Redensarten Lexikon
kurz
Kurz angebunden sein: zurückhaltend, wortkarg, abweisend sein; die Redensart kennt schon Luther: »... wäre der Bauer ungeduldig und kurz angebunden«; Goethe verwendet sie im ›Faust‹ (I, Straße):    Wie sie kurz angebunden war,
   Das ist nun zum Entzücken gar!
   Ursprünglich ist dabei wohl an ein Pferd oder ein anderes Tier zu denken, das an einer kurzen Leine gehalten wird und deshalb reizbar ist; jedenfalls hat die Redensart zunächst diesen Sinn ( anbinden). Auf dem gleichen realen Hintergrund ruht auch die Redensart Jemanden kurzhalten: jemanden in seiner Freiheit beschränken, jemanden finanziell einschränken (vgl. niederländisch ›iemand kort houden‹).
   Die Zwillingsformel Kurz und gut, die keiner Erklärung bedarf, ist ebenfalls schon bei Luther bezeugt, z.B.: »Kurz und gut gefällt Jedermann« (Weimarer Ausgabe II, 17); überdies verwendet er die Formeln ›Kurz und ganz‹ sowie ›Kurz und schlecht‹. Auch Abraham a Sancta Clara gebraucht den Ausdruck ›kurz und gut‹ mehrfach (z.B. ›Judas‹ II,387). Und im Märchen (Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 52) begegnet die erweiterte sprichwörtlich Version: ›Kurz und dick hat kein Geschick‹.
   Als erotische Anspielung auf die körperliche Beschaffenheit eines Mannes: ›Kurz und dick – der Frauen Glück‹.
   In der Redewendung Kurz und bündig hat ›bündig‹ noch die alte Bedeutung festgebunden, verbündet, auch: rechtlich verpflichtend (so vor allem niederländisch ›bondig‹), jedoch ist im heutigen Sprachgebrauch diese Bedeutung zumeist gar nicht mehr bewußt, ›kurz und bündig‹ hat heute den Sinn ›Auf eine kurze Formel gebracht‹ oder ›Kurz und knapp‹ (vgl. niederländisch ›kort en bondig‹; englisch ›short and pithy‹).
   Kurz und schmerzlos etwas erledigen: sehr rasch, ohne lange Vorbereitungen, ohne viel Aufhebens.
   Etwas kurz und klein schlagen (oder hauen): etwas entzweischlagen, ist vom Holzhacken hergenommen.
   Kurz angerannt: da ist zuwenig Bedenkzeit gelassen, da ist ›Die Pistole auf die Brust gesetzt‹; als ob der Betreffende eigentlich einen langen Anlauf hätte voraussehen und sich darnach hätte einrichten, rüsten können. In dem alten Budenspiel ›Harlekins Hochzeit‹ (1693) sagt der Richter, als der Harlekin mit seiner Liebsten vor ihn tritt und stracks zur Hochzeit »eingeschrieben« zu werden begehrt: »Es ist kurz angerent. Warumb denn eilt ihr so?«
   Die Redensart Kurztreten: langsam arbeiten, sich zurückhalten, sich mäßigen, entstammt der Soldatensprache; beim Einschlagen einer anderen Richtung müssen die auf der Innenseite einer Kolonne Marschierenden kleinere Schritte machen, damit der Gleichschritt beibehalten wird.
   Über kurz oder lang: früher oder später, ist eine Zusammenziehung der längeren Wendung ›Über einen kürzeren oder längeren Zeitraum‹.
   Zu kurz kommen: benachteiligt werden, übervorteilt werden; bezieht sich zunächst wohl auf das Nichterreichen eines räumlichen Ziels. Die Redensart ist literarisch seit dem 17. Jahrhundert bezeugt (1650 bei Moscherosch). »... und bist von jeher zu kurz gekommen«, sagt Sickingen zu Götz von Berlichingen (vgl. niederländisch ›te kort komen‹; englisch ›to come short of something‹).
   Die gleiche Bedeutung hat die Redensart Den kürzeren ziehen; sie leitet sich her vom Losen mit Halmen, Stäbchen oder Streifen im Unterschied zum Loswerfen (mit Steinchen, Würfeln usw.). Vgl. französisch ›tirer a la courte paille‹ (mit Halmen losen) als Bezeichnung für diese in Frankreich noch übliche Art des Losens. Das Losen hat seit alters her den Rang eines Gottesurteils; wer den kürzeren Halm zieht, ist im Unrecht, ihm fällt der geringere Anteil zu. Ein altdeutscher Vers lautet in Josef von Laßbergs ›Liedersaal‹ (Band I,1820-25, S. 145):

   Ziehen wir zwei gräselin
   Ane allen falschen wank,
   Das eine kurz, das ander lang;
   Weders ouch immer mag ziehen an,
   Das länger soll gewunnen han.

Abraham a Sancta Clara verwendet die Redensart mehrfach (z.B. ›Judas‹ I, 122; II, 280 und ö.) in der Form »das Kürtzere ziehen«, gelegentlich auch in umgekehrtem Sinn, jedoch mit dem gleichen Bild: »das Längere ziehen« (›Reim dich‹ 77). Der aus dem Rechtsleben stammende Ausdruck konnte im übertragenen Sinne in den verschiedensten Zusammenhängen Verwendung finden; so wird er etwa von Julius Wilhelm Zincgref 1626 in seinen ›Teutscher Nation Apophthegmata‹ (II, 17) auf den Kampf bezogen: »Als er (Albrecht von Brandenburg) mit Kurfürst Moritz von Sachsen den Kürtzern gezogen, floh er nach Hannover«.
   Daß gerade der Strohhalm beim Losorakel früh eine Rolle spielte, bezeugt auch eine Stelle bei Walther von der Vogelweide (66,5), die sich jedoch auf das ›Halmmessen‹ bezieht; dabei zählte man die Knoten des Halms (wie man heute noch die Blütenblätter einer Blume zählt), um daraus die Zukunft zu erfragen:

   Mich hât ein halm gemachet frô,
   er giht, ich sül genâde vinden,
   ich maz daz selbe kleine strô,
   als ich hie vor gesach von kinden.

Kurze Fünfzehn machen fünfzehn.
   Jemanden einen Kopf kürzer machen Kopf.
   Einen Kurzen machen (haben): ein Kurzschluß in der Leitung. Mundartlich: ›Der hot'n Kurze‹: er ist nicht bei Verstand.

Den kürzeren ziehen. Zeichnung von Wilhelm Scholz: ›Prognosticon‹, 1882, aus: Bismarck- Album, S. 135.
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