellen.
Du kannst weder knurren, noch beißen, noch bellen
Du hast weder Beine, noch Ohren noch Schwanz,
Hast nichts, als das bißchen erbärmlichen Glanz.
Bist häßlich, und über und über voll Flecken,
Wahrhaftig, Du solltest Dich lieber verstecken«.
Der Mond, der entgegnet dem Spitzel kein Wort
Zieht schweigend am Himmel, dem nächtlichen fort,
Zu dem Bild vom bellenden Hund gehört auch die Redensart Das hieße den Mond mit den Zähnen fassen. Der gereizte Hund fletscht die Zähne und erweckt den Anschein, als wolle er mit ihnen den Mond fassen. Im übertragenen Sinn bedeutet daher die Redensart: etwas Unmögliches tun wollen, eine unmögliche Sache verlangen, vgl. französisch ›vouloir prendre (décrocher) la lune avec ses (les) dents‹.
Den Mond am hellen Tage suchen: sich vergebliche Mühe machen. Die Redensart ist eine Lehnübersetzung der französischen Wendung ›chercher la lune en plein midi (jour)‹. Die gleiche Bedeutung hat auch die Redensart ›Den Mond mit der Laterne suchen‹. Dagegen rheinisch ›den Mond anhülen‹, einsam im stillen Kämmerlein sich seinem Seelenschmerz ergeben.
Neben dem Hund ist auch der Wolf in Verbindung mit dem Mond gebracht worden. Das bei Rabelais (I,11 und V,22) zu findende ›garder la lune des loups‹ (heute veraltet) hat den Sinn: unnütze Sorgen haben, sich unnötige Mühe machen. Im Deutschen gibt es für diese Redensart keine Entsprechung. Das Lateinische kennt ›luna tuta a lupis‹, was soviel bedeutet wie: es ist dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Nach dem Volksglauben muß alles, was gedeihen soll, bei zunehmendem Mond vorgenommen werden. Entsprechend schädigt, hemmt, ja vernichtet sogar abnehmender Mond. Dieselbe Analogie zeigen folgende Redensarten:
Bei ihr ist zunehmender Mond: sie ist schwanger. Grimmelshausen: (›Simplicissimus‹ 4,70): »eine von unseren mägden wird wie der mond zunehmen«. Von Dienern, Beamten usw., welche die Güter ihrer Herrschaft schmälern, sagt man: ›Da regiert der abnehmende Mond‹. Muß bei einem Unternehmen mit Sicherheit mit Verlust gerechnet werden, so ›Kommt es in den abnehmenden Mond‹.
Den Mond im Brunnen suchen, der am Himmel hängt: sich vom falschen Schein verführen lassen. Entsprechend Den Mond im Brunnen suchen: einen täuschen. Nach dem Monde greifen: nach Unerreichbarem streben.
Etwas liegt im Monde: es ist nur in der Phantasie oder als Wunschtraum vorhanden. So sind die ›Schlösser, die im Monde liegen‹ dasselbe wie ›Luftschlösser‹ (vgl. französisch ›promettre la lune‹ [wörtlich: den Mond versprechen], im Sinne von: Unmögliches versprechen). Die Wendung ist vor allem durch Paul Linckes (1866-1946) Operette ›Frau Luna‹ bekanntgeworden, wo es in der Schlußszene heißt:
Schlösser, die im Monde liegen,
Bringen Kummer, lieber Schatz ...
Spottend sagt man von einem, der anspruchsvoll auftritt, aber bezüglich seiner Reichtümer verdächtig ist: ›Seine Güter liegen im Monde‹, ›Sein Geld ist im Monde‹. »Die Grafschaft des Grafen liegt im Monde, von wo er,... wenn der Mond dieser Erde näher kommt, seine ungeheueren Revenüen beziehen kann« (H. Heine II, 279).
Ist jemand vom Glück außerordentlich begünstigt, so heißt es: Der Mond scheint ihm die ganze Nacht. Der früheste Beleg für diese Wendung findet sich bei Hans Sachs (›Fastnachtspiele‹ 2, 143, 58): »Jetzt scheine die ganze nacht der mon«.
In den Mond gucken: leer ausgehen, das Nachsehen haben (in gleicher Bedeutung: ›In den Eimer gucken‹ oder ›Durch die Röhre gucken‹), ⇨ Eimer, ⇨ Röhre; rheinisch ›de hat de Mond gesehn‹ sagt man jedoch von einem, den man für närrisch hält; hier steckt wahrscheinlich die abergläubische Vorstellung dahinter, daß man ungeschickt und blöde wird, wenn man in den Mond schaut. Hat einer nichts zu leben, dann sagt man: ›Der Mond scheint ihm in den Topf‹. Bei Sebastian Franck (Sprichwörter II, 1876) ist die Redensart belegt: »Narren, die da meinen, sie haben Milch im Napf, so scheint ihn nun (d.h. nur) der mon drein«; vgl. niederländisch ›de maan schijnt in het water‹.
Die Uhr geht nach dem Mond: geht unzuverlässig, falsch, im Gegensatz zur Sonnenuhr, die die Tagesstunden zuverlässig anzeigt. Wer rückständig ist, ›Bleibt drei (sieben) Meilen hinter dem Mond zurück‹. Die Redensart Hinter dem Mond sein (oder leben) bedeutet: wirklichkeitsfremd leben, über aktuelle Geschehnisse nicht unterrichtet sein; vgl. französisch ›être dans la lune‹ (wörtlich: im Mond sein), im Sinne von verträumt sein.
Gegen den Mond pissen (spucken): sich selbst schaden (vgl. niederländisch ›hij pist tegen de maan‹, eine Redensart, die den Hochmütigen lächerlich machen will). In der Gegend von Moers und Xanten sagt man für eine vergebliche Arbeit: ›das ist tegen de Mond geseicht‹; vgl. französisch ›il pisse sur la terre‹. Die Redensart spielt in der niederländischen Redensarten-Malerei wiederholt eine Rolle, so mehrfach bei P. Bruegel (auf dem Redensarten-Bild), auf einer Misericordie in Champeaux sowie auf Bilderbogen.
Du kannst mir mal im Mondschein (auch: am Abend) begegnen: ›Du kannst mir gestohlen bleiben‹; die berlinische Redensart ist eine schonende Verhüllung für das Götz-Zitat. Der Mond geht auf: er bekommt eine Glatze. Den Mond putzen: Licht anzünden. Ist man jemanden leid, so möchte man Ihn auf den Mond schießen, d.h., man wünscht ihn in weite Ferne. Vgl. die Sage vom ›Mann im Mond‹, der wegen eines Sonntagsfrevels in den Mond versetzt wurde. Einer ist Voll wie der Mond oder Er sieht den Mond für eine Laterne an sagt man von einem Betrunkenen, ⇨ trinken.
Einen ordentlichen Mond haben (Saarland): viel Geld verdienen; wahrscheinlich steht hier Mond für ›Monat‹ und bezieht sich auf den Monatslohn, wie ja auch Monat ursprünglich auf Mond (Mondphasen) zurückgeht.
Redensarten bringen oft starke Übertreibungen ohne jeden Wirklichkeitsgehalt; dazu gehört Sie wischte dem Mond die Hörner ab, wenn sie ihn erreichen könnte, für eine Frau, die in ihren Liebesbezeigungen oder ihrer Putzwut keine Grenzen kennt. Weiterhin: ›Wenn er so groß wäre, wie er dumm ist, könnte er den Mond auf den Knien küssen‹ (Süd- und Mitteldeutschland) für einen unwissenden Menschen. Dem Mond ein Kleid machen wollen: etwas Unmögliches schaffen wollen. In Plutarchs ›Convivium septem sapientium‹ (Kapitel 14) findet sich das Märlein vom Monde: Selene, die Mondgöttin, bat einst ihre Mutter, ihr ein gutpassendes Röckchen zu weben. Diese aber erwiderte: Wie soll mir das gelingen? Sehe ich dich doch bald voll, bald abnehmend, bald zunehmend. An diesen erzählenden Teil schließt das Märchen seine Nutzanwendung: der Gestaltwandel der jungen Selene wird gleichnishaft auf die unberechenbare Unbeständigkeit ›maßloser‹ Menschen übertragen. Fischart zieht in seiner ›Geschichtklitterung‹ den Inhalt des Märchens formelhaft zusammen: »So man sonst dem vnstäten Mon, kein Kleid anmachen kann«.
Als ›proverbium germanicum‹ geht die Wendung Fischarts in Janus Gruterus' ›Florilegium ethico-politicum‹ über: »Dem vnstedigen Mon kann man kein Kleyd anmachen«; aus Fischarts ad-hoc-Wendung ist also ein ›deutsches Sprichwort‹ geworden, das auch in späteren Ausgaben in den deutschen Sprichwörter- Schatz aufgenommen wird. In die Umgangssprache ist die Redensart kaum gedrungen, jedoch wurde sie öfter literarisch variiert, so z.B. bei Lessing in seiner Schrift ›Leibniz von den ewigen Strafen‹ (1773): »Wie wäre das auch möglich gewesen? Wie hätte es ihm einkommen können, mit einem alten Sprichwort zu reden, dem Mond ein Kleid zu machen?«
In Schwänken des 16. Jahrhunderts (Wickram, Westphal, Joh. Strauss aus Elsterberg) wird von einem Mann erzählt, den man auf Bildern nur nackt darstellen kann, da er seine Kleidung dauernd ändert. Im Märchen bei Plutarch kann dem Mond kein Kleid gemacht werden, weil er seine Gestalt wandelt, im Schwank kann dem Menschen kein Kleid gemacht werden, weil er immer etwas Neues will, beider Verhalten wächst aus ihrer Unbeständigkeit.
• E. EBELING: Vier und zwanzig Fabeln und Gedichte für Kinder (Leipzig 1885); A. DE COCK: Hij hoeftin (tegen) de maan gepist, in: Volkskunde 19 (1907/08), S. 132; E.H. VAN HEURSK: Hij pist tegen de maan, in: Folklore Brambavon 7 (1927/28), S. 195; A. HAAS: Der Mond krangt, in: Unsere Heimet 7 (1928), Nr. 8; W. WOLF: Der Mond im deutschen Volksglauben (Bühl 1929); STEGMANN: Artikel ›Mond‹, in: Handbuch des Aberglaubens VI, Spalte 477ff.; F. SIEBER: Dem Monde kann man kein Kleid machen, in: Deutsches Jahrbuch für Volkskunde 3 (1957), S. 366ff.; T. HARLEY: Moon Lore (London 1885, Neudruck Detroit 1969).
Den Mond anbellen. Andreas Alciatus: Emblemata, Rovilium 1550: Deutsche Übertragung von Jeremias Held: Liber Emblematum D. Andreae Alciati, Frankfurt a.M. 1566, aus: Schöne: Emblematik, S. 81.
Den Mond anbellen. Jean Bungartz: Spitz und Mond, Leipzig 1885.
Gegen den Mond pissen. Detail aus einem Bilderbogen aus Ost-Flandern, um 1700.
Mann im Mond. Illustration zu Hebels Text, aus: Neuer Einsiedler Kalender, 1893.