Redensarten Lexikon
Knie
Etwas übers Knie brechen: etwas schnell, gewaltsam erledigen, etwas rasch abtun. Die Redensart beschreibt den Vorgang, daß man dünnes Holz oder Reisig, wenn man es rasch zerkleinern will, über dem gebogenen Knie zerbricht, statt erst nach einer Axt oder Säge zu greifen. Die übertragene Bedeutung der Redensart leuchtet sogleich ein, wenn man bedenkt, daß bei einem solchen Verfahren eine genaue Teilung des Holzes nicht möglich ist. Es entsteht dadurch der Nebensinn: etwas flüchtig bearbeiten. Bei Abraham a Sancta Clara lautet die Redensart noch »alles über die Knye abbrechen« (›Reim dich‹ 247), sie ist jedoch wahrscheinlich noch erheblich älter. In seiner ›Clavis germanico-latina‹ (173b) erklärt J. Dentzler 1697 »über ein Knie abbrechen/ abrupte facere, praecipitanter agere«; mit ›abbrechen‹ führt auch 1796 Adelung die Redensart an, und in bairischer Mundart ist sie so noch in neuerer Zeit bezeugt. Dagegen meint die Feststellung Das läßt sich nicht übers Knie brechen: es ist nicht so leicht und rasch zu erledigen, Vorbereitungen und Anstrengungen sind nötig.    In die Knie gehen (brechen): schwach werden und zusammensacken, aufgeben, auch: in Ehrfurcht niederknien; in Zuckmayers ›Schinderhannes‹ (2. Akt) heißt es rheinhessisch »Hebst aus der falsche schulter, un mußt in die Knie breche«.
   Vgl. französisch ›avoir les jambes de laine‹ (wörtlich: wollene Beine haben): schwach werden. Einem Menschen, der in einer bestimmten Situation einen dummen Vorschlag macht, was zu tun sei, antwortet man: Du kannst dir auch ein Loch ins Knie bohren und mit Blei zugießen. Bei dieser Redewendung an ursprüngliche Foltermethoden zu denken, ist sicher verfehlt; vielmehr soll die phantastische Aufforderung die Unsinnigkeit des gemachten Vorschlags charakterisieren.
   Im Obersächsischen umschreibt man mit der Wendung ›jemandem ein Loch ins Knie bohren‹ die besondere Hartnäckigkeit, die man aufwenden muß, um einen anderen zu überzeugen, um ihn zum Kauf, zu einem Vertragsabschluß zu überreden.

• H. BÄCHTOLD-STÄUBLI: Artikel ›Knie‹, in: Handbuch des Aberglaubens IV, Spalte 1570-1572; H. HEPDING: Artikel ›Knien‹, in: Handbuch des Aberglaubens IV, Spalte 1572-1584.
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