Redensarten Lexikon
Kuhscheiße
Wie kommt Kuhscheiße aufs Dach? sagt man oft redensartlich, wenn einer etwas Dummes fragt, worauf man keine Antwort geben kann oder will. Zu dieser Frage gibt es eine witzige Antwort:
   Hat sich Kuh auf Schwanz geschissen
   und mit Schwung hinaufgeschmissen
   (oder: aufs Dach geschmissen).

Die witzige Antwort klingt nach Wasserpolakisch, der Sprache, die um 1900 im Kohlenpott und in Oberschlesien häufig anzutreffen war unter den aus Polen zugezogenen Bergarbeitern. Es gibt aber auch eine derbe niederdeutsche Antwort: ›... wenn im Himmel Viehmarkt ist ...‹ – typisch für die Landschaft, wo es allenthalben die Vieh- und Jahrmärkte gab.
   Die modern anmutende Wendung scheint auf eine alte Tradition zurückzugehen. Ein Fastnachtsgedicht von Georg Hager aus dem Jahre 1625 erzählt von einem Bauernsohn, der als Student in sein Elternhaus zurückkehrt und darüber nachsinnt, wie Kuhmist an die Stubendecke kommen kann. Nun behält ihn der Vater wieder auf dem Hof, da er das Studium des Sohnes für erfolglos hält:

   Der vatter sprach mit spott:
   ›Was hast du mich kost mit deinem studieren
   Vnd thust so vnnicz deine zeit verlieren
   Du hast ein blödes hiren,
   Das du nit das ausrechnen kanst gewiss.
   Das bret lag auf der erden da,
   Ehe die kuh dar auf schiss.
   Dar nach ist das bret hin nauf kumen
   Durch den zimerman ze dach ...‹

Dieser heute bei uns ausgestorbene Schwank, der noch in der Eifel als Ortsneckerei erzählt wird, scheint sich sonst nur noch in der redensartlichen Frage erhalten zu haben. Die Erzählung muß jedoch früher eine weite Verbreitung gehabt haben. Ebenso wundert sich der türkische Narr Nasreddin Hodja, als er an der Spitze einer Stange Kuhmist statt des von ihm dort aufgehängten Geldbeutels findet, darüber, wie die Kuh habe auf die Stange klettern können.

• J.H. SCHMITZ: Sitten und Bräuche, Lieder, Sprichwörter und Rätsel des Eifler Volkes, Band I (Trier 1856), S. 104, Nr. 3; J. BOLTE: Märchen- und Schwankstoffe im deutschen Meisterliede, in: Zeitschrift für vergleichende Literatur- Geschichte, 7 (1894), S. 465f.
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Ansicht: Kuhscheiße