Redensarten Lexikon
Lamm
Sich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen lassen: alles geduldig mit sich geschehen lassen, die höchste Strafe erleiden, ohne den Versuch einer Rechtfertigung oder Verteidigung zu unternehmen (vgl. französisch ›se laisser conduire comme un agneau à l'abattoir‹). Diese Redensart bezieht sich auf das ›Lamm Gottes‹, also auf Jesus während der Passion. Bereits Jes 53,7 steht der prophetische Hinweis auf den Tod Jesu, der die Sünde der Welt und das Leiden dafür willig auf sich genommen hat: »Da er gestraft und gemartert ward, tat er seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer und seinen Mund nicht auftut«. Auch die Redensarten Eine Lammsgeduld besitzen (haben) und Lammfromm sein stehen mit der Vorstellung vom ›Gotteslamm‹ (Joh 1,29) in Zusammenhang, die auch in der katholischen Messe und in evangelischen Kirchenliedern begegnet. Die Wendung Das Lamm den Wölfen befehlen: jemanden seinen ärgsten Feinden, also dem sicheren Verderben, preisgeben, geht auf eine antike Tierfabel zurück und ist bereits bei Terenz sprichwörtlich gebraucht worden: »ovem lupo committere«. Vgl. die deutsche Redensart gleicher Bedeutung: ›Den Bock zum Gärtner machen‹, Bock.   Die Redensart Die Lämmer für (vor) die Hunde werfen: Friedfertige und Unschuldige den Verleumdern und Lästerern preisgeben, stammt ebenfalls aus der Antike. Vgl. lateinisch ›agnos canibus obicientes‹. Auf der weitverbreiteten Fabel Äsops vom ›Wolf und Lamm‹ beruhen die Redensarten Das Lamm hat dem Wolf das Wasser getrübt: der Schwache wird beschuldigt, einen Starken beleidigt oder geschädigt zu haben, und Das Lamm will mit dem Wolfe streiten: der Schwache unternimmt den von vornherein nutzlosen Versuch, gegen einen in jeder Hinsicht überlegenen Gegner vorzugehen und sein Recht zu behaupten. Vgl. die lateinische Wendung ›Ne capra contra leonem!‹, die den gleichen Sachverhalt umschreibt, und die deutsche Redensart ›Kein Wässerchen trüben können‹, Wasser.
   Als Bild der Geduld steht das Lamm vor allem auch für das unschuldige junge Mädchen, wie es z.B. in Schillers Drama ›Kabale und Liebe‹ (2,5) begegnet: »Vergeb's Ihnen Gott, Baron! Was hat dieses Lamm getan, daß Sie es würgen?«
   ›Das Lämmle hängt raus‹ sagt man scherzhaft in Schwaben, wenn einem Mann das Hemd aus der Hose hängt.

• L. HEROLD: Artikel ›Lamm‹, in: Handbuch des Aberglaubens V, Spalte 890-894; M. LURKER: Wörterbuch biblischer Bilder und Symbole
(München 1973), S. 183-187: ›Lamm und Widder‹.

Lamm Gottes – ›Opferlamm‹. M. Grünewald: Detail der Kreuzigung aus dem ›Isenheimer Altar‹ (1510-1515). Unterlindenmuseum, Colmar.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: Lamm