Redensarten Lexikon
Leim
Jemanden auf den Leim locken (führen): ihn betrügerisch zu etwas verlocken, ihn täuschen, anführen; Auf den Leim gehen (kriechen): sich betrügen lassen, sich zu seinem Nachteil verlocken, übervorteilen, anführen lassen; Er geht nicht auf den Leim: er läßt sich nicht täuschen; Das ist ein Leim: das ist eine betrügerische Verlockung. Das Bild all dieser Redensarten ist hergenommen von dem (heute in Deutschland verbotenen) Vogelfang mit Leimruten. Das sind kleine, dünne, mit Leim bestrichene Stäbchen, die nur lose mit dem einen Ende in eine Stange gesteckt werden und herabfallen, sobald sich ein Vogel daraufsetzt. Beim Herunterfallen der Leimrute flattert der Vogel und bleibt mit den Flügeln an dem Leim kleben (vgl. auch ›Pech haben‹ und ›Ins Garn gehen‹). Schon bei Gottfried von Straßburg (›Tristan‹ V.843ff.) findet sich das Bild im übertragenen Sinn als Gleichnis für den von der Minne gefangenen Menschen:
   daz der minnende muot
   reht alse der vrie vogel tuot,
   der durh die vriheit, die er hat,
   uf daz gelimde zwi gestat:
   als er des limes danne entsebet
   und er sich uf ze vlühte hebet,
   so klebet er mit den vüezen an;
   sus reget er vedern und wil dan;
   da mite gerüeret er das zwi
   an keiner stat, swie kumez si,
   ezn binde in unde mach in haft;
   so sleht er danne uz aller kraft
   dar und dar und aber dar,
   unz er ze jungeste gar
   sich selben vehtend übersiget
   und gelimet an dem zwige liget.

Der Volksprediger Geiler von Kaysersberg warnt um 1500 in seiner Schrift ›Brösamlein‹ (1,33a): »Die böse Liebe und die böse Glüst seind die Leimruten. Welcher Vogel darin kumpt, der muß verderben«. Im Fastnachtsspiel der gleichen Zeit heißt es: »ob unser eines auch also wurd gefangen, das er an dem Leim mußt hangen«. Der Barockdichter Martin Opitz weiß: »Ein schlauer Vogel kann des Stellers Leim entschleichen«.
   Mit der Leimstange laufen: den Mädchen nachlaufen, ein Narr sein. Die Redensart ist mehrfach auch bei Grimmelshausen belegt ( Latte); vgl. ostpreußisch ›he löppt bi de Limstange‹, er ist ein Narr, ein sogenannter ›Leimstängler‹.
   Aus dem Leim sein: entzwei, zerbrochen sein. ›Aus dem Leim gehen‹ können eigentlich nur schlecht geleimte Sachen. Bildlich wird die Wendung aber vom Lösen jeder Verbindung gesagt, z.B. ›Ihre Freundschaft ist aus dem Leim gegangen‹. In dieser Redensart schwingt meist der Verdacht mit, daß die Sache eben schon immer schlecht geleimt war. Im übertragenen Sinne des inneren Zusammenhalts heißt es im 16. Jahrhundert in Joh. Mathesy's Sprachkommentar: »Eine friedfertige Red ist wie ein Leim, der zwei Hölzer zusammenzeucht«. Der Volksprediger Abraham a Sancta Clara (1644-1709) sagt: »als sei nun der Credit bei ihnen aus dem Leimb gegangen«; Jean Paul im ›Siebenkäs‹, als Natalie ihrem Bräutigam den Laufpaß gegeben hat: »Wahrscheinlich war der Leim zwischen ihm und Natalie aufgegangen und abgelaufen«. Im ›Hesperus‹ spricht Jean Paul von der »Schönheit als Mörtel und Leim der Freundschaft«. 1741 bucht Joh. Leonh. Frisch in seinem ›Teutsch-Lateinischen Wörterbuch‹ ›aus dem Leim gehen‹ als einen Ausdruck, den die Handwerker gebrauchen, wenn ein Geselle vorzeitig vom Meister weggeht.
   Ein bairischer Ausruf bei einer argen Enttäuschung lautet: ›Itz geht ma's Gsicht ausm Leim!‹; vgl. die ähnliche norddeutsche Wendung ›Daß du die Näse ins Gesicht behältst!‹ ( Nase). Die westfälische Redensart ›He löppt mit'n Limpott‹, er ist ein Pfuscher, erklärt sich daraus, daß eine nicht ordentlich gemachte oder verdorbene Arbeit oft mit Leim notdürftig geflickt wird, eben von einem Pfuscher.
• L. RÖHRICH und G. MEINEL: Redensarten aus dem Bereich der Jagd und der Vogelstellerei, S. 316, 323. R.W. BREDNICH. Der Vogelherd. Flugblätter als Quellen zur Ikonographie der Jagd, in: Rheinisch-Westfälische Zeitschrift für Volkskunde. 24 (1978).

Jemandem auf den Leim gehen. Vogelfangender Eros mit Leimstange nach Abraham Gorlaeus, Leiden 1695. Aus: Kurt Lindner: Beiträge zu Vogelfang und Falknerei im Altertum, Berlin /New York 1973, S. 59, Abbildung 20.

Mit der Leimstange laufen. de Bry: Emblemata, Nr. 61.
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