Redensarten Lexikon
Kraut
Ins Kraut schießen: rasch zunehmen; besonders von Schlechtem, Gefährlichem gesagt. Eine Pflanze, die ins Kraut schießt, vergeudet ihre ganze Kraft in den Blättern, verspricht keine gute Blüte, geschweige denn eine reiche Frucht. Durcheinander wie Kraut und Rüben sagt man zur Bezeichnung einer argen Verwirrung. Es liegt nahe, dabei an ein gemischtes Gemüsegericht (›Mischmasch‹) zu denken, wie in ähnlichem Sinne auch der Pole sagt: ›groch z kapusta‹ (›Erbsen und Kohl‹). Kraut und Rüben werden aber kaum wirklich zusammen gegessen. Auch der alte Auszählreim (E.B. III, S. 598)
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben,
Sauerkraut und Rüben,
die haben mich vertrieben.
Hätt' meine Mutter Fleisch gekocht,
wär' ich bei ihr geblieben
meint zwei verschiedene Speisen, die freilich immer wiederkehren (vgl. ›Kohl und Rüben‹). Man kann freilich auch an ein Durcheinanderwachsen von Kraut und Rüben auf dem Felde denken. Man hält sie ja auf dem Feld ebenso getrennt wie in der Küche. Dementsprechend heißt es auch oft: ›Es steht wie Kraut und Rüben‹; vgl. schwäbisch ›Der ist so wenig wert wie die Rübe im Kraut‹.
Ins Kraut hinein!: tapfer drauflos (so z.B. in Fischarts ›Gargantua‹ 43b). Raus aus dem Kraut!: Hinaus damit! Fort damit! Eigentlich Zuruf der Bauern an die unbefugten Eindringlinge im Krautfeld, dann verallgemeinert. Schwäbisch ›Kräutle zähle‹, das Wachstum in Feld und Garten besichtigen (vgl. französisch ›regarder l'herbe‹). Niederdeutsch ›Dat ess e Krock, dat wiss net in jidden gaden‹, das ist etwas Besonderes, etwas Seltenes.
Das macht das Kraut (norddeutsch den Kohl) nicht fett, ⇨ Kohl: das hilft nicht viel; schon im 17. Jahrhundert gebräuchlich Zu einem Krautgemüse gehört ein fettes Stück Fleisch. Deshalb sagt in der mittelhochdeutschen Dichtung ›Seifried Helbling‹ (Ende des 13. Jahrhunderts) die Frau von einem schönen Stück Fleisch:
Ez ist sô smalzhaft,
vier krûten gibt ez kraft.
Schwäbisch ›Dem ist auch wieder eine Griebe ins Kraut gefallen‹, er ist sehr sparsam; ›der muß's Kraut schmälze‹, er hat nicht genug; ›Zu mager für das Kraut‹, zu arm für diese Heirat. Die Redensart findet sich gelegentlich auch in positiver Wendung: ›Das Kraut fett machen‹, Wesentliches leisten, einer Sache die Krone aufsetzen, aber auch in ironischer Bedeutung: das hat gerade noch gefehlt.
Ums Kraut reden: das Essen tadeln; dann allgemeiner: Kritik an etwas üben, unzufrieden sein, z.B. bei Ringwald (›Lautere Wahrheit‹ 108):
und redt umbs Kraut, wenn man nicht gibt,
was ihm an Trank und Speis gebricht.
Zu der ausgestorbenen Redensart ›Iß auch Kraut mitunter‹ (›wider die, so das Fleisch verschlingen, aber das Kraut verschmähen‹) erzählt Heinrich Bebel einen ätiologischen, allerdings sehr obszönen Schwank, der den angeblichen Ursprung dieser Redensart beschreibt (Heinrich Bebels Schwänke, hg. von Albert Wesselski, Band II, München und Leipzig 1907, Nr. 135, S. 61 und 143).
Das Kraut fertig machen: das Maß voll, den Becher überfließen machen. Daß z.B. ein Schuldenmacher noch Wechsel fälscht, ›Macht das Kraut vollends fertig‹. Bairisch ›'s beste Kraut derzue tue‹, nach Kräften alles dazu beitragen. Das Kraut verschütten: ›Ins Fettnäpfchen treten‹, d.h. durch eine Unvorsichtigkeit, eine unbedachte Äußerung es bei jemandem verdorben haben. Das Kraut versalzen: etwas verderben; oft auch als Drohung: ›Ich will dir das Kraut schon versalzen‹ (z.B. bei Hans Sachs). Das Kraut ist angebrannt: die Sache ist verdorben, es hat einen Haken. Schwäbisch ›Mach mir keine Würmer ins Kraut‹, reiz mich nicht; schweizerisch ›einem ins Kraut scheißen‹, seine Pläne stören, Verdruß bereiten.
Das Kraut einschneiden: die nötigen Vorbereitungen treffen. Zu Kraut hacken: einen verächtlich machen, übel von jemandem reden (vgl. ›Einen in die Pfanne hauen‹), ⇨ Pfanne; dazu die schweizerische Beteuerungsformel: ›Ich will mi lo z'Chrut un z'Fetze verschlo, wenn ...‹; ›sich selber Chrut ins Füdli hacke‹, Übles, das man andern zugedacht hat, an sich selbst erfahren. ›Das Kraut aus'm Arsche lesen‹, ein Schmeichler und Kriecher sein; ebenso ›Einem Kraut um den Bart schmieren‹, schmeicheln (vgl. ›Jemandem Honig um den Bart schmieren‹), ⇨ Honig; hier bedeutet Kraut soviel wie Mus.
Einige Wendungen mit Kraut beziehen sich eigentlich auf das ›Unkraut‹, z.B. Ein rechtes Kraut sein: ein Taugenichts, lästiger, übermütiger Mensch sein; so auch in den Mundarten:, z.B. schwäbisch ›ein frühes (sauberes, schönes) Kräutle‹; ›die zieht sich auch ein schöns Kräutle an dem Bube‹; obersächsisch ›e schens (e lästig) Kraut‹; ›dat ös e Kröckche‹, ein Mädchen, das durch sein vorlautes Wesen auffällt; schweizerisch ›a schlechts (liederliches, böses, süber) Chrütli‹; ›so einer muß still si, wo's Füdle no so noh bi de Chrütere hed‹, Abfertigung eines kleinen, naseweisen Menschen. ›Dich kann man ins Kraut setzen‹, als Vogelscheuche, so häßlich bist du. ›Herumkrautern‹ (besonders rheinisch), langsam und mühsam arbeiten wie beim Ausreißen des Unkrauts. Wer mit der Arbeit nicht recht vorwärts kommt, ist ›Ein (alter) Krauterer‹. In der Operette ›Der Vogelhändler‹ heißt es in einem Lied:
Als mei Ahnerl siebzig Jahr
Und a alter Krautrer war.
›Krauter‹ ist auch ein kleiner Unternehmer, ein unbedeutender Handwerksmeister. ›Krauter‹ nannten die Gesellen früher mitunter ihren Meister, weil er ihnen ›Kraut‹, d.h. Kost, gab. Kraut bedeutet darum vielfach auch etwas Geringes, Wertloses, Unbedeutendes (⇨ Bohne); verstärkt: ›Kaltes Kraut‹ (vgl. ›Kalter Kaffee‹), ⇨ Kaffee. Schweizerisch (zur Verstärkung der Verneinung) ›Wir gend um niemand nit ein Kraut‹; ›es schint wie Chrut und Bölle‹ (Zwiebeln), es ist eitle Pracht und Hoffart; ›einem verleidet sein wie chalts Chrut‹, wenn man etwas bis zum Ekel satt hat; ›sich kei chalts Chrut inbilde‹, sich nicht wenig einbilden; schwäbisch ›Kei hundert Kraut is net hi‹, wenn etwas nicht sehr Wertvolles verlorenging, oder wenn ein Mensch sich in Gefahr begibt, um den es nicht schade ist: ›Für den ist kei hundert Kraut schad‹
Auf Kraut im Sinne von ›Heilkraut‹ beziehen sich folgende Redensarten: Dagegen (oft: gegen den Tod)
ist kein Kraut gewachsen: da ist nichts zu machen; da ist nicht mehr zu helfen; das ist ein hoffnungsloser Fall (schon bei Hans Sachs belegt); luxemburgisch ›It ös kä Krockt für e gewuess‹, er wird sterben; ebenso niederländisch ›Daar is geen kruid voor gewassen‹. Die Wendung ist offenbar eine Übersetzung entsprechender mittellateinischer sprichwörtlicher Redensarten, wie ›Contra vim mortis non est medicamen in hortis‹; vgl. aber auch schon Ovid (›Metamorphosen‹ I,523): »nullis amor est sanabilis herbis« (Liebe ist durch kein Kraut zu heilen); vgl. englisch ›No herb will cure love‹. Nur im Märchen gibt es ein ›Kraut des ewigen Lebens‹ (vgl. Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 44).
Das müßte doch mit Kräutern zugehen: auf sonderbare Weise, nicht mit rechten Dingen; eigentlich mit Zauberkräutern; so 1555 in Jörg Wickrams Schwanksammlung ›Rollwagenbüchlein‹: »Bei dem die Frau abnahm, daß es mit Kräutern zugangen war, wie man spricht«; heute noch mundartlich, z.B. obersächsisch ›Do müßt's doch mit Kreitern zugieh‹. Er hat schon alle Kräuter als Tee getrunken: er hat alle Mittel angewandt, um seine Ziele zu erreichen (vgl. französisch ›employer toutes les herbes de la Saint- Jean‹). Über böse Kräuter gehen: Unglück haben; vgl. französisch ›Il a marché sur une mauvaise herbe‹ und ›Sur quelle herbe avez-vous marché?‹, was ist Ihnen über die Leber gelaufen? (beides heute veraltet). Ein ›Kräutchen‹ ist ein empfindsamer, empfindlicher, leicht verletzlicher Mensch, meist gesteigert als ›Kräutchen Rührmichnichtan‹, was eigentlich der volkstümliche Name der Mimose ist, deren Blätter und Fiederbällchen sich bei geringster Berührung schließen.
In einer letzten Gruppe bedeutet Kraut Schießpulver, vor allem in der Zwillingsformel ›Kraut und Lot‹ = Pulver und Blei: ›Man hat es ihm mit Kraut und Lot gesegnet‹, er ist getroffen worden. Literarisch bei Grimmelshausen (›Simplicissimus‹ I, 414): »daß er ihm mit Kraut und Loth zubringe«; P. Heyse (5, 332): »Du verpuffst bloß das Kraut«. Kraut in dieser Bedeutung ist abgeleitet von dem veralteten Verb ›kruten‹ (grusen) = zermalmen, Kraut ist dann ein gepulverter Körper.
Zu erwähnen sind ferner noch die folgenden Ausdrücke aus dem Rotwelschen: ›Kraut‹, Flucht; ›Krautsuppe‹, Fluchthilfsmittel; ›Krautsuppe essen‹, flüchten; ›Kraut backen (essen etc.)‹, fliehen; ›krauten‹ und ›mitkrauten‹, fliehen.
• W. DANCKERT: Symbol, Metapher, Allegorie im Lied der Völker, III (Bonn – Bad Godesberg 1978), S. 1275-1279.
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben,
Sauerkraut und Rüben,
die haben mich vertrieben.
Hätt' meine Mutter Fleisch gekocht,
wär' ich bei ihr geblieben
meint zwei verschiedene Speisen, die freilich immer wiederkehren (vgl. ›Kohl und Rüben‹). Man kann freilich auch an ein Durcheinanderwachsen von Kraut und Rüben auf dem Felde denken. Man hält sie ja auf dem Feld ebenso getrennt wie in der Küche. Dementsprechend heißt es auch oft: ›Es steht wie Kraut und Rüben‹; vgl. schwäbisch ›Der ist so wenig wert wie die Rübe im Kraut‹.
Ins Kraut hinein!: tapfer drauflos (so z.B. in Fischarts ›Gargantua‹ 43b). Raus aus dem Kraut!: Hinaus damit! Fort damit! Eigentlich Zuruf der Bauern an die unbefugten Eindringlinge im Krautfeld, dann verallgemeinert. Schwäbisch ›Kräutle zähle‹, das Wachstum in Feld und Garten besichtigen (vgl. französisch ›regarder l'herbe‹). Niederdeutsch ›Dat ess e Krock, dat wiss net in jidden gaden‹, das ist etwas Besonderes, etwas Seltenes.
Das macht das Kraut (norddeutsch den Kohl) nicht fett, ⇨ Kohl: das hilft nicht viel; schon im 17. Jahrhundert gebräuchlich Zu einem Krautgemüse gehört ein fettes Stück Fleisch. Deshalb sagt in der mittelhochdeutschen Dichtung ›Seifried Helbling‹ (Ende des 13. Jahrhunderts) die Frau von einem schönen Stück Fleisch:
Ez ist sô smalzhaft,
vier krûten gibt ez kraft.
Schwäbisch ›Dem ist auch wieder eine Griebe ins Kraut gefallen‹, er ist sehr sparsam; ›der muß's Kraut schmälze‹, er hat nicht genug; ›Zu mager für das Kraut‹, zu arm für diese Heirat. Die Redensart findet sich gelegentlich auch in positiver Wendung: ›Das Kraut fett machen‹, Wesentliches leisten, einer Sache die Krone aufsetzen, aber auch in ironischer Bedeutung: das hat gerade noch gefehlt.
Ums Kraut reden: das Essen tadeln; dann allgemeiner: Kritik an etwas üben, unzufrieden sein, z.B. bei Ringwald (›Lautere Wahrheit‹ 108):
und redt umbs Kraut, wenn man nicht gibt,
was ihm an Trank und Speis gebricht.
Zu der ausgestorbenen Redensart ›Iß auch Kraut mitunter‹ (›wider die, so das Fleisch verschlingen, aber das Kraut verschmähen‹) erzählt Heinrich Bebel einen ätiologischen, allerdings sehr obszönen Schwank, der den angeblichen Ursprung dieser Redensart beschreibt (Heinrich Bebels Schwänke, hg. von Albert Wesselski, Band II, München und Leipzig 1907, Nr. 135, S. 61 und 143).
Das Kraut fertig machen: das Maß voll, den Becher überfließen machen. Daß z.B. ein Schuldenmacher noch Wechsel fälscht, ›Macht das Kraut vollends fertig‹. Bairisch ›'s beste Kraut derzue tue‹, nach Kräften alles dazu beitragen. Das Kraut verschütten: ›Ins Fettnäpfchen treten‹, d.h. durch eine Unvorsichtigkeit, eine unbedachte Äußerung es bei jemandem verdorben haben. Das Kraut versalzen: etwas verderben; oft auch als Drohung: ›Ich will dir das Kraut schon versalzen‹ (z.B. bei Hans Sachs). Das Kraut ist angebrannt: die Sache ist verdorben, es hat einen Haken. Schwäbisch ›Mach mir keine Würmer ins Kraut‹, reiz mich nicht; schweizerisch ›einem ins Kraut scheißen‹, seine Pläne stören, Verdruß bereiten.
Das Kraut einschneiden: die nötigen Vorbereitungen treffen. Zu Kraut hacken: einen verächtlich machen, übel von jemandem reden (vgl. ›Einen in die Pfanne hauen‹), ⇨ Pfanne; dazu die schweizerische Beteuerungsformel: ›Ich will mi lo z'Chrut un z'Fetze verschlo, wenn ...‹; ›sich selber Chrut ins Füdli hacke‹, Übles, das man andern zugedacht hat, an sich selbst erfahren. ›Das Kraut aus'm Arsche lesen‹, ein Schmeichler und Kriecher sein; ebenso ›Einem Kraut um den Bart schmieren‹, schmeicheln (vgl. ›Jemandem Honig um den Bart schmieren‹), ⇨ Honig; hier bedeutet Kraut soviel wie Mus.
Einige Wendungen mit Kraut beziehen sich eigentlich auf das ›Unkraut‹, z.B. Ein rechtes Kraut sein: ein Taugenichts, lästiger, übermütiger Mensch sein; so auch in den Mundarten:, z.B. schwäbisch ›ein frühes (sauberes, schönes) Kräutle‹; ›die zieht sich auch ein schöns Kräutle an dem Bube‹; obersächsisch ›e schens (e lästig) Kraut‹; ›dat ös e Kröckche‹, ein Mädchen, das durch sein vorlautes Wesen auffällt; schweizerisch ›a schlechts (liederliches, böses, süber) Chrütli‹; ›so einer muß still si, wo's Füdle no so noh bi de Chrütere hed‹, Abfertigung eines kleinen, naseweisen Menschen. ›Dich kann man ins Kraut setzen‹, als Vogelscheuche, so häßlich bist du. ›Herumkrautern‹ (besonders rheinisch), langsam und mühsam arbeiten wie beim Ausreißen des Unkrauts. Wer mit der Arbeit nicht recht vorwärts kommt, ist ›Ein (alter) Krauterer‹. In der Operette ›Der Vogelhändler‹ heißt es in einem Lied:
Als mei Ahnerl siebzig Jahr
Und a alter Krautrer war.
›Krauter‹ ist auch ein kleiner Unternehmer, ein unbedeutender Handwerksmeister. ›Krauter‹ nannten die Gesellen früher mitunter ihren Meister, weil er ihnen ›Kraut‹, d.h. Kost, gab. Kraut bedeutet darum vielfach auch etwas Geringes, Wertloses, Unbedeutendes (⇨ Bohne); verstärkt: ›Kaltes Kraut‹ (vgl. ›Kalter Kaffee‹), ⇨ Kaffee. Schweizerisch (zur Verstärkung der Verneinung) ›Wir gend um niemand nit ein Kraut‹; ›es schint wie Chrut und Bölle‹ (Zwiebeln), es ist eitle Pracht und Hoffart; ›einem verleidet sein wie chalts Chrut‹, wenn man etwas bis zum Ekel satt hat; ›sich kei chalts Chrut inbilde‹, sich nicht wenig einbilden; schwäbisch ›Kei hundert Kraut is net hi‹, wenn etwas nicht sehr Wertvolles verlorenging, oder wenn ein Mensch sich in Gefahr begibt, um den es nicht schade ist: ›Für den ist kei hundert Kraut schad‹
Auf Kraut im Sinne von ›Heilkraut‹ beziehen sich folgende Redensarten: Dagegen (oft: gegen den Tod)
ist kein Kraut gewachsen: da ist nichts zu machen; da ist nicht mehr zu helfen; das ist ein hoffnungsloser Fall (schon bei Hans Sachs belegt); luxemburgisch ›It ös kä Krockt für e gewuess‹, er wird sterben; ebenso niederländisch ›Daar is geen kruid voor gewassen‹. Die Wendung ist offenbar eine Übersetzung entsprechender mittellateinischer sprichwörtlicher Redensarten, wie ›Contra vim mortis non est medicamen in hortis‹; vgl. aber auch schon Ovid (›Metamorphosen‹ I,523): »nullis amor est sanabilis herbis« (Liebe ist durch kein Kraut zu heilen); vgl. englisch ›No herb will cure love‹. Nur im Märchen gibt es ein ›Kraut des ewigen Lebens‹ (vgl. Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 44).
Das müßte doch mit Kräutern zugehen: auf sonderbare Weise, nicht mit rechten Dingen; eigentlich mit Zauberkräutern; so 1555 in Jörg Wickrams Schwanksammlung ›Rollwagenbüchlein‹: »Bei dem die Frau abnahm, daß es mit Kräutern zugangen war, wie man spricht«; heute noch mundartlich, z.B. obersächsisch ›Do müßt's doch mit Kreitern zugieh‹. Er hat schon alle Kräuter als Tee getrunken: er hat alle Mittel angewandt, um seine Ziele zu erreichen (vgl. französisch ›employer toutes les herbes de la Saint- Jean‹). Über böse Kräuter gehen: Unglück haben; vgl. französisch ›Il a marché sur une mauvaise herbe‹ und ›Sur quelle herbe avez-vous marché?‹, was ist Ihnen über die Leber gelaufen? (beides heute veraltet). Ein ›Kräutchen‹ ist ein empfindsamer, empfindlicher, leicht verletzlicher Mensch, meist gesteigert als ›Kräutchen Rührmichnichtan‹, was eigentlich der volkstümliche Name der Mimose ist, deren Blätter und Fiederbällchen sich bei geringster Berührung schließen.
In einer letzten Gruppe bedeutet Kraut Schießpulver, vor allem in der Zwillingsformel ›Kraut und Lot‹ = Pulver und Blei: ›Man hat es ihm mit Kraut und Lot gesegnet‹, er ist getroffen worden. Literarisch bei Grimmelshausen (›Simplicissimus‹ I, 414): »daß er ihm mit Kraut und Loth zubringe«; P. Heyse (5, 332): »Du verpuffst bloß das Kraut«. Kraut in dieser Bedeutung ist abgeleitet von dem veralteten Verb ›kruten‹ (grusen) = zermalmen, Kraut ist dann ein gepulverter Körper.
Zu erwähnen sind ferner noch die folgenden Ausdrücke aus dem Rotwelschen: ›Kraut‹, Flucht; ›Krautsuppe‹, Fluchthilfsmittel; ›Krautsuppe essen‹, flüchten; ›Kraut backen (essen etc.)‹, fliehen; ›krauten‹ und ›mitkrauten‹, fliehen.
• W. DANCKERT: Symbol, Metapher, Allegorie im Lied der Völker, III (Bonn – Bad Godesberg 1978), S. 1275-1279.