Redensarten Lexikon
Köhlerglaube
Der Köhlerglaube ist in den Redensarten und Sprichwörtern der blinde Glaube, der der eigenen Überzeugung entbehrt, d.h. die Leichtgläubigkeit. Wo der Ausdruck noch gebräuchlich ist, wird er mehr oder weniger abschätzig und verächtlich für einen unterentwickelten, primitiven Menschen gebraucht. Johann Fischart (›Geschichtklitterung‹ S. 251) sagt von einem solchen: »Er zeigt des koelers glauben«. Die Redensart ist heute wohl kaum mehr gebräuchlich, weshalb die letzte Auflage des Borchardt-Wustmann sie fallengelassen hat. In älteren Auflage dagegen wird an dieser Stelle eine Teufelserzählung zur Erklärung wiedergegeben: Der Teufel habe in Bischofstracht einen sterbenden Köhler gefragt, was er glaube. Der Köhler soll geantwortet haben: »Was die Kirche glaubt«. Um ihn zu prüfen, habe der Teufel weitergefragt, was denn die christliche Kirche glaube? Die Antwort des Köhlers soll gewesen sein: »Das, was ich glaube«. Durch diesen einfältigen Glauben sei der böse Feind überwunden worden. Auch eine Variante dieser Erzählung, mit der Joh. Agricola die Redensart kommentiert, hat noch keinen abschätzigen Sinn. Unter der Überschrift ›Ich will glauben wie der koler glaubt‹ schreibt Agricola (Nr. 234): »Diß ist ein gemeyn sprichwort in Deutschen landen: Des kolers glaub ist der beste glaub. Man sagt daß eyn mechtiger Bischoff eynen koler, der im walde weyt von leutten, nicht vil predigen gehöret, hab gefraget, was er doch glawbe? Hatt yhm der koler geantwortet: Er glaube was die Christliche Kirche glaubt. Der Bischoff fragte, was denn die Christliche Kirche glaube? Der koler antwortet: Daß uns Christus Jesus durch sein blut vom tode    erloset hat. Dises kolers glaub istja der beste glaub ... Diser koler hatt freylich disen Bischoff nit für eyn stuck der Christlichen kirchen, die inn aller welt ist gehalten, sonst hett er gesagt: Ich glaub wie yhr vnd der Bapst, vnnd wie vns die pfaffen weisen vnd leeren ...«
   Für Agricola bedeutet der Ausdruck ›Köhlerglaube‹ also nur die einfache kindliche Frömmigkeit, namentlich im Gegensatz zu papistischer und geistlicher Überheblichkeit, wie er in einem langen Passus anschließend noch ausführt. Nach neuerer Erklärung (Göhring S. 115) ist Köhlerglaube eine Leichtgläubigkeit, die sich ›Ankohlen‹ oder ›Verkohlen‹ läßt; wahrscheinlich in Anlehnung an jiddisch ›kolen‹ = reden, erzählen, schwätzen. Vgl. auch niederländisch ›Het is een kolenbranders geloof‹ und französisch ›Il a la foi du charbonnier‹.
   Nach Heinr. Heine ist der Köhlerglaube geschwunden.
   In seinem Gedicht, Karl I. (Str. 4) heißt es:

   Der alte Köhlerglaube entschwand,
   Es glauben die Köhlerkinder
   Eiapopeia – nicht mehr an Gott,
   Und an den König noch minder.
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