Redensarten Lexikon
Kaffee
Das ist (ja) (alles) kalter Kaffee: das ist dummes, abgestandenes, veraltetes Zeug, das interessiert niemanden. Jemandem kommt der (kalte) Kaffee hoch: ihm wird übel. Da kommt einem (ja) der (kalte) Kaffee (wieder) hoch!: das ist widerlich, abscheulich. Alle genannten umgangssprachlichen Redensarten sind erst im 20. Jahrhundert aufgekommen. Älter sind: Das geht über schwarzen Kaffee: das ist die Höhe; literarisch bei Jer. Gotthelf (›Bauernspiegel‹); ähnlich: Das ist starker Kaffee (Tobak)!: das ist des Guten zuviel; französisch: ›c'est un peu fort de café‹.    Von einem sehr schwachen, dünnen Kaffee sagt man niederdeutsch: ›Tau den Koffee hett Simson dat Water edragen un Lazarus de Bohnen ebrocht‹ Im Niederländischen ist von ›flauwe Koffie‹ die Rede, vgl. Blümchenkaffee Blümchenkaffee. Dagegen heißt es von einer sehr reichen Gegend: ›Wo se den Kaffee möt Läpels ête ...‹
   Nicht die Kaffeebohne: überhaupt nicht, nicht im geringsten, Bohne. Um den Kaffee versammelten sich die ›Kaffeeschwestern‹ zum ›Kaffeekränzchen‹, auch zum ›Kaffeeklatsch‹, wo dann alles in einer vergnügten Runde ›durchgehechelt‹ wurde.
   Eine Kaffeetante sein: eine leidenschaftliche Kaffeetrinkerin sein. Die im 20. Jahrhundert auch literarisch bezeugte Wendung ist sogar auf Männer anwendbar; sie hat den seit dem 18. Jahrhundert üblichen Ausdruck ›Kaffeeschwestern‹, der analog zu ›Betschwester‹ gebildet worden ist, heute fast verdrängt.
   Aus dem Kaffeesatz lesen: die Zukunft erfahren wollen, Hellseherei betreiben. Bereits 1742 erschien in Leipzig ›Die Wahrsagerin aus dem Coffee-schälgen‹,1756 in Raab ›Das oraculum astronomico-geomanticum oder die Kunst und Weisheit im Kaffee und allen anderen Gießungen das Schicksal zu sehen‹. In seinem 1744 zuerst erschienenen scherzhaften Heldengedicht ›Der Renomist‹ singt F.W. Zachariä (III,47):

   In Leipzig war damals die nun verlohrne Kunst,
   Aus dickem Caffeesatz, durch schwarzer Geister Gunst,
   die Zukunft auszuspähn; und die geheimsten Thaten,
   Geschehn, und künftig noch, prophetisch zu errathen.

In Hamburg wandten sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts besonders werdende Mütter an die ›Kümkenkiekersch‹, um das Geschlecht des Kindes zu erfahren. Mit der Bezeichnung ›Caffeemantia‹ hängte man dieser Kunst sogar ein wissenschaftliches Mäntelchen um (Handbuch des Aberglaubens IV, Spalte 909f).

• L.D. V.: ›Flauwe koffie‹, in: Biekorf 59 (1958), S. 235; H. BÄCHTOLD-STÄUBLI: Artikel ›Kaffee‹, in: Handbuch des Aberglaubens IV, Spalte 909-912; H.E. JACOB: Sage und Siegeszug des Kaffees (Hamburg 3. Auflage 1964); P. ALBRECHT: Kaffee. Zur Sozialgeschichte eines Getränks (Braunschweig 1980); H.J. TEUTEBERG: Die Eingliederung des Kaffees in den täglichen Getränkekonsum, in: H.J. TEUTEBERG und G. WIEGELMANN: Unsere tägliche Kost (Münster 1986), S. 185-201.}

Kaffeetante. Neuruppiner Bilderbogen, aus: S. und K., S. 21.

Aus dem Kaffeesatz lesen. Kupferstich von C.W. Sharpe nach einem Gemälde von N.J. Crowley, London 1842. Dublin, National Library of Ireland. Aus: Liebe und Hochzeit. Aspekte des Volkslebens in Europa, Antwerpen 1975, S. 74, Kat. Nr. IRL 13.
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